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Danach

Danach

Titel: Danach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koethi Zan
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andere Beziehung zueinander zu haben, als ich dachte.«
    »Ach das«, winkte sie beiläufig ab. »Wir haben nur eine Szene für die nächste Konferenz eingeübt.«
    Das glaubte ich ihr zwar keine Sekunde, beschloss aber, darüber hinwegzugehen.
    »Adele, wissen Sie, ob es zwischen Jack Derber und Noah Philben irgendeine Verbindung gab?«
    Ihr Gesicht erstarrte. »Ich weiß nur, was in der Presse stand: dass seine Frau Mitglied in Noahs Kirche ist.«
    »Ich meine aber eine ältere Verbindung. Sie kennen Jack seit langem. Kannte er Noah Philben schon, bevor er ins Gefängnis kam?«
    Adele blickte wie versteinert geradeaus und blinzelte zweimal langsam, als wollte sie uns mit Hilfe ihrer stark getuschten Wimpern etwas mitteilen. Dann senkte sie den Blick, hob Unterlagen vom Boden auf und schob sie auf dem Schreibtisch hin und her. Für einen flüchtigen Moment glaubte ich, ihre perfekte Fassade würde bröckeln, aber dann schien sie sich wieder unter Kontrolle zu haben und sah uns mit unergründlicher Miene an.
    »Woher soll ich das wissen? Jack und ich waren nicht befreundet. Wir haben nur zusammen an verschiedenen Forschungsprojekten gearbeitet. Ich habe keine Ahnung, mit wem er außerhalb der Uni verkehrte, von den Stammkunden der Gruft , die ich zwischenzeitlich kennengelernt habe, einmal abgesehen.«
    Sie lehnte sich zurück und faltete die Hände auf dem Schoß. Ich wartete darauf, dass sie den Blick abwandte, unbehaglich auf dem Stuhl hin und her rutschte. Aber sie bewegte sich nicht, sondern saß vollkommen reglos da.
    Mir ging auf, dass wir sie niemals zu einem Geständnis würden bewegen können, falls sie uns die Briefe tatsächlich ins Hotel gebracht hatte. Adele würde nicht einfach zusammenbrechen wie Helen Watson. Vielleicht weil sie noch mehr zu verbergen hatte?
    Ich versuchte mir vorzustellen, was in ihrem Kopf vorging. Diese Frau war die Disziplin in Person, aber es musste etwas geben, was ihre harte Schale knackte. So groß ihr Ehrgeiz und ihre Beherrschung auch waren, irgendwann musste selbst sie an ihre Grenzen kommen. Ich musste sie aus der Reserve locken. Und das ging nur mit extremen Maßnahmen.
    Es gab nur einen Ort, der geeignet war, sie aus der Fassung zu bringen. Wenn wir sie aus ihrer vertrauten Umgebung herauslösten, war sie vielleicht endlich gezwungen, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, die sie erfolgreich verdrängt zu haben schien.
    Auch wir würden an unsere Grenzen stoßen, wenn wir dorthin zurückkehrten. Aber es war unvermeidbar, das war inzwischen klar. Dieser Ort rief nach uns, wollte uns etwas Wichtiges mitteilen. Nichts hätte mir mehr Angst machen können als Jacks Haus. Absolut nichts. Aber ich musste stark sein und Tracys Rat befolgen. Wir mussten alle ins kalte Wasser springen, ob Adele nun mitkam oder nicht. Wir mussten uns selbst auf die Probe stellen. Und Jack Derber.
    »Gut. Gehen wir.« Ich stand auf. Tracy und Christine sahen mich fragend an, standen aber ebenfalls auf.
    »Wir fahren zu seinem Haus«, erklärte ich entschlossen, viel entschlossener, als ich mich fühlte. Tracy und Christine starrten mich bestürzt an.
    Sogar Adele erbleichte. »Warum sollten Sie das tun? Sie können dort nicht rein. Die Polizei hat doch damals alles abgesperrt.« Ihre Überraschung wirkte echt. Ich begann, an unserem Verdacht zu zweifeln, dass sie etwas mit der Sache zu tun hatte.
    »Dann müssen wir eben die Tür aufbrechen. Er hat uns Briefe geschrieben, Adele. Sie wurden uns heute ins Hotel gebracht.« Ich betrachtete prüfend ihr Gesicht und suchte nach Anzeichen für Reue oder Gewissensbisse. Falls sie etwas wusste, verbarg sie es sehr geschickt. »Was in diesen Briefen steht, lässt darauf schließen, dass in seinem Haus Informationen versteckt sind. Papiere. Fotos. Vielleicht sogar Forschungsergebnisse .«
    Bei diesem Wort gab Adele ihr Zögern auf, erhob sich unvermittelt von ihrem Stuhl und griff nach ihrer Handtasche. Sie war dabei.
    Als wir den Korridor entlang in Richtung Ausgang gingen, schloss Christine zu mir auf und zischte mir zu: »Bist du noch ganz bei Trost? Ich gehe auf keinen Fall dahin zurück, schon gar nicht ohne Jim.«
    »Jim würde uns überhaupt nicht erst zu Jacks Haus fahren lassen. Aber wir haben keine Wahl«, antwortete ich, und mir war diese Entscheidung ebenso verhasst wie ihr. Aber unser Moment war gekommen. Das spürte ich. »Jack hat uns geschrieben, dass in seinem Haus etwas auf uns wartet, und ich glaube ihm. Das Ganze mag ja Teil

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