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Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)

Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)

Titel: Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordula Stratmann
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werden. In meinem Fünf-Sterne-Fall verhielt es sich so, dass mir die ganzen zwei Tage lang alle Bereiche des Hauses zugänglich waren und ich lediglich aus freien Stücken nicht in die Sauna ging, weil ich es, das ließ ich Sie bereits wissen, unappetitlich finde, derart zu schwitzen, und – ehrlich gesagt – eine Unart, sich in diesem Zustand anderen zu zeigen.
    Ich machte von meinen Möglichkeiten in diesem Haus hocherhobenen Hauptes Gebrauch.
    Lediglich eine misslungene Begegnung hatte ich in diesen Tagen. An der Rezeption wartete gerade ein ankommendes Paar auf die Fertigstellung seiner Zimmerkarte, und ich wollte Polly und mich für den kommenden Tag zu einem Ausflug anmelden. Zum Paar neben mir gehörte ein Hund. Dieser musterte mich mit geschürzten Lippen von oben bis unten. Das dauerte nicht lange, war in der Aussage aber überdeutlich. Der hielt sich tatsächlich für etwas Besseres. Danach roch sogar sein Fell. Bei näherem Schnuppern es »Dangerous Man« von Bruno Banani, etwas zu dick aufgetragen.
    Wir standen also da nebeneinander im Foyer, und wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich von dieser Begegnung nun nichts weiter zu erzählen. Der Chihuahua mit Strasshalsband samt Aufschrift ›Lorenzo‹ wollte es aber anders:
    »Hüstel«, für dieses Geräusch hob er die rechte Vorderpfote und hielt sie affektiert vor seine Mini-Schnauze. Ich reagierte darauf überhaupt nicht.
    Also legte er nach.
    »Wenn ich hier stehe, musst du nicht unbedingt auch hier stehen, finde ich«, zischte er mir zu. Wahrscheinlich wollte er nicht, dass Herrchen oder Frauchen etwas bemerkten. Ich starrte stoisch geradeaus und reagierte ein zweites Mal nicht.
    »Bin ich nicht verstanden worden?! Verpiss dich, Ratte!« Lorenzo griff zu deutlicheren Worten, damit ich ihn auch ja richtig verstand: Er fand mich wohl wirklich nicht gut.
    »Entschuldigung, ich habe Sie akustisch nicht verstanden. Was meinten Sie?« Den machte ich fertig. Den würde ich jetzt in ein Gespräch verwickeln, das er seinen Lebtag lang morgens um fünf würde zitieren können!
    »Du hast mich ganz genau verstanden, stinkendes Kellertier, ich sag es noch mal: Verpiss dich, sonst mach ich aus dir ’nen Lampenschirm für ’ne Tierarztpraxis!«
    »AhahahahaAHAHAhaAHaha! Sie sind ja zum Piepen! Ich lach mich kaputt! AHAHAHAAA! Das ist wirklich selten, DAS IST WIRKLICH SELTEN, dass einer so pointiert das Verhältnis zweier verschiedener Rassen aufs Korn nimmt. Chapeau, mein Lieber, wirklich! CHAPEAU! Haben Sie beruflich mit Humor zu tun?«
    Kaum größer als ich, schubste mich der feine Herr Chihuahua nun mit der Schnauze vor sich her, einmal quer durchs Foyer. Ich machte begeistert mit und hopste ihm quiekend vor der Nase herum.
    Wir fanden aber irgendwie keine Ebene miteinander.
    Jetzt hatten wir die gegenüberliegende Wand erreicht, er presste mich fest dagegen und blieb bei seiner Haltung: »Ich habe keine Ahnung, warum dich noch keiner in einen Topf geschmissen und gegart hat, aber es ist ganz sicher, dass ich dir nicht noch mal begegnen möchte, IST DAS JETZT KLAR GEWORDEN??«
    Unter dem Druck auf meinen Stimmapparat klang ich etwas gequetscht: »Darf ich Ihnen dennoch versichern, dass mir unser kurzer Schlagabtausch viel Freude bereitet hat und ich Ihren abrupten Kontaktabbruch bedaure?«
    »Schleich dich!« Damit ließ er mich los und wackelte zurück zu seinen Besitzern.
    Sagen wir mal, er wäre ein Dalmatiner gewesen. Dann hätte ich vielleicht sogar noch einen Hauch nachvollziehen können, dass er sich von der Idee beleidigt fühlte, mit einer Maus in einem Fünf-Sterne-Hotel als Gast gleichgestellt zu sein. Als Dalmatiner ist man ja fast schon gepeinigt von der eigenen Schönheit, und der Kampf gegen Hybris ein dauerhafter. Aber dies hier war ein Chihuahua! Die Maus unter den Hunden. Ich hatte es nicht drauf ankommen lassen, aber im Fingerhakeln mit Herrn Lorenzo hätte ich vermutlich den Sieg davongetragen. Sei’s drum.

      
    Der Kurztrip zu den fünf Sternen hatte mir sehr gutgetan und wirkte entsprechend nach. Ich hatte seit Tagen eine Bombenlaune und kam nach einem zärtlichen Spaziergang mit Ferdinand in die Hofeinfahrt von Bens Zuhause. Ich hatte Ben-Woche.
    Unter dem Wagen von Bens Vater sah ich zwei elfjährige Beine hervorlugen. Ich rannte los. Was sollte das?
    »Ben!«
    »Jetzt nicht!«
    Wenigstens sprach er. Ich hatte schon Angst gehabt, dass er sich unter dem Gefährt etwas antun wollte. Aber das hätte doch gar nicht zu ihm

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