Damon Knights Collection 9
hören zu. Staunton macht sich Notizen, düster blickt er auf den Schreibblock, der auf seinen Knien liegt. Ich merke, wie ich immer nervöser werde. Als das erste Band abgespielt ist, gehe ich hinaus, um Kaffee zu machen. Wir trinken ihn, während wir uns das zweite Band anhören.
Die Stimmen der träumenden Studenten klingen abgehackt, zögernd, unkontrolliert, und der Inhalt ihrer Träume ist sehr ähnlich. Ich fröstle in dem heißen Raum, und ich fürchte mich davor, meine eigene Stimme, meine eigenen Träume auf dem Tonband zu hören.
Die ersten Träume handeln alle von unterschiedlichen Versuchen, aus Somerset zu fliehen, manche versuchen, fortzufliegen, manche zu klettern, manche zu schwimmen, manche per Auto, doch keiner hat Erfolg, mit einer Ausnahme. Doch im Laufe der Nacht wechseln die Träume, manche schneller, manche langsamer. Allmählich bildet sich ein anderes Muster heraus, man fügt sich, doch folgt diesem Sich-Fügen häufig auf der Stelle ein alptraumartiger Wunsch, zu laufen.
Einer der Träumenden, ich glaube Victor, hat einen kurzen Angsttraum, der Traum bleibt unvollständig, und bis zum frühen Morgen handeln alle Träume von der Wunschvorstellung und der Bereitschaft zu bleiben.
Sid bittet Roger, das Band zu stoppen, und sagt: „Das war vor drei Tagen. Seitdem hat Victor hier Leute aufgesucht, mit ihnen gesprochen, geht Angeln oder wandert. Er sieht sich nach einem der leerstehenden Häuser um, denn er hat die Idee, wieder hierher zurückzukommen und ein Buch zu schreiben.“
„Hat er …“ Ich wundere mich, wie trocken mein Mund ist, und muß erst einen Schluck Kaffee trinken, bevor ich die Frage vollenden kann. „Hat er seitdem noch von seinen Träumen erzählt?“
„Nein. Vorher träumte er immer von seinen Eltern, daß er sich um sie kümmern, auf sie aufpassen mußte!“
Sid sieht mich an und sagt vorsichtig: „Gerade wie Ihre Träume.“
Ich schüttle den Kopf und wende mich zu Roger. Er stellt wieder das Tonband an. Stunden um Stunden sind notwendig, um all die Bänder zu hören. Nach einer Viertelstunde bin ich hungrig. Es ist fast neun. Ich bitte Roger, anzuhalten und schlage vor, Rühreier zu machen, doch Staunton erhebt Einspruch.
„Ich versprach Dorothea, ins Hotel zurückzukommen. Ich warnte sie, daß es spät werden würde, aber sie war einverstanden.“
Also gehen wir zum Sagamore-Haus zurück und warten auf die Spezialplatte. Sonntagabend gibt es dort kein Menü. Ich verdränge wieder und wieder die Implikationen der Traumanalyse und versuche, mich statt dessen auf meine Termine für die kommenden Monate zu konzentrieren. Ich habe Dr. Waldbaum versprochen, mindestens für die nächsten sechs Monate mit ihm zusammenzuarbeiten, und vermutlich habe ich anderen ähnliches versprochen und es vergessen. Waldbaum ist Brustspezialist, und seine Operationen dauern vier bis acht, manchmal sogar zehn Stunden, und während dieser Zeit habe ich den Tod zu kontrollieren, Leben in der Schwebe zu halten. Ich achte nicht auf das Gespräch zwischen Roger und Sid, sondern denke darüber nach, wie ich im Winter einen Krankenwagenführer finden werde, um Vater herzubringen. Wenn doch nur das Wetter voraussagbar wäre; manchmal ist die Straße mit meterhohem Schnee bedeckt, dann wieder ist alles klar und trocken.
„Ich fragte, warum Sie meinen, Ihren Vater nach Somerset zurückholen zu müssen?“ Ich merke, wie ich Staunton ansehe, und offensichtlich glaubt er, ich habe ihm die ganze Zeit zugehört, doch trifft mich seine Frage überraschend.
„Er ist mein Vater. Er braucht mich.“
Sid fragt: „Hat Sie irgendwer zu dieser Idee ermutigt?“
Plötzlich bin ich wieder Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit und fühle mich unbehaglich und verärgert. „Natürlich nicht. Das ist allein meine Entscheidung. Dr. Warren versuchte, mich von der Idee abzubringen, und ebenso Dorothea und Mr. Larson.“
„Dasselbe“, sagt Sid zu Roger, der nickt. Staunton sieht sie an und wendet sich dann wieder zu mir.
„Miss Matthews, glauben Sie tatsächlich, daß alle, mit denen Sie sprachen, Sie von der Idee abbringen wollten? Die Leute hier sind mit Ihrem Vater befreundet. Warum sollten sie?“ Mein Gesicht verschließt sich, und ich denke, das geht zu weit, dennoch sage ich: „Sie alle glauben, er sei im Pflegeheim besser aufgehoben.“
„Und ist er es nicht?“
„In gewisser Hinsicht, ja. Aber Sie wissen, daß ich fachlich dazu qualifiziert bin, ihn zu versorgen. Niemand hier im Ort
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