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Damon Knights Collection 9

Damon Knights Collection 9

Titel: Damon Knights Collection 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon Knight
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Vater und Mutter sitzen, und sorge dafür, daß sie Bowle bekommen, dann renne ich zurück in die Küche, wo Dorothea auf mich wartet. Ich soll ihr bei der Eisplastik helfen, die die Hauptattraktion sein soll. Es wird ein großer Junge mit lockigem Haar, der sich von einem Eisblock erhebt, das Schönste, was ich je gesehen habe, und ich möchte weinen, weil er in wenigen Stunden dahin sein wird. Ich lecke an dem Eis und falle, falle … falle …
    Ich greife nach den Drähten, an die Sid angeschlossen ist, und mache sie los, ziehe ihn halb vom Bett herunter, und wir beide fallen übereinander. Lange Zeit hält er mich fest, bis wir beide wieder normal atmen und ich nicht mehr zittere, und auch er nicht mehr.
    Das fahle Licht der Morgendämmerung fällt in den Raum. Es reicht, um zu erkennen, daß sein schwarzes Haar schweißverklebt ist und sich auf seiner Stirn kräuselt. Er schiebt es zurück und drückt mich sanft beiseite, während er sich selbst von den Drähten befreit.
    „Wir müssen hier raus“, sagt er.
    Staunton schläft fest auf der Couch, sein Atem ist tief, doch normal, und auch Roger schläft. Sein. Diagramm zeigt, daß er mehrmals Alpträume gehabt haben muß.
    Wir nehmen den Kaffee mit in das Zimmer, wo Sid geschlafen hat, setzen uns ans Fenster, und beobachten Kaffee trinkend, wie der Morgen über Somerset kommt. Ich sage: „Sie wissen nichts, nicht wahr?“
    „Natürlich nicht.“
    Der arme Haddie erscheint am anderen Ende der Straße, er geht zu Mr. Larsons Laden. Er schlurft mit den Füßen, die er nie mehr als wenige Millimeter hebt. Ich zittere und wende mich ab.
    „Können wir nicht irgend etwas tun? Es niederschreiben oder so?“
    „Wer würde es glauben. Staunton glaubt es nicht, obwohl er es diese Woche wieder und wieder erleben konnte.“
    Eine Tür schließt sich unter uns, und ich weiß, daß Dorothea aufgestanden und in die Küche gegangen ist, um Kaffee zu kochen. „Ich glaube, ich war in Ihrem Traum“, sage ich.
    Ich gucke in meine Tasse und denke an all die sterbenden Städte im Süden und zittere wieder. „Sie scheinen so bereit, so zufrieden mit sich selber, so als warteten sie nur auf das Ende.“ Ich schüttle den letzten Tropfen Kaffee in meiner Tasse hin und her. „War es das nicht, was auch mir passiert ist? Wollte nicht auch ich nicht aufwachen?“
    Sid nickt. „Ich entfernte die Elektroden von Ihren Augen, als Sie danach griffen, doch es war kein Alptraum. Es wollte nur nicht aufhören. Das war es, was mich ängstigte, eben daß es kein Alptraum war. Sie schienen ganz und gar nicht zu kämpfen. Ich möchte wissen, was Sie diesmal herausbrachte?“
    Ich erinnere mich an die glänzende Eisfigur, den Jungen mit dem lockigen Haar, der sobald vergehen sollte, und ich weiß, warum ich kämpfte, herauszukommen. Vielleicht werde ich es ihm eines Tages erzählen, doch nicht so bald. Inzwischen steht die Sonne hoch am Himmel und die Straßen sind hell. Ich stehe auf. „Es tut mir leid, daß ich vergessen habe, das Tonband anzustellen und Sie direkt zu fragen, was Sie träumten. Können Sie sich noch erinnern?“
    Er zögert nur eine Sekunde und schüttelt dann den Kopf. Vielleicht wird er es mir eines Tages erzählen, aber nicht jetzt, nicht so bald.
    Ich verlasse ihn, Dorothea wartet auf mich in der Empfangshalle. Sie zieht mich hinein, schließt die Tür und holt tief Luft. „Janet, ich muß dir sagen, daß du deinen Vater nicht hierher zurückbringen solltest. Das wäre das Schlimmste für dich, was du tun könntest.“
    Einen Moment lang kann ich nicht sprechen, aber ich umarme sie und versuche, ihr faltiges Gesicht und ihre weißen Haare zu vergessen, sie so zu sehen, wie sie war, als sie noch lange Kleider trug, mit hübschen rosigen Wangen und leuchtenden Augen. Ich bringe es nicht zustande. „Ich weiß“, sage ich schließlich. „Ich weiß.“
    Als ich nach Hause gehe, brennt die Sonne. Ich lausche den Geräuschen von Somerset, stelle mir das unsichtbare Leben vor, das dann und wann aus meiner Vision herausbricht. Ich frage mich, ob Erinnerungen fühlbar werden können, ihr eigenes Leben leben. Ich werde packen, überlege ich, und noch heute durch das Gebirge zurückfahren, zurück nach New York, doch nicht zurück zu meinem Job. Ich will nicht länger den Tod verwalten, selbst wenn es nur befristeter Tod ist. Vielleicht gehe ich in die Psychiatrie oder in die experimentelle Psychologie. Als ich anfange zu packen, beginnt das Treiben in meinem Haus.

 
C. Davis

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