Daniel Taylor zwischen zwei Welten
ihr Haar war so anders. Glatt und seidig lag es zwischen Metistakles’ Fingern.
»Widerlich«, murmelte er und schloss die Augen, damit sein Geist tief in Marlas Bewusstsein eindringen konnte. Metistakles wusste, dass sie nicht so schnell erwachen würde, also musste er sich die Informationen über Carpenter selbst besorgen. Eventuell könnte er es so aussehen lassen, als wäre er fündig geworden, und Marla vernichten … obwohl … Sie war ein netter Zeitvertreib, außerdem würde ihm Obron den Kopf abreißen. Seine Tochter könnte sich noch als nützlich erweisen, wenn Silvan nicht mitspielte.
Metistakles lachte in sich hinein, als er daran dachte, wie Obron damals versucht hatte, sein Geheimnis für sich zu behalten. Aber als Obron vor Kurzem mit Silvan trainiert hatte und abgelenkt gewesen war, hatte Xandros alle Informationen aus ihm herausgeholt, und Metistakles hatte einige davon aufgefangen.
Auch nach längerem Suchen fand er keinen Anhaltspunkt, wo Marla diesen Carpenter aufgespürt hatte. Metistakles hatte große Mühe, sich in ihrem Gefühlschaos zurechtzufinden. Er fand es abstoßend, wie menschlich sie war.
»Ja, sie schlägt ganz nach ihrer Mutter«, zischte er, als er in der tiefsten Ebene von Marlas Bewusstsein angekommen war. Dort stieß er auf eine dunkle, glatte Kugel. Marlas Versteck!
Hier schloss sie sich also immer ein, und zu Metistakles’ Leidwesen schien sie alle wichtigen Informationen in ihren »Schutzraum« hineingenommen zu haben. Vergeblich versuchte Metistakles, mit mentalen Kräften und Zaubersprüchen die Kugel aufzubrechen, er konnte ihr jedoch nicht einmal einen Riss zufügen.
Liebe …, wusste er. Gegen die größte Kraft des Universums war er machtlos und sein Zorn schwoll weiter an, weil er Marla unterschätzt hatte. Metistakles war sich absolut sicher gewesen, sie unter Kontrolle zu haben, aber die zwei Jahre in der Menschenwelt hatten anscheinend gereicht, um einen Großteil dämonischer Eigenschaften, wie Gefühlskälte, in ihr auszulöschen.
Plötzlich huschte ein heller Schleier an ihm vorbei. Es war eine von Marlas zahlreichen Erinnerungen, die etwas mit der Menschenwelt zu tun hatten. Das erkannte Metistakles an dem großen verglasten Gebäude, das er in der wabernden Gedankenblase sah. »Little Peak Dance« stand an der Eingangstür. Das Gesicht einer jungen Frau mit hellbraunem Haar tauchte auf. Es war dasselbe Mädchen, das Metistakles auch in Silvans Geist gesehen hatte. Vanessa … Interessant. Mal sehen, was er noch Nützliches in Marlas Geist aufstöberte …
»Marla? Geht’s dir nicht gut?« Silvan setzte sich im Bett auf, als seine Schwester zur Tür hereinkam. »Ist was passiert?« Sie hatte nicht geklopft, und er hatte schon fast befürchtet, es wäre Sirina. Er hatte seine »Zukünftige« fortgeschickt, mit der Ausrede, dass er ungestört sein wolle, um sich ausreichend konzentrieren zu können, wenn er seine mentalen Kräfte trainierte. In Wahrheit wollte er seine Ruhe. Sein Kopf dröhnte von den geistigen Schlägen, die die Oberen ihm zufügten, wenn er sich bei einer Übung dumm anstellte.
»Hm? Was? Ja … alles okay«, erwiderte Marla und hockte sich neben ihn aufs Bett. Ihr Haar war zerzaust, ihre Kleidung an manchen Stellen zerrissen. Sie trug nicht ihr Punk-Outfit, sondern diese gewöhnlichen Klamotten. Mit wem hatte sie sich denn angelegt? Er würde sich später erkundigen, im Moment hatte er andere Fragen.
»Warst du oben?« Silvans Herzschlag beschleunigte sich. »Hast du Vanessa gesehen?«
Sie kaute, vor sich hinstarrend, an ihren Fingernägeln, wirkte abwesend, verwirrt und dann wieder nervös und aufgeregt.
»Marla?«, fragte er noch einmal.
Plötzlich sah sie ihn mit aufgerissenen Augen an. »Ich soll dir sagen, dass es nach oben geht. Wir beide werden gehen.«
»Was?« Wieso?
»Genaueres erfährst du später, du sollst dich nur schon mal drauf vorbereiten.«
Er hatte neben dem Training nichts zu tun, er könnte jederzeit gehen. Ihm war ohnehin langweilig. Er vermisste seinen Computer und … anderes.
Worauf musste er sich vorbereiten? »Nach oben?« Insgeheim freute er sich darauf, vielleicht Vanessa zu sehen. Er beherrschte langsam, sich unsichtbar zu machen. So könnte er ihr nah sein, sie beobachten …
»Eine Mission, Brüderchen.« Erneut knabberte Marla an ihren Nägeln. Warum war sie nur derart durch den Wind? Er hatte das Gefühl, sie wollte ihm etwas Bestimmtes mitteilen – Silvan spürte es geradezu. Stattdessen
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