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Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel

Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel

Titel: Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Jarvis
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Punchinello sah ihn finster an.
    »Wenn du das machst, bring ich dich um!«, imitierte das Monster drohend John Wayne. »Verzieh dich, Pilger!«
    Erschrocken zog Spencer die Hand zurück. Plötzlich begriff er, dass das hier der Wärter war, der neulich Nacht seinen Mediaplayer gehabt hatte. Wie viele Western hatte er sich wohl schon angeschaut – und wie oft, wenn er sie sogar schon auswendig kannte?
    »Ich brauche ihn«, versuchte Spencer es noch einmal. »Bitte, äh …
    Sir.«
    »Wenn du mich so nennen willst, lächle«, sagte der Punchinello und Spencer erkannte Gary Coopers Spruch aus Der Mann aus Virginia wieder.
    Der Punchinello grinste, dann stolzierte er los, als trüge er Sporen. Als er an Spencer vorbeikam, räusperte er sich und spuckte ihm vor die Füße. Dann schob er seine bandagierte Nase dem Jungen vors Gesicht und sagte: »Tja, jemanden zu töten ist schlimm. Alles, was er war, ist ausgelöscht – und alles, was er je sein würde.« Das stimmte wortwörtlich. Der Wächter war offenbar wesentlich besser darin, sich Sprüche aus Filmen zu merken, als anständig Englisch zu reden.
    »Clint Eastwood«, erkannte Spencer das Zitat kläglich nuschelnd. Seine Brille war so beschlagen, dass er nichts sehen konnte. »Aus … Erbarmungslos – einer der besten.«
    Der Punchinello blies ihm unsichtbaren Zigarrenqualm ins Gesicht und verließ die Hütte dann wie einen Saloon.
    Mächtig eingeschüchtert starrte Spencer ihm nach. Was sollte er jetzt machen? Der Stetson war für ihn viel mehr als nur ein Hut. Er war das Symbol seiner Flucht, sein einziger Weg, dem Irrsinn und dem Horror zu entkommen und die schreckliche Realität zu verdrängen. Spencer war sich nicht sicher, ob er ohne ihn zurechtkommen konnte. Der Stetson war ein lebenswichtiger Teil von ihm geworden und jetzt hatte man ihn um diesen beraubt.
    Da erklang zum zweiten Mal an diesem Tag die Glocke und unterbrach Spencers Niedergeschlagenheit. Jangler hatte beschlossen, dass sie nun, da es kein Frühstück gab, sofort zur Arbeit aufbrechen sollten. Also wurden alle zum Haupttor beordert. Nachdem Maggie und Esther heute nichts zu kochen hatten, wurden sie ebenfalls den Arbeitsgruppen zugeteilt. Alasdairs gebrochene Hand wurde nicht als Ausrede geduldet – Jangler wies ihn darauf hin, dass er ja noch immer mit der anderen pflücken konnte. Also wurde auch er zum Ausgang geführt.
    Der Lockpick sperrte auf und der lange Fußmarsch zu den Minchetbüschen begann.
    »Hey, Herr Spenzer«, sagte Marcus und puffte ihn in den Rücken. »Was hat dein Hut auf der Rübe von dem Wärter da verloren? Seid ihr zwei verlobt oder so? Darfst du dafür seinen alten tragen?«
    Spencer hätte ihm am liebsten eine reingehauen. Stattdessen drängelte er sich an den anderen vorbei, um so weit wie möglich von Marcus wegzukommen.
    Doch Marcus zog ihn weiter auf: »Spenzer und ein Wächter, verliebt, verlobt, v–«
    »Zack, zack!«, spornte Yikker ihn an. »Du, Stinkejunge! Geh, nimm Beine schneller!«
    Die Gespräche unter den Kindern verstummten, während man sie wie Vieh die Waldstraße entlangscheuchte. Maggie war solche Anstrengungen nicht gewöhnt und schon bald hatte sie Mühe, Schritt zu halten. Als die zwei Gruppen geteilt wurden, landete sie in der von Alasdair.
    Die Arbeit war zermürbend und grausam. Die Punchinellos erlaubten den Kindern keine Pausen und brüllten sie an, wenn sie zu langsam waren.
    Maggie war von den Zweigen schon ganz zerkratzt und über die blutigen Schrammen krabbelten Schmeißfliegen. Und als wäre das noch nicht schlimm genug, quälte Alasdair sie mit fiesen Bemerkungen, verächtlichen Blicken und Getuschel.
    Maggie ertrug es schweigend, aber zutiefst unglücklich. Vielleicht hatte sie es verdient, sie war sich selbst nicht sicher. Verglichen mit Alasdairs Hand und dem, was Jody durchmachte, war das gar nichts. Außerdem wusste sie nun ihren Küchendienst zu schätzen. Sie war froh, dass sie das hier nicht jeden Tag mitmachen musste.
    Als Maggie am Abend endlich im Bett lag, tat ihr alles weh, und sie war erleichtert, dass die Plackerei vorbei war. Wie genau sie den Tag überstanden hatte, war ihr ein Rätsel. Am Nachmittag war ein Mädchen vor Hunger und Erschöpfung in Ohnmacht gefallen. Marcus hatte wieder einmal Packesel gespielt und sie zum Lager zurückgetragen, während die anderen wie wandelnde Zombies hinterhergestolpert waren. Yikker hatte Marcus zudem den ganzen Tag über das Leben schwer gemacht. Jedes Mal, wenn der

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