Dann klappts auch mit dem Glueck
geradestehen.
Sie fand Jeds Privatnummer heraus und rief ihn an. „Hallo, hier ist Meredith Lange.“
„Meredith.“ Er klang überrascht.
„Ich wollte fragen, ob Sie morgen zu Hause sind.“
„Ja“, antwortete er, nicht gerade begeistert.
„Mein Sohn möchte sich bei Ihnen entschuldigen. Würde zehn Uhr passen?“
„Sicher.“
„Gut. Vielen Dank.“
Als sie den kurzen Anruf beendete, war sie irgendwie sehr unzufrieden. Aber sie beschloss, dass dies weniger dem Telefonat selbst zuzuschreiben war als ihrer allgemeinen Situation.
Jed warf das Telefon auf den Couchtisch. Irgendwie hatte er Mitleid mit Meredith Langes Sohn. Ganz offensichtlich machte er gerade eine harte Zeit durch: Er hatte seinen Vater verloren, hatte umziehen müssen und musste sich neue Freunde suchen. Jed konnte sich noch sehr gut an seine eigene Jugend erinnern, in der er vor lauter Frust auch so manchen Stein geschleudert hatte, wenn zu Hause mal wieder alles drunter und drüber gegangen war. Wenn er und Meredith Lange nicht in einem Rechtsstreit gegeneinander verfangen wären, hätte er dem Jungen die Hand entgegengestreckt. Auch seiner Mom hätte er gern die Hand entgegengestreckt, um sie direkt in seine Arme zu ziehen. Natürlich würde das niemals passieren. Aber selbst wenn er persönlich dem Jungen nicht helfen konnte, könnte es vielleicht seine Organisation Youth Power versuchen.
Als Meredith und Leo am nächsten Morgen vor Jeds Haus hielten, saß der in einem Schaukelstuhl auf der Veranda. Nachdem sie ausgestiegen waren, erhob er sich und lehnte sich gegen das Geländer. Zur Begrüßung nickte er ihnen zu. Das Haus war wirklich schön – rustikales Zedernholz und große Fenster, die einen Blick in hohe Räume gewährten. Und Meredith fand, dass der Mann auf der Veranda mit seinem kantigen Kinn und den breiten Schultern genauso ansprechend aussah. Jedes Mal, wenn sie ihn traf, lief Meredith ein wohliger Schauer über den Rücken, was völlig daneben war und völlig unangemessen.
„Leo möchte Ihnen etwas sagen“, meinte sie.
Er drehte sich um und sah ihren Sohn ernst an.
Leo hatte nicht beschämt den Kopf gesenkt. Stattdessen reckte er das Kinn vor und kniff die Augen zusammen. „Es tut mir leid, dass ich den Stein durch Ihr Fenster geworfen habe.“ Richtige Worte, falscher Tonfall. Machte Trotz eine Entschuldigung zunichte?
Meredith entschied, dass sie jetzt keine Haarspalterei betreiben würde.
Jed entschärfte die Situation nicht, indem er „Ist schon in Ordnung“ sagte. Stattdessen nickte er einfach nur noch einmal.
Leo wirbelte herum und marschierte zum Wagen zurück.
„Sagen Sie mir, was die Scheibe kostet“, sagte Meredith.
Dieses Mal wurde die Grundeigentümerversicherung nicht erwähnt. Jed Banks war klug genug, um zu erkennen, dass ihr Sohn den angerichteten Schaden wiedergutmachen musste. Er nickte.
Sie folgte Leo zum Auto. Bei jedem Schritt wünschte sie, dass sich ihr Leben anders entwickelt hätte.
6. KAPITEL
Montag war Leos erster Schultag in Icicle Falls. Meredith hoffte, dass es ein guter Tag sein würde, doch leider wurden ihre Hoffnungen enttäuscht. Ihr Sohn kam mit einem blauen Auge nach Hause.
„Was ist passiert?“, fragte sie.
„Nichts“, murmelte er.
„Das ist ja ein hübsches Nichts“, meinte sie nur und ging los, um ein Paket Erbsen aus der Tiefkühltruhe zu holen. „Erzählst du mir, wem du das Veilchen zu verdanken hast?“ Als könnte sie das nicht erraten. Colin war – genau wie Leo – wegen der Eskapade am Freitag in Schwierigkeiten geraten und deshalb garantiert auf Rache aus gewesen.
Leo schüttelte den Kopf.
Sie wickelte die Erbsen in ein Geschirrhandtuch ein und reichte sie Leo. „Halt das gegen dein Auge.“
Er gehorchte und zuckte zusammen.
„Du bist in einer neuen Schule in einer neuen Stadt. Da ist es schwierig, gleich zu wissen, wer die Guten und wer die Bösen sind, aber du musst dir deine Freunde sorgfältig aussuchen. Verstehst du das?“
Missmutig sah er sie an. „Ja.“
Sie konnte es nur hoffen.
Doch ein paar Tage später bekam Meredith einen Anruf aus der Schule. Offenbar schwänzte Leo den Unterricht.
Als sie ihn am Abend damit konfrontierte, zuckte er nur mit den Schultern. „War ja nur eine Stunde.“
„Ja, ich weiß“, meinte sie und nahm ihm eine Tüte mit Chips aus der Hand. „Englisch.“ Sie legte die Chips auf den Couchtisch und setzte sich zu Leo.
„Das ist ’ne blöde Stunde“, brummte er.
„Ja, und so völlig
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