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Danach

Danach

Titel: Danach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koethi Zan
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über jede Bodenwelle. Mit quietschenden Reifen bog sie auf den leeren Parkplatz neben dem Psychologiegebäude ab. Die Campusbeleuchtung ging gerade an und verlieh dem Himmel ein eigenartiges Leuchten. Ich spähte an Tracy vorbei zur Notrufsäule, obwohl ich genau wusste, dass sie uns nicht helfen konnte.
    Als wir aus dem Auto stiegen, sah ich, dass in Adeles Büro noch Licht brannte.
    Nachdem wir den Wachmann passiert hatten, der uns wie üblich keines Blickes würdigte, näherten wir uns Adeles Büro und hörten leise, hypnotische Musik durch die Tür dringen. Wir zögerten und wussten nicht recht, ob wir klopfen oder einfach hineinplatzen sollten. Schließlich machte ich einen Schritt nach vorne und klopfte zaghaft an die Tür. Keine Antwort. Tracy verdrehte die Augen und winkte mich beiseite. Dann klopfte sie selbst, laut und deutlich. Immer noch keine Reaktion.
    Christine zeigte fragend auf den Türknauf. Tracy nickte entschlossen, drehte am Knauf und stieß die Tür auf. Fassungslos starrten wir ins Innere des Zimmers.
    Neben dem schweren Schreibtisch aus Stahl, von dem sämtliche Bücher und Dokumente auf den Boden gefegt worden waren, kauerte Professor Stiller vor Adele in einer Pose völliger Unterwürfigkeit. Seine Augen waren verbunden, und auch seine Hände waren auf dem Rücken so straff zusammengebunden worden, dass er ein Hohlkreuz machen musste. Adele, die ihrerseits hautenge Jeans, hohe schwarze Lederstiefel und ein enganliegendes schwarzes Top trug, stand über ihn gebeugt da, wobei sie eine Hand um seinen Rücken gelegt hatte. Als sie bemerkte, dass jemand ins Zimmer gekommen war, schrak sie hoch, wobei sie ihre linke Hand hinter dem Rücken verbarg.
    Sobald Adele uns erkannt hatte, breitete sich ein träges Lächeln auf ihrem Gesicht aus.
    »Ich bin gleich bei Ihnen«, sagte sie, als hätten wir sie lediglich bei einem Telefonat gestört.
    Mit ihrer freien rechten Hand bedeutete sie uns, dass wir auf dem Flur warten und die Tür wieder schließen sollten. Nachdem wir uns ein wenig von dem Schreck erholt hatten, fingen wir an, auf dem schummrigen Gang miteinander zu tuscheln.
    »Wahrscheinlich wieder eine Feldstudie«, kommentierte Tracy trocken. »Irgendwo muss man ja hin mit den Forschungsgeldern.«
    Ich unterdrückte ein Kichern und zog die anderen weiter von der Tür weg.
    »Ich dachte, David Stiller hasst Adele … Aber vielleicht ist das ihre Art von Vorspiel«, flüsterte ich.
    In diesem Moment verstummte die Musik, und Adele trat auf den Flur hinaus, ein Muster an Professionalität und Beherrschung. David Stiller folgte ihr und wich sorgsam unseren Blicken aus, während er zurück in sein eigenes Büro schlüpfte. Adele sah sich nicht nach ihm um.
    Nachdem sie uns hereingebeten hatte, forderte sie uns höflich auf, Platz zu nehmen. Dabei war sie vollkommen ruhig und gelassen, ihr Gesicht so maskenhaft wie immer. Ich setzte mich auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch, während Christine und Tracy sich das kleine Sofa in der Ecke teilten.
    Adele verschränkte die Hände auf dem Schreibtisch und beugte sich nach vorne.
    »Ich dachte, wir treffen uns später im Hotel. Ist alles in Ordnung?«
    »Ich wollte, dass Sie Christine kennenlernen, Adele«, sagte ich.
    Ehrfürchtig blickte sie zu Christine hinüber.
    »Jetzt ist das Trio also komplett«, stellte ich fest. Dabei musterte ich aufmerksam ihr Gesicht, um herauszufinden, ob ihre Ehrfurcht nur Show war. Falls sie diejenige war, die die Briefe überbracht hatte, wusste sie nämlich ganz genau, wer Christine war und wo sie die letzten vierundzwanzig Stunden verbracht hatte.
    »Wow«, sagte sie und schüttelte staunend den Kopf. »Ich bin wirklich froh, Sie alle hier vereint zu sehen. Gesund und munter. Nach allem, was Sie durchmachen mussten.« Nach einer kurzen Pause fragte sie: »Also, was ist da wirklich letzte Nacht passiert? Die … die Polizei ist nicht gerade großzügig mit ihren Informationen.«
    »Wir wissen auch nicht viel mehr als Sie.«
    Sie sah mich unverwandt an. Sie musste gespürt haben, dass das nicht ganz stimmte. Dann änderte sie geschickt die Taktik.
    »Verstehe. Wie dem auch sei, ich hoffe natürlich, dass Sie drei sich zur Teilnahme an unserer Opferstudie bereiterklären, jetzt, da Sie wieder alle vereint sind.«
    Ich wechselte schnell das Thema, bevor sie weiter darauf eingehen konnte. Denn ich hatte das Gefühl, dass das Wort »Opferstudie« bei Tracy nicht so gut ankam.
    »Sie und David Stiller scheinen eine etwas …

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