Daniel Taylor und das magische Zepter
Marla seine Hand fest. »Wir müssen zu Carpenter, vielleicht ist er Vanessas einzige Rettung.«
»Carpenter!«, rief Mike. »James Carpenter?« Mehr Adrenalin mischte sich in sein Blut.
Marla bejahte und zog Mike am Ärmel zur Hauswand. »Vielleicht ist er bei Silvans Zieh…, äh, Daniels Mutter. Komm mit mir!«
Mike überlegte, ob sich hier eine Möglichkeit auftat, endlich aufzusteigen, nicht mehr länger nur ein Handlanger der Gilde zu sein. »Was ist das genau für ein Artefakt, das die Dämonen wollen?«
Schulterzuckend erwiderte sie: »Ein Zepter.«
Meine Güte … Vor Mikes Augen drehte sich der Parkplatz. Er konnte kaum glauben, was er hörte. Ein Zepter! Vielleicht das Zepter? Er hatte seine Eltern belauscht, als sie darüber sprachen.
Einerseits hatte er furchtbare Angst um Vanessa, die den Dämonen jetzt als Druckmittel diente, andererseits sah Mike seine ganz große Chance gekommen!
»Ich kenne den Weg, ich fahre!« Mike wollte Marla zum Auto bugsieren, aber sie bewegte sich nicht, stattdessen legte sie einen Finger an die Hauswand. »Wir können in einer Sekunde da sein.«
Sie wollte tatsächlich, dass er durch ein Dämonentor stieg? Sie könnten sonst wo herauskommen! Was, wenn es eine Falle war?
Marla schaute ihn traurig an. »Du kannst mir vertrauen, Mike.«
Konnte er das? Dämonen galten als Meister der Täuschung.
Marla begann, mit dem Zeigefinger einen großen Kreis an die Wand zu zeichnen, schaute dabei jedoch auf Mike. »Dass du ein Wächter bist, hast du nur so gesagt, oder?«
Mike schüttelte den Kopf. »Ich bin ein Wächter.«
»Du brauchst nicht zu lügen, Mike. Ich würde spüren, wenn es so wäre. Bei dir fühle ich … nichts.«
Sie fühlte nichts bei ihm? Wut ballte sich in seinem Magen zusammen. Natürlich fühlte sie nichts, sie war eine Dämonin! Ob sie ihm ihre Gefühle vorgeheuchelt hatte? »Ich lüge nicht, ich hab nur keine Fähigkeiten, verdammt! Ich bin ein Wächter dritten Grades, geboren ohne einen Funken Magie im Blut, aber ich arbeite trotzdem für die Gilde.« Er war wichtig, hatte seine Aufgaben!
»Oh«, machte Marla bloß. Ihre Augen schimmerten. Ihr Arm sackte nach unten, der Umriss des Tores löste sich knisternd auf.
Ich bin so ein Idiot! Marla hatte Gefühle, verdammt, und er hatte sie eben verletzt. »Es tut mir leid«, sagte er zerknirscht. Er hatte es nur so satt, immer wieder unter die Nase gerieben zu bekommen, dass er kein richtiger Wächter war. Er war zwar in die meisten Tätigkeiten der Gilde eingeweiht, aber im Grunde nutzlos. Früher hatte er sich deshalb als Versager gefühlt, bis er dank des Jobs in der Bank wieder sein Selbstbewusstsein zurückbekommen hatte. Eigentlich hatte er mit seinem alten Leben abgeschlossen gehabt, aber jetzt kam alles wieder hoch.
Was hatte er auch schon Großes geleistet? Er saß in der Bank und überwachte die Bewegungen auf dem Konto von Carpenters Eltern, falls sich eines Tages irgendein Hinweis ergab, wo sich der Mann befand. Die Carpenters waren jedoch nicht so dumm gewesen, Geld zu transferieren. Zumindest hatte Mike nicht herausfinden können, ob sie ihrem Sohn Geld überwiesen. Aber jetzt könnte sich für ihn alles ändern!
»Schon gut.« Marla seufzte. »Wenn du wirklich ein Wächter bist, dann vertraue ich dir. Bitte vertraue auch mir. Ich stehe auf deiner Seite.«
Mike ergriff ihre Hand. »Dieser Dämon – wird er Vanessa etwas antun?«
»Er wird sie zumindest nicht töten, solange er sie braucht.«
Das hörte sich nicht gut an. Sie mussten sich beeilen!
Als Silvan die Stufen hinabschritt, machte er sich unsichtbar und versuchte, möglichst vorsichtig aufzutreten, damit das Knarren der alten Holztreppe ihn nicht verriet. Es war ungewöhnlich still im Haus. Beinahe glaubte er, es wäre niemand hier, bis er seine dämonischen Sinne konzentriert verstärkte und es ganz schwach hörte: zwei Herzen, die ruhig und gleichmäßig schlugen. Dass es sich bei einem nicht um sein eigenes Herz handeln konnte, zeigte ihm das hektische Klopfen in seinen Ohren.
Seine Mom war also nicht allein.
Lautlos betrat Silvan das Erdgeschoss und blieb wie angewurzelt stehen, als er zwei Personen erblickte, die eng umschlungen auf der Couch lagen und schliefen. Er sah den Mann und die Frau nicht richtig, nur halb durchscheinend. Die Frau war seine Ziehmutter!
Leise und immer noch unsichtbar trat Silvan dicht an die beiden heran. Der Mann war sehr groß und lag hinter seiner Mom, die Brust an ihren Rücken
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