Dann gib ihm die Axt
Packung auf, nahm eine; Zigarette und reichte sie mir. »Sie sind doch Donald Lam, nicht wahr?« fragte sie und gab mir Feuer.
Mir klappte der Unterkiefer herunter. »Woher wissen Sie das?«
»Wenn Sie tatsächlich so viel Köpfchen haben, wie man Ihnen nachsagt, müßten Sie selber darauf kommen. Verschwinden Sie nun?«
»Nein.«
»Dann sitzen Sie wenigstens nicht da wie angeleimt. Angeln Sie sich ein paar von den späten Teenagern, die Sie mit so unverhohlenem Wohlwollen anstarren. Sie fallen nämlich hier auf wie ein Kalb mit zwei Köpfen.«
Sie hatte recht. Als männliches Wesen ging man nicht ins Rimley Rendezvous, um sich nur in Gesellschaft eines Scotch mit Soda die Zeit zu vertreiben. Woher das Zigarettenmädchen meinen Namen wußte, war mir rätselhaft. Ich hatte eineinhalb Jahre lang die Stadt nicht mehr unsicher gemacht, und außerdem bildete ich mir nicht ein, so etwas wie eine prominente Persönlichkeit zu sein.
Die Band trat in Aktion. Ich steuerte eine unternehmungslustig aussehende Brünette ein paar Tische weiter an. Sie zierte sich ein bißchen, als ich vor ihr stand.
»Wollen wir tanzen?« fragte ich.
Sie sah mich mit gut gespielter Überraschung an.
»Entschließen Sie sich immer so schnell?«
Ich sah sie gerade an. »Allerdings.«
Da mußte sie lachen. »Ich mag entschlußfreudige Männer«, erklärte sie und stand auf.
Wir tanzten schweigend einmal um die Tanzfläche. Dann sagte sie: »Irgendwie habe ich Sie mir anders vorgestellt.«
»Wie meinen Sie das?«
»Als Sie da drüben saßen und grübelnd in Ihren Drink starrten, sahen Sie melancholisch aus. Und aggressiv.«
»Und jetzt sind Sie enttäuscht?«
»Nein. Ich habe mir Gedanken über Sie gemacht. Da — jetzt hab' ich verraten, daß ich Sie beobachtet habe.«
»Ist das denn ein Verbrechen?«
»Es gehört nicht zu den Spielregeln, es zuzugeben.«
Ich sagte nichts, und wir tanzten weiter. Dann lachte sie leise. »Ich habe doch recht gehabt. Melancholisch sind Sie. Aber auch aggressiv?«
»Sprechen wir zur Abwechslung mal von Ihnen«, meinte ich. »Wer sind die beiden anderen Damen an Ihrem Tisch?«
»Freundinnen von mir.«
»Das hätte ich nicht gedacht.«
»Wir drei gehen oft zusammen aus. Wir sind sozusagen Schicksalsgenossinnen.«
»Verheiratet?«
»N-nein.«
»Geschieden?«
»Ja.«
Wir tanzten. »Sie kommen nicht oft her, nicht?« fragte sie.
»Nein.«
»Ich hab' Sie hier noch nie gesehen. Sie passen eigentlich gar nicht hierher. Sie sind zielbewußt, vielleicht sogar rücksichtslos — kein verhinderter Playboy oder Ehemann auf Abwegen.«
»Im Gegensatz zu den anderen männlichen Gästen?« fragte ich.
»Die meisten taugen nichts. Gelegentlich ist mal ein netter Typ dabei, aber das kommt auch nur alle Jubeljahre einmal vor. So — jetzt verrate ich mich schon wieder...«
»Sie tanzen gern, und manchmal finden Sie hier einen netten Partner. Das wollten Sie doch sagen?«
»Ja. So ungefähr...«
Die Musik hörte auf. Ich brachte sie an ihren Tisch zurück. Sie sagte neckisch: »Wenn ich Ihren Namen wüßte, würde ich Sie mit meinen Freundinnen bekanntmachen.«
»Ich verrate nie meinen Namen.«
»Warum nicht?«
»Weil Sie mit mir bei Ihren Freundinnen keine Ehre einlegen würden.«
»Warum nicht?«
»Ich bin verheiratet und habe drei Kinder, aber meine Familie
nagt am Hungertuch, weil ich jeden Nachmittag in solchen Etablissements hängenbleibe. Immer wieder habe ich versucht, ein anderes Leben anzufangen. Aber ich schaffe es einfach nicht. Wenn ich unterwegs ein hübsches Mädchen mit guter Figur in eine Bar gehen sehe — so ein Mädchen wie Sie zum Beispiel —, muß ich hinterher. .Ich würde meinen letzten Cent für Sie ausgeben, weil es mir einfach Spaß macht, mit Ihnen zu sprechen, Sie auf einer überfüllten Tanzfläche in den Armen zu halten...«
Wir waren jetzt an ihrem Tisch angelangt. Sie lachte. »Kinder, ich glaube, dieser Mann heißt John Smith. Er hat eine fabelhafte Masche.«
Zwei Paar Augen betrachteten mich mit amüsiertem Interesse.
Plötzlich stand der Oberkellner neben mir. »Bitte entschuldigen Sie—«
»Na, in welches Fettnäpfchen bin ich nun getreten?« erkundigte ich mich.
»Aber nicht doch, Sir... Eine Empfehlung vom Geschäftsführer. Er läßt Sie bitten, sich auf einige Minuten zu ihm zu bemühen. Es ist wichtig.«
»Hat man sowas schon gehört!« empörte sich meine Tanzpartnerin.
Der Kellner blieb stur neben mir stehen.
Ich lächelte dem Damentrio zu.
Weitere Kostenlose Bücher