Dann klappts auch mit dem Glueck
doch nirgendwohin“, erklärte Colin missmutig.
„Klar doch“, beharrte Leo, wild entschlossen herauszufinden, wo ihn dieser Weg hinführen würde.
Nach fünfzehn Minuten landeten sie tatsächlich in der Nähe eines Hauses, vor dem ein schwarzer SUV geparkt war. Es war ein schickes Haus mit einer breiten Veranda und vielen großen Fenstern.
„Da muss ja jemand Reiches wohnen“, mutmaßte Colin.
Leo kannte das Auto. Es gehörte dem Mann, der versuchte, ihnen ihr Häuschen wegzunehmen. Dem Mann, der seine Mom zum Weinen gebracht hatte. „Das ist ein Blödmann.“
Colin sah ihn ungläubig an. „Ach ja? Woher willst du das denn wissen?“
„Weil er versucht, uns unser Haus zu klauen.“
„Wie will er das denn machen?“
Leo zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht. Er hatte ’nen Haufen Papiere. Als er die meiner Mom gezeigt hat, hat sie geweint. Er ist ein richtiger Mistkerl.“
„Willst du etwa zulassen, dass er deine Mom fertigmacht?“ Colin klang so, als wäre die Frage eine Herausforderung.
Dad lebte nicht mehr. Seine Mom hatte nur noch ihn. „Nein, verdammt noch mal“, entschied Leo. Wenn er so fluchte, fühlte er sich viel älter, und es machte ihm Mut.
„Dafür sollte er zahlen. Batman würde auch dafür sorgen, dass der Kerl büßen muss.“
Genau. Leo würde ihn büßen lassen. Irgendwie. Einen Moment lang stand er da und schaute auf diese großen, piekfeinen Fenster. Dabei erinnerte er sich daran, wie gut er sich gerade beim Werfen angestellt hatte. „Komm. Hilf mir mal, den richtigen Stein zu finden.“
Sie brauchten nicht lange zu suchen, bis sie einen Stein gefunden hatten, der genau passte. Leise schlichen sie zurück zum Waldrand. Dort hockten sie am Fuß der Auffahrt, ganz in der Nähe des Autos, und peilten die Lage.
„Von hier schaffst du es nicht, das Fenster zu treffen.“
„Denkst du“, widersprach Leo und schleuderte den Stein. Mit einem leisen Plopp landete er mindestens zwanzig Meter vor dem Haus auf dem Boden.
„Na also. Was hab ich dir gesagt?“, triumphierte Colin. „Du musst näher ran. Aber ich wette, du hast viel zu viel Schiss.“
„Hab ich nicht“, entgegnete Leo hitzig und machte sich auf die Suche nach einem weiteren Stein.
Entsprechend gerüstet kroch er, mit Colin als moralischer Unterstützung auf den Fersen, näher ans Haus heran. Er kam sich vor wie ein Navy Seal oder irgendein CIA-Agent, der auf geheimer Mission unterwegs war. O ja. Dieser Kerl würde für das, was er vorhatte, zahlen müssen. Sie suchten Deckung hinter dem SUV und lugten um den Wagen herum.
„Ich kann da drin niemanden sehen“, flüsterte Colin.
Vielleicht hatte der Mann mehr als ein Auto. Vielleicht war er nicht zu Hause. Das wäre gut. Nicht dass Leo ein Angsthase war oder so. Es wäre einfach besser, wenn der Kerl nicht im Haus war.
Die Silhouette eines Mannes erschien in einem der Fenster. Er war doch zu Hause. „Oh, Mist“, murmelte Leo.
„Warte! Ich glaube, er geht wieder.“
Sie beobachteten, wie der Mann das Wohnzimmer verließ.
„Na los, mach schon“, drängte Colin.
Jetzt oder nie. Leos Handfläche wurde feucht, und sein Herz pochte wie verrückt, so als wäre er gerannt. Plötzlich war er sich nicht mehr so sicher, ob er den Stein wirklich werfen wollte.
„Komm schon“, drängte Colin erneut. „Mach.“
Wenn er es nicht tat, würde er in den Augen seines neuen – seines einzigen –Freundes wie ein Angsthase aussehen. Leo presste die Lippen zusammen, holte tief Luft und rannte um den SUV herum. Er kam sich vor wie ein Soldat, der den Bolzen einer Handgranate zog. Das ist dein einziger Schuss. Du musst noch näher ran. Wirf nicht daneben!
Er lief noch ein paar Schritte weiter, dann schleuderte er den Stein mit aller Kraft. Er segelte direkt durchs Fenster. Das Krachen war lauter, als Leo erwartet hatte. Wow. Irgendwie war das äußerst zufriedenstellend.
Im selben Moment erschien jedoch der Mann an der zerborstenen Scheibe. Und der sah alles andere als zufrieden aus. Er entdeckte Leo, und seine Miene verdüsterte sich so sehr, dass Leo es mit der Angst bekam und flüchtete.
Er hörte noch, wie die Haustür aufgerissen wurde und der Mann „Hey!“, brüllte, doch Leo rannte, so schnell ihn seine Beine trugen. Colin war dicht hinter ihm. Batman wäre nicht davongelaufen.
Scheiß auf Batman.
5. KAPITEL
Als Meredith nach Hause kam, stellte sie fest, dass niemand da war. Der Couchtisch war mit Getränkedosen, einer leeren Chipstüte und
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