Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
dann seinen Revolver und ließ ihn um einen seiner fetten Finger kreiseln, dann hielt er ihm dem Jungen hin. »Heb’s auf, Pilger«, spottete er. »Ich weiß, du willst. Warum nicht versuchen, nehmen du?«
Spencer dachte ernsthaft darüber nach. Wenn er es tat, würde der Wärter ihn erschießen. Und wäre das denn so schlecht?
»Bist Wucht, Compadre. Knarre gut, macht dich großer Mann.« Garrugaska drückte dem Jungen die Waffe gegen die Brust. »Ich hab Frauen und Kinder getötet«, knurrte er und zitierte eine Stelle aus Erbarmungslos, »und einen Haufen anderer, die mir zur unrechten Zeit vor den Lauf gekommen sind. Und heute bringe ich Sie um, Little Bill.«
Spencer spürte das Metall des Revolvers durch sein T-Shirt. Er schluckte vor Angst, wünschte sich fast, dass der Punchinello abdrückte. Das würde der Sache wenigstens ein Ende setzen.
Der Wärter nahm die Zigarre aus dem Mund und würgte einen Klumpen braunen Schleim hoch, den er Spencer auf den Schuh rotzte. »Dieses Lager ist nicht groß genug für uns beide«, dröhnte er und schritt dann davon. »Eines schönen Tages knall ich dich ab, Greenhorn.«
Spencer zitterte. Wann würde dieser Albtraum endlich vorbei sein?
Jangler kam mit der neuen Postkarte in seiner Tasche aus der Hütte. Verdutzt betrachtete er die vollgekritzelten Gesichter und fragte sich, was das zu bedeuten hatte. Jedenfalls herrschte zwischen den Kindern eine spürbare Anspannung und das gefiel ihm. Es war amüsant, mit anzusehen, wie sich die beiden Gruppen gegenseitig an die Gurgel gingen. Solche aufgewühlten Emotionen und Unstimmigkeiten würden die Brückengeräte höchst zufriedenstellend antreiben. Die Kreaturen, die vergangene Nacht angekommen waren, waren die bisher größten. Sie hatten gerade so in den Transporter gepasst.
Er tätschelte seine Tasche und machte eine Ansage: Ab sofort würde es in den Badezimmern kein heißes Wasser mehr geben und fließendes kaltes Wasser nur jeweils eine Stunde am Morgen und zwei Stunden am Abend zur Verfügung gestellt.
Die Gefangenen stöhnten verärgert auf und Jangler gratulierte sich selbst. Dabei war das erst der Anfang. Er plante, noch weitere Veränderungen vorzunehmen. Morgen würde er die Elektrizität in den Hütten abstellen und dann …
Er öffnete das Tor, woraufhin alle nach draußen strömten und sich auf den langen Marsch zu den Minchetbüschen machten. Inzwischen hatte es angefangen zu regnen und lange bevor sie ihr Ziel erreichten, goss es wie aus Eimern, was den ganzen Tag über so bleiben sollte.
Es schüttete immer noch, als die Kinder am Abend zurückkehrten. Sie trieften, waren schlammverschmiert und bibberten vor Kälte. Maggie hatte mitgedacht und vorsorglich einen Eimer heißes Wasser in jedes Badezimmer gestellt, worüber sich sogar Jody dankbar hermachte.
»Wir holen uns hier noch den Tod«, prophezeite sie, während sie Christinas Haare mit einem Handtuch trocknete.
Den ganzen Tag über waren zahlreiche Lieferungen im Lager eingetroffen. Die erste war eine weitere Ladung Küchenabfälle gewesen, die Maggie und Esther unter eisigem Schweigen sortiert hatten. Jangler hatte Maggie untersagt, zu Charm zu ziehen. Wenn es nach ihm ging, konnten sich die Gefangenen gar nicht unwohl genug fühlen. Als Nächstes war ein kleiner Lieferwagen angekommen und hatte einen großen Scheinwerfer gebracht, der auf der Plattform des Rutschenturms montiert worden war. Jangler würde keine weiteren nächtlichen Panikausbrüche oder sonstige Verwirrungen bei Dunkelheit mehr dulden. Die übrigen Lieferungen waren für die Punchinellos – Flaschen voll Whisky, Rum, Tequila, Brandy, Gin und Wodka, außerdem fünf Stangen Zigaretten und noch mehr Zigarren. Anchu trug alles sofort in die Wärterhütte, und als er zurückkam, stank er nach Gin und drei angezündete Zigaretten klemmten in seinem breiten Maul.
An diesem Abend soffen die Punchinellos in ihrem Häuschen, leerten den Schnaps und schauten mit voller Lautstärke Fernsehen. Yikker schob Dienst im Wachturm und kippte sich währenddessen eine Flasche Wodka hinter die Binde. Hin und wieder schaltete sich der Scheinwerfer ein, dessen mächtiger Lichtkegel über das Camp glitt und den Regen in Glitzer verwandelte.
Alasdair stand an der Tür zu seiner Hütte und lauschte dem betrunkenen Gegröle der Wärter, das die Schreie eines Horrorfilms begleitete. Jeden Tag wurden sie ein bisschen mehr zu der schlechtesten Art von Mensch, die man sich vorstellen konnte. Seine
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