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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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London.«
    »Doch, Sir.«
    »Na, da bin ich aber platt.«
    Und ich will Ihnen sagen, warum ich platt war. Ich konnte diese Behauptung nämlich kaum glauben. Besagter Fink-Nottle, müssen Sie wissen, war einer von diesen komischen Heiligen, wie sie einem manchmal über den Weg laufen, die es in London nicht aushalten. Er hauste jahrein, jahraus, von Moos überwachsen, in einem abgelegenen Kaff in Lincolnshire und kam nicht mal in die Stadt, um sich das alljährliche Match Eton gegen Harrow anzusehen. Und als ich ihn mal fragte, ob er sich auf die Dauer nicht ein bißchen langweile, sagte er, nein, er habe ja einen Teich in seinem Garten, wo er die Lebensgewohnheiten der Molche studiere.
    Ich konnte mir also einfach nicht vorstellen, was diesen Kauz bewogen haben könnte, nach London zu kommen. Ich hätte wetten können, daß er aus seinem Dorf nie herauskommen würde, solange der Vorrat an Molchen reichte.
    »Sind Sie ganz sicher?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Haben Sie den Namen richtig behalten? Fink-Nottle?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Na, das ist ja ein Ding. Es ist mindestens fünf Jahre her, seit er in London war. Er gibt offen zu, daß die Stadt ihm auf die Nerven geht. Bis dato hat er nur die Nähe von Molchen gesucht und sich keinen Fußbreit aus seinem Provinznest entfernt.«
    »Sir?«
    »Jawohl, von Molchen. Mr. Fink-Nottle leidet unter einem starken Molch-Komplex. Sie haben doch sicher schon von Molchen gehört? Sehen aus wie Eidechsen und paddeln in Teichen herum.«
    »O ja, Sir. Sie meinen die schwimmfähigen Exemplare der Salamandridae aus der Familie der Schwanzlurche.«
    »Stimmt genau. Und Gussie war schon immer ganz vernarrt in sie. Schon in der Schule hat er welche gezüchtet.«
    »Das tun junge Herren dem Vernehmen nach öfters, Sir.«
    »Er hielt sie in einer Art Glaskäfig in seinem Arbeitszimmer, und ich weiß noch, daß das Ganze sehr gemuffelt hat. Wahrscheinlich war damals schon klar, wohin das mal führen würde, aber Sie wissen ja, wie kleine Jungs sind. Achtlos, sorglos, ganz mit sich selbst beschäftigt, so daß wir uns wegen Gussies Macke weiter keine Gedanken machten. Möglich, daß wir mal beiläufig gesagt haben, es müsse auch Spinner geben, aber das war alles. Sie können sich denken, wie es weiterging. Das Übel nahm immer größere Ausmaße an.«
    »Tatsächlich, Sir?«
    »Wenn ich’s Ihnen sage, Jeeves. Er war ganz versessen auf Molche. Sie ließen ihn nicht mehr los. Als er zum Manne gereift war, vergrub er sich im Landesinnern und widmete sein Leben diesen stummen Kameraden. Wahrscheinlich hat er sich gesagt, er könne jederzeit wieder damit aufhören, bis er dann – als es schon zu spät war – merkte, daß er ihnen verfallen war.«
    »So kommt es oftmals, Sir.«
    »Wie wahr, Jeeves. Jedenfalls lebt er jetzt schon seit fünf Jahren im finstersten Lincolnshire als Eremit, der außer Molchen keine Menschenseele in seiner Nähe duldet. Deshalb war ich ja so frappiert, als Sie sagten, er sei wieder in der Öffentlichkeit aufgetreten. Ich kann’s immer noch nicht fassen. Das muß bestimmt ein Irrtum sein. Vermutlich gehört der, der hier aufgetaucht ist, zu einer anderen Linie der Fink-Nottles. Der Bursche, den ich kenne, trägt eine Hornbrille und hat ein Gesicht wie ein Fisch. Stimmt das mit Ihren Daten überein?«
    »Der Herr, der hier vorsprach, trug in der Tat eine Hornbrille, Sir.«
    »Mit einem Gesicht wie ein ›Karpfen blau‹?«
    »Es bestand eine gewisse Ähnlichkeit, Sir.«
    »Dann muß es wohl doch Gussie gewesen sein. Aber was hat ihn bloß nach London verschlagen?«
    »Hierfür gibt es eine Erklärung, Sir. Mr. Fink-Nottle hat mich bezüglich der Motive für seinen Besuch in der Hauptstadt ins Vertrauen gezogen. Er ist hergekommen, weil auch die junge Dame hier ist.«
    »Junge Dame?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Heißt das, daß er sich verliebt hat?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Also jetzt bin ich aber von den Socken! Völlig von den Socken. So total von den Socken war ich ja noch nie, Jeeves.«
    Nein, wirklich! Ich meine, die Sache schien wirklich ernst zu sein.
    Dann betrachtete ich das mal von einer andern Seite. Angenommen, Gussie Fink-Nottle hätte sich wider Erwarten tatsächlich verliebt: Warum hatte er dann andauernd meine Wohnung angesteuert? Gewiß, er war in einer Lage, in der man dringend einen Freund braucht, aber wieso war er gerade auf mich gekommen?
    Wir waren ja nicht direkt unzertrennliche Kameraden. Früher waren wir zwar oft zusammen, aber in den letzten zwei Jahren

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