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Dann gib ihm die Axt

Dann gib ihm die Axt

Titel: Dann gib ihm die Axt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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Anwesenheit meinen Drink schneller verdunsten lassen. Ich trank aus und bestellte den zweiten Scotch.
    »Der Drink kam fast gleichzeitig mit dem Anruf — genau nach Ablauf von sieben Minuten.
    Ich sah mich um. Der Oberkellner winkte einen seiner Untergebenen heran und sagte etwas zu ihm. Der Mann nickte und schob sich sehr unauffällig an einen Tisch heran, an dem ein Mann und eine Frau saßen. Die Frau stand auf.
    Zuerst konnte ich es kaum glauben. Dann sah ich an ihrem Gang, daß sie es sein mußte. Es war kein eigentliches Hinken, aber man merkte, daß die eine Hüfte etwas steif war.
    Sie war ganz anders, als Georgia Rushe sie beschrieben hatte. Sie war Frau durch und durch, und das wußte sic auch. Das Strickkleid umspannte runde, wohlgeratene Formen, ihr Kinn war selbstbewußt gehoben, und ihre Haltung war stolz und sicher. Die Männer drehten sich nach ihr um. In dieser Umgebung sprach das allein schon Bände.
    Während sie am Telefon war, sah ich mir den Mann an, mit dem sie zusammensaß. Er war ein großer langweiliger Schlaks mit dem Sexappeal eines Grabsteins. Er wirkte wie ein Bankkassierer, dessen Leidenschaft sich in Zahlenkolonnen und dessen Fingerfertigkeit sich an den Tasten einer Addiermaschine erschöpft. Er mochte um die Fünfzig sein und machte ein Gesicht wie ein Laienschauspieler, der die Rolle des englischen Butlers übernommen hat.
    Ein paar Minuten später kam Mrs. Crail an ihren Tisch zurück. Ihr Begleiter erhob sich und schob ihr mit unbewegtem Gesicht den Stuhl zurecht. Dann sank er, von der Anstrengung ermattet, in seinen Sessel zurück, und sie sprachen leise miteinander.
    Ihren Trauermienen nach diskutierten sie das nahe bevorstehende Ende der Welt.
    Ich ging wieder mal zum Telefon und rief im Büro an. Diesmal war Bertha da, und ich bat Elsie, mich durchzustellen.
    »Hallo«, sagte Bertha. »Wo steckst du denn, Kleiner?«
    »Im Rimley Rendezvous.«
    »Immer noch?«
    »Ja.«
    »Eine schöne Arbeitsmoral hast du«, erboste sie sich. »Sitzt in einer Bar herum, läßt dich auf Geschäftskosten vollaufen und —«
    »Halt die Luft an«, bremste ich, »und sperr die Ohren auf. Mrs. Ellery Crail ist hier. In männlicher Begleitung. Ich habe nicht den Eindruck, daß die beiden hier alt werden. Mich interessiert, wer der Mann ist. Am besten wird es sein, wenn du herkommst und dich an sie hängst, sobald sie das Haus verlassen.«
    »Den Firmenwagen hast du doch.«
    »Was hältst du davon, ausnahmsweise mal deine eigene Kutsche anzuschirren?«
    »Na ja, aber —«
    »Mrs. Crail ist etwa achtundzwanzig«, sagte ich, »Gewicht 110 Pfund. Sie ist einszweiundsechzig groß, trägt ein schwarzes Jerseykleid, einen großen schwarzen Strohhut und eine rote Handtasche. Ihr Begleiter ist zweiundfünfzig, einsdreiundsiebzig groß, Gewicht 160 bis 165 Pfund, blaugrauer Zweireiher mit weißen Nadelstreifen, lange Nase, langes Kinn, ausdruckslose Visage, dunkelblaue Krawatte mit weißen, S-förmigen Kringeln, pergamentfarbene Haut, Augenfarbe grau oder hellblau, das kann ich auf die Entfernung nicht genau sagen. Die Frau erkennst du am Gang. Ihre linke Hüfte ist steif, aber es fällt nicht sehr auf. Man muß genau hinsehen.«
    Bertha war einigermaßen besänftigt. »Na, die Beschreibung ist wenigstens in Ordnung. Schön, daß du was erreicht hast. Ich brause sofort los. Soll ich reinkommen?«
    »Lieber nicht. Es ist zu auffällig, wenn du dann zur gleichen Zeit gehst wie sie. Nachdem der Telefonanruf sich als Ente entpuppt hat, könnten sie Lunte riechen.«
    »Okay, Kleiner. Wird gemacht.«
    Ich ging wieder zurück an meinen Tisch. Der Kellner betrachtete mich mit ungewöhnlicher Aufmerksamkeit.
    »Zigarren, Zigaretten?« Die verführerische Stimme war wieder da. Ich drehte mich um und betrachtete, was mir geboten wurde. »Bin noch von vorhin versorgt«, sagte ich. »Noch bin ich nicht unter die Kettenraucher gegangen.«
    Sie trat noch einen Schritt näher und sagte leise: »Kaufen Sie noch eine Packung: Das sollte Ihnen das Panorama schon wert sein. Ich hab Ihnen etwas zu sagen.«
    Mir lag schon ein dämlicher Witz auf den Lippen. Der verging mir, als ich in ihre Augen sah. Ich griff nach meinem Kleingeld.
    »Dafür tu ich's gerne«, meinte ich.
    Sie legte eine Packung Zigaretten auf den Tisch, lehnte sich zu mir herüber und sagte: »Verschwinden Sie!«
    Ich runzelte die Stirn.
    Sie lächelte nachsichtig, als hätte ich ihr einen zweideutigen, aber nicht ernst zu nehmenden Antrag gemacht, riß die

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