Damon Knights Collection 7
der grausamen Rosse des Diomedes blutunterlaufen waren und die ich jetzt, in dem Verlangen, wiederzusehen, was ich geliebt, das ebenso glühend war wie jenes, das mich vor Jahren auf diese gleichen Wege geführt, von neuem hätte vor mir haben mögen in dem Augenblick, wo der riesige Kutscher von Madame Swann, unter den Blicken des faustgroßen und einem kindlichen Sankt Georg gleichenden Groom, ihre stählernen Flanken zu meistern versuchte, die scheu und bebend flogen.«
Die Legende über Madame Swanns Kopf, in eine Sprechblase eingebettet, deren wolkige Umrisse Gedanken und nicht direkte Rede andeuteten, war eigentlich überflüssig – der Karikaturist hatte sie in ihrem Blick auf eine dahinschlendernde Gruppe von Gentlemen mit Zylindern klar genug ausgedrückt –, doch seine Studenten lasen sie trotzdem wieder, wie er an ihren Lippenbewegungen erkannte. »›Oh ja, ich entsinne mich sehr wohl; es war wunderbar‹, ein anderer: ›Wie gern hätte ich es getan; wir hatten kein Glück‹, ein Dritter: ›Wenn Sie wollen, gern; aber ich muß noch einen Augenblick warten. Ich mache mich frei, so schnell ich kann.‹« Im Hintergrund drückte die zierliche Gestalt des jungen Marcel stumme Bewunderung aus.
Er wollte gerade das Bild abschalten, als ihm eine Störung hinten im Hörsaal, wo die Bänke im Halbkreis anstiegen, bewußt wurde. Köpfe drehten sich zur Tür, die zum Rollband auf dem Korridor hinausführte, und er hörte ein Mädchen nervös kichern. Dann trat eine schwarze und unförmige Gestalt ein und setzte sich. Es wurde lauter gekichert.
Einen Augenblick lang wußte er nicht, was er tun sollte, dann drückte er wahllos auf einen Knopf und ersetzte Madame Swanns Kutsche mit einer anderen Szene und verkündete forsch: »Studentendebatte über dieses Bild; Shepherd und Weeks, bitte.« Shepherd und Weeks waren zwei der besten Studenten und beide sehr redegewandt; er konnte sich darauf verlassen, daß sie, auch ohne seine Einmischung, so lange weiterdiskutierten, wie er Zeit brauchte. Das nun an die Wand projizierte Dia zeigte Marcel, der der früheren Prinzessin des Laumes verstohlene Seitenblicke zuwarf, die ihrerseits auf dem Grabmal von Gilbert dem Bösen saß. Er ließ es lang genug stehen, damit die Klasse es genau betrachten konnte, und wechselte dann zu einer Vergrößerung des Hörsaals über, in dessen Vordergrund Shepherd und Weeks standen. Als sie bei der Sache waren (»Sie stellt für ihn die unerreichbare Frau dar – und in dieser Rolle fühlt er sich wohl«) und die Klasse so wenigstens teilweise abgelenkt wurde, schaltete er seinen persönlichen Monitor auf eine Kamera, die die hinteren Sitzreihen aufnahm.
In der letzten Reihe saß auf dem Stuhl neben dem Gang eine Gestalt, die völlig in schwarze Gewänder gehüllt war. Anstelle der sonst bei Studenten beliebten Sandalen trug sie recht altmodische Herrenschuhe, und auf dem Kopf mußte eine Art Schachtel unter den schwarzen Tüchern sitzen. Die eckigen Umrisse zeichneten sich unter dem Überwurf ab, und darunter waren dreieckige Sehschlitze angebracht.
Er drehte an einem Knopf, bis die Gummilinse die Gestalt so nah brachte, als stünde sie vor einem. Der Student – gewißlich würde nur ein Student einen solchen Streich spielen – saß reglos und still auf dem Stuhl mit der breiten Armlehne.
Erst dann wurde ihm bewußt, wie verzwickt seine Lage war. Jeder der fünfzigtausend Studenten der Universität konnte sich zu jeder Zeit über Monitor in jede Vorlesung einschalten; dieses Recht stammte aus der fernen Vergangenheit und war das Resultat einer Studentendemonstration. Theoretisch sollte es ihnen die Wahl der Vorlesungen in künftigen Semestern erleichtern. In der Praxis bedienten sich häufig Campus-Agitatoren der Monitore, um Vorlesungen zu stören, ohne für sie Hörergebühren bezahlen zu müssen. Er konnte den maskierten Studenten natürlich auffordern, sich als Student auszuweisen, aber wenn er einer war, dann hatte er damit nichts gewonnen; er konnte im Gegenteil in eine Falle laufen, da der Student mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit agent provocateur einer Splittergruppe war und wohl nur auf so etwas lauerte.
Bis jetzt benahm er sich wenigstens anständig und ruhig. Am klügsten war sicher, die ganze Sache zu ignorieren, bis irgendwelche Störaktionen der anderen Seite ihn in die Lage versetzten, nicht als Aggressor angesehen zu werden. Beiläufig dachte er, wie der Jun ge unter der Maskerade schwitzen mußte. Sogar ihm wurde
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