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Damon Knights Collection 7

Damon Knights Collection 7

Titel: Damon Knights Collection 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon Knight
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GRÜ NE H UT , lehnte es hinter ihrem Teller an die Milchkanne und vertiefte sich in die Seiten. Dann schaute sie hoch. »Ihre Bibliothek ist sehr fortschrittlich«, sagte sie. »Ich war so frei, dieses spannende Buch Ihrer Tochter zu empfehlen. Sie erwähnten doch, es sei Ihr Lieblingsbuch und Sie hätten es sich extra aus New York schicken lassen, nicht wahr?«
    »Ich … weiß nicht recht …«, stammelte meine Mutter und schob ihren Stuhl zurück. Sie bebte von Kopf bis Fuß, und in ihren Zügen malte sich starrer Abscheu. Unser Gast betrachtete zuerst meine Mutter, dann meinen Vater, beugte sich zu ihnen hinüber mit gebanntem Interesse und zärtlichem Verständnis. Sie fuhr fort:
    »Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich in Ihren Büchern herumschmökere?«
    »Nein, ganz und gar nicht«, murmelte mein Vater.
    »Ich esse fast für zwei, wegen meiner Länge«, entschuldigte sich unser Gast. »Das stört Sie doch hoffentlich auch nicht?«
    »Nein, gewiß nicht«, entgegnete mein Vater und fand seinen Gleichmut wieder.
    »Schön. Sie werden bei der Rechnung nicht zu kurz kommen«, sagte der Gast, schaute meine zusammengesunkenen Eltern der Reihe nach an, die nun hastig ihr Essen in sich hineinschaufelten und ihrem Blick auswichen, und fügte dann mit absichtlicher Taktlosigkeit hinzu:
    »Ich habe mir noch eine Freiheit herausgenommen. Ich entfernte von den Klappen des Buchumschlages gewisse … Darstellungen, die meiner Meinung nach zum Text des Buches in keinerlei Beziehung standen. Sie haben doch nichts dagegen?«
    Und während meine Mutter und mein Vater Blicke voll schockiertem Erstaunen und belämmerter Begriffsstutzigkeit wechselten, wandte sie sich leise an mich: »Hör auf zu essen. Dir wird sonst übel.« Dann bedach te sie beide mit einem wannen Lächeln, worauf meine Mutter in der Küche entschwand und mein Vater sich darauf besann, daß er zu spät zur Arbeit kommen wür de. Sie winkte ihnen nach. Ich sprang auf, sobald meine Eltern den Raum verlassen hatten.
    »In dem Buch waren keine Bilder«, flüsterte ich.
    »Dann müssen wir welche machen«, antwortete sie und zog von irgendwoher einen Bleistift hervor. Damit zeichnete sie auf die Innenseiten der Umschlagklappen eine Reihe von Skizzen: die Heldin, wie sie in einer Eisdiele Soda mit einem Strohhalm trank, mit übergeschlagenen Beinen und überaus schick; wie sie in einem saloppen Badeanzug einen großen Tisch lachend hochhielt; wie sie mit ihrem Hispano-Suiza gegen einen Baum prallte und hoch in die Luft geschleudert wurde; und in der letzten Zeichnung, wie sie schüchtern und zimperlich in den Armen des Helden landete, der seine plötzliche Eroberung überrascht bestaunte. Dann zeichnete sie eine weiße Maus, die sich die Lippen anmalte, die in der Kirche eine andere Maus heiratete, dann die beiden in einer heftigen Umarmung, die ich lieber nicht genauer anschaute, dann die Maus mit einem dicken Bauch, in dem zwei kleine Mäuschen hockten (und Schach spielten), dann wie die kleinen Mäuschen nacheinander zur Welt kamen, und schließlich die ganze Mäusefamilie beim Picknick. Was in dem Picknickkorb war, konnte ich nicht erkennen, und darunter stand in großen Buchstaben eine Art Spruchband: Ich habe meine Kinder nicht geboren, um Zigaretten zu testen. Das begriff ich auch nicht. Sie lachte und radierte es aus mit der Bemerkung, es wäre wohl überholt. Dann skizzierte sie eine weiße Maus mit ei nem zusammengerollten Regenschirm, die meine Mutter verfolgte. Ich hob es hoch und schaute es eine Weile an; dann zerriß ich es in Fetzen und anschließend zerfetzte ich auch die anderen Zeichnungen. Ich sagte: »Sie ha ben kein Recht, so etwas …« Ich brach ab. Sie starrte mich an, nicht eigentlich ärgerlich und auch nicht eigentlich warnend, aber mir wurden die Knie weich, und ich mußte mich setzen. Mir kamen die Tränen.
    »So. Die Resultate von angewandter Psychologie«, kommentierte sie trocken und sammelte die Papierschnitzel ein. Sie häufte sie in einer Untertasse auf und zündete sie mit einem Streichholz an. Sie hielt das verkohlende Streichholz zwischen Daumen und Zeigefinger hoch und sagte: »Siehst du? Der Finger bedeutet … sagen wir das Wahrnehmungsvermögen – aber der Daumen bedeutet Geld. Der Daumen ist hart.«
    »Sie dürfen meine Eltern nicht so behandeln!« protestierte ich weinend.
    »Und du darfst meine Zeichnungen nicht zerreißen«, rügte sie mich gelassen.
    »Warum nicht? Warum nicht?« rief ich.
    »Weil sie ihr Geld wert

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