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Danach

Danach

Titel: Danach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koethi Zan
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die Waffe auf sie.
    »Keine Bewegung, Tracy, sonst erschieße ich dich zuerst.«
    » Zuerst? «, kreischte Christine entsetzt, die direkt hinter mir kauerte.
    »Schscht, ganz ruhig«, versuchte ich sie zum Schweigen zu bringen, ohne mich zu ihr umzudrehen. Ich ließ Jennifer nicht aus den Augen.
    Ray saß in meinem Blickfeld, und mir fiel auf, dass er einen zutiefst verwirrten Eindruck machte. Aber es blieb keine Zeit, ihm alles zu erklären: dass es irgendwo eine echte Sylvia Dunham gab, die er nie kennengelernt hatte; dass Tracy und ich uns mit ihren Eltern getroffen hatten, die uns ein Foto von ihr gezeigt hatten; dass Jack sie vermutlich vor langer Zeit getötet und ihre Identität Jahre später an Jennifer weitergegeben hatte, damit sie unter falschem Namen seine Befehle ausführen konnte; dass er die vermeintliche Sylvia Dunham geheiratet hatte, damit sie ihn im Gefängnis besuchen und Nachrichten für ihn übermitteln konnte. Ich malte mir das Ende der echten Sylvia lieber nicht aus.
    Dann sah ich plötzlich, wie Adele hinter Jennifers Rücken zurück in die Bibliothek kam. Fieberhaft überlegte ich, wie ich ihr ein Zeichen geben und sie warnen konnte. Sie war unsere einzige Hoffnung. Ich sah, dass sie geweint hatte und tief in Gedanken versunken war. Während sie vom Flur hereintrat, hob sie nicht einmal den Blick vom Boden.
    Ich hoffte inständig, dass die anderen sich nichts anmerken ließen, aber Christine schnappte nach Luft, und Tracy stupste Christine mit dem Knie an. Uns allen war sofort klar, dass unser Schicksal allein in Adeles Händen lag. Die nächsten Sekunden vergingen schmerzhaft langsam: Adele, die erst einen, dann zwei, dann drei Schritte auf uns zu machte, Jennifer, die mit dem Rücken zu ihr dastand und uns mit einem seltsam triumphierenden Ausdruck in den Augen ansah.
    Ich wusste, dass wir alle dasselbe dachten: Schau nach oben, Adele, schau verdammt nochmal endlich nach oben! Wir hielten die Luft an.
    Dann hob sie tatsächlich den Blick. Nicht schreien, flehte ich in Gedanken. Auf keinen Fall schreien.
    Was danach kam, schien wie in Zeitlupe abzulaufen. Adele schrie nicht, sondern bückte sich lautlos und hob die Bratpfanne auf, die sie vorhin beim Hinausgehen neben dem Eingang zur Bibliothek auf dem Boden zurückgelassen hatte.
    Ihre Augen verrieten, dass sie nicht darauf vorbereitet war, jemandem ernsthaft Schmerzen zuzufügen oder ihn vielleicht sogar zu töten. Auch ich wollte nicht, dass Jennifer starb. Als ich Adele mit der schweren Bratpfanne in der Hand sah, wurde mir angst und bange um sie. Sie sollte nicht sterben. Nicht jetzt, wo ich sie nach all den Jahren endlich wiedergefunden hatte. Daran änderte nicht einmal die Tatsache etwas, dass sie offenbar vorhatte, uns alle umzubringen. Nicht einmal das.
    Plötzlich hob Adele die Pfanne hoch über den Kopf und senkte sie in einer einzigen, schnellen Bewegung auf Jennifers Hand hinab. Ein Schuss löste sich, während die Pistole quer durch den Raum flog. Adele wiederum wurde vom Gewicht der Pfanne nach vorne gezogen und landete unsanft auf dem Boden.
    Ich sah mich blitzschnell im Zimmer um und sondierte die Lage. Die Kugel, die sich gelöst hatte, hatte Ray in den Fuß getroffen. Schreiend sah er zu, wie sein Blut über den glänzenden Holzfußboden spritzte. Christine wirkte wie gelähmt vor Angst.
    Tracy und ich sprangen auf und stürzten auf Jennifer zu. Ich kam zuerst bei ihr an, aber Jennifer hatte sich bereits umgedreht und rannte auf die offene Tür zu, um sie hinter sich zuzuschlagen und uns erneut einzuschließen, dieses Mal für immer.
    Was ich jetzt tat, entschied also über Leben und Tod. Tracy würde Jennifer niemals rechtzeitig erreichen, also musste ich es tun: Ich musste ihren Körper packen, nicht irgendeinen Körper, sondern den, nach dem ich mich so gesehnt und den ich gleichzeitig so gefürchtet hatte, weil ich vermeintlich in der Scheune neben ihm gelegen hatte. Beim Gedanken daran wurde mir schlecht, und ich bekam Gänsehaut am ganzen Körper. Aber ich kämpfte gegen meinen Ekel an, gegen mich selbst.
    Nach ein paar schnellen Schritten war ich bei ihr und warf mich auf sie, umklammerte sie fest mit beiden Armen und verschränkte die Hände vor ihrer Brust. Sie versuchte sich zu mir umzudrehen, sich aus meiner Umklammerung zu befreien. Ich spürte ihren Atem auf meinem Gesicht. Seit Jahren war ich niemandem mehr so nahe gewesen. Sie schlug wild mit den Armen um sich und kämpfte wie eine Furie, aber dieses Mal

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