Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
Hand schmerzte und er beneidete sie um den Whisky. Seine Lippen und sein Hals fühlten sich trocken an, er war müde und gereizt. Er vermisste den Trost und die Gesellschaft seiner Gitarre, auch wenn er sie nie wieder spielen können würde. Alasdair brütete über das nach, was Lee am Morgen gesagt hatte. Er hatte sich wirklich verändert. Es brodelte permanent in ihm und er ließ seinen Ärger an den Falschen aus. Sogar Drew und Nicholas gingen ihm aus dem Weg. So ein Mensch wollte er eigentlich nicht sein. Mit geschlossenen Augen spielte er sanfte Melodien in seinem Kopf ab.
Lee war bei Charm in der Hütte. Sie war so stolz auf ihre Mitbewohnerinnen, die sich alle die Gesichter angemalt hatten, dass sie sie mit einem Verwöhnprogramm belohnte und allen die Fußnägel lackierte. Nachdem sie nie wirklich gute Freundinnen gehabt hatte – von ihrer Mutter mal abgesehen –, ging sie in der Rolle der großen Schwester total auf und gab ihr Bestes, ihnen diesen grausamen Ort so erträglich wie möglich zu machen. Sie hatte den individuellen Geschmack von jedem der Mädchen bestimmt und diese dann mit süßen Namen versehen wie Löwenzahn und Kleeblatt, Blaubeermuffin und Schokomarshmallow.
Lee lehnte ab, als sie anbot, auch seine Nägel zu lackieren, trotzdem genoss er ihre Gesellschaft sehr und sie plauderten ganz entspannt über ihr Leben vor Dancing Jax.
»Eure Hütte ist so völlig anders als die, in der ich schlafe«, meinte Maggie, wackelte mit den Zehen und bestaunte das Hot Pink, das Charm aufgetragen hatte. »Da drüben ist es wie in ’ner Leichenhalle, nur ohne das clevere, witzige Geplänkel. Ich komme mir vor wie ein Wellensittich in ’ner Katzenpension, so wie diese Miesmacher mich immer anstarren. Dieser Jangler ist echt ein Arsch, dass er mich mit denen einpfercht.«
»Der Typ ist ein Sadist«, stellte Lee fest.
»Ignorier die trüben Tassen«, schlug Charm vor. »Du brauchst die nich. Die checken schon noch, was für ’nen Riesenfehler sie gemacht haben. Wart’s ab.«
Maggie gab ihr recht, trotzdem tat es weh, Jodys Freundschaft verloren zu haben, und sie nahm es den anderen übel, dass sie eine so schlechte Meinung von ihr hatten. Sie versuchte, an etwas anderes zu denken. Charm hatte beschlossen, dass ihre Geschmacksrichtung Rosinenbrötchen mit einer ordentlichen Portion Himbeermarmelade war. Das brachte Maggie zum Lachen. »Glaubt ihr, Marcus steht auf Hot Pink?«, wollte sie wissen.
Lee lachte sich krank und Charm grinste.
»Oooh, du magst ihn echt, oder?«, fragte sie.
Maggie brachte ein gleichgültiges Schulterzucken zustande. »So mies, wie er mal war, ist er jedenfalls nicht mehr. Am Anfang war er ein Vollarsch, aber jetzt versucht er nicht mehr, den Obermacker zu markieren – und sein Hirn ist auch endlich aus seiner Hose rausgekrabbelt. Wie er sich für mich einsetzt, ist schon ziemlich süß.«
»Dann schnapp ihn dir, Tiger!«, munterte Charm sie auf.
Spencer starrte in den Regen hinaus. Er stand Schmiere, während Marcus den Teppich unter der Treppe wegzog. »Es wäre so leicht«, murmelte er vor sich hin. »Und schnell vorbei wäre es auch.«
»Was?«, rief Marcus ihm zu, legte den Teppich zurück an seinen Platz und trampelte ihn hastig fest. »Kommt jemand?«
»Oh, äh … ’tschuldigung. Nein. Ich hab nur Selbstgespräche geführt.«
»Reiß dich zusammen, Alter! Wie soll ich denn hier irgendwas gebacken kriegen, wenn du vor dich hin brummelst und falschen Alarm auslöst?«
»Meinst du, es tut weh, wenn man erschossen wird?«
»Klar tut das weh, du Hohlbirne.«
»Aber wenn man es richtig macht, also jede Menge Kugeln in die richtigen Stellen oder eine einzige genau in den Kopf … dann würde man doch gar nichts spüren, oder? Zumindest nicht lange.«
Marcus wollte schon loslegen und mächtig über ihn herziehen, dass er jetzt komplett durchdrehte, da fiel ihm der Ausdruck auf dem Gesicht des Jüngeren auf. »Was meinst du eigentlich?«, fragte er stattdessen und ging zu ihm.
Spencer drehte sich schnell weg. »Gar nichts.«
»Klingt aber gar nicht nach ›gar nichts‹. Was ist los mit dir? Du ziehst jetzt schon seit Tagen ein langes Gesicht.«
»Ich hatte schon immer ein langes Gesicht.«
»Na ja, dann ist es eben noch länger als sonst. Kumpel, wenn das so weitergeht, hinterlässt du bald Schleifspuren auf dem Teppich.«
Spencer schaute zum Wachturm. »Macht dir das denn gar nichts aus? Für uns ist alles vorbei. Aus uns wird nie was werden. Wir haben
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