… dann klappt's auch mit der Liebe (German Edition)
Infos, die ich angefordert habe, und dachte, vielleicht kannst du mir in der Zwischenzeit ein paar Fragen beantworten, mit denen ich schon mal weiterarbeiten kann.“
Lori blinzelte verwirrt. „Äh, klar. Aber ich war gar nicht hier, als der Unf… als er verletzt wurde.“
„Ich versuche ja auch nur, mir einen Gesamteindruck von seinem Leben zu verschaffen. Hatte dein Vater Feinde? Und ich meine jetzt nicht das Capulet-Montague-Kaliber. Eher Leute, mit denen er nicht sonderlich gut ausgekommen ist. Ein geschäftlicher Konkurrent oder ein unzufriedener Kunde, der sich vielleicht betrogen gefühlt hat.“
„Oh, ich glaube nicht.“
„Und gab es eine Frau in seinem Leben? Oder vielleicht sogar mehrere?“
Wieder blinzelte Lori. Erstaunlich, wie befremdlich ihr die Vorstellung war. „Nicht dass ich wüsste.“
„Okay, in Ordnung. Es eilt auch nicht. Aber ich möchte dich bitten, die Fragen einfach im Hinterkopf zu behalten. Falls dir doch noch etwas einfällt, schreib es auf. Falls es dir weiterhilft: Die häufigsten Motive in solchen Situationen sind Eifersucht und Geld.“
„Klar, aber …“ Lori schloss die Augen und rieb sich die Stirn. „Ben, ich bin mir sicher, dass es nichts weiter war als eine dumm gelaufene Kneipenschlägerei. Niemand wollte etwas von ihm. Er hatte doch gar nichts.“
„Wahrscheinlich hast du recht. Aber in meinem Job muss man alles für möglich halten. Tut mir leid, dass ich dich damit so durcheinanderbringe.“
„Nein, mir tut es leid. Ich kann zwar nicht behaupten, dassich glücklich bin über die ganze Angelegenheit. Aber es bedeutet mir viel, dass du den Fall noch einmal unter die Lupe nimmst. Und ich werde dir helfen, wo ich nur kann.“
„Danke, Lori. Ruf mich an, wenn dir irgendetwas einfällt. Und auch, wenn du jemanden zum Reden brauchst, okay?“
Gleich nachdem sie aufgelegt hatte, hielt Joe mit quietschenden Bremsen in einer großen Staubwolke auf dem Hof.
„War der Unfall schlimm?“, rief sie ihm zu, während er aus der Fahrerkabine des Abschleppwagens sprang.
„Ach was, nur ein geplatzter Reifen. Ist dir schon mal aufgefallen, dass kein Mensch mehr selber einen Reifen wechseln kann?“
Natürlich war ihr das schon aufgefallen. Was sie auch jedes einzelne der schätzungsweise tausend Mal geantwortet hatte, wenn sie dieses Gespräch geführt hatten. Aber da der Automobilclub ihnen eine ordentliche Stange Geld dafür bezahlte, dass sie einen Reifen austauschten, würde Lori einen Teufel tun, sich über diese zivilisatorische Verfallserscheinung zu beschweren.
Joe zog ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und wischte sich den Schweiß vom Nacken. Plötzlich kam er Lori wahnsinnig alt vor. Er war ein paar Jahre älter als ihr Vater, aber die beiden hatten sich so nahegestanden wie Brüder. Und für Lori war Joe wie ein zweiter Vater. Er hatte schon vor ihrer Geburt angefangen, für ihren Vater zu arbeiten, und war mehr als nur ein Angestellter gewesen, solange sie denken konnte.
Joe hatte sie unzählige Male von der Schule abgeholt, war stolz auf ihre guten Noten gewesen, hatte ihr Vorträge über Jungs und Alkohol gehalten. Hätte Joe in den letzten Jahren nicht den Löwenanteil der Arbeit in der Werkstatt übernommen, wäre Lori nie dazu in der Lage gewesen, sich um ihren Vater zu kümmern. Manchmal hatte sie ihn nicht einmal pünktlich bezahlen können, doch er hatte sich nie beschwert. Kein einziges Mal.
Außerdem hatte er ihren Dad besser gekannt als irgendjemand sonst.
„Joe, kann ich dich was fragen?“
Er zuckte die Schultern und ließ sich auf einen Stuhl fallen. „Du weißt doch, dass du mich alles fragen kannst, mein Vögelchen. Schieß los.“
„Ich habe in letzter Zeit eine Menge über meinen Vater nachgedacht. In den Monaten vor seinem Unfall war ich ja gar nicht hier. Kannst du mir erzählen, wie sein Leben so war, nachdem ich aufs College gegangen bin?“
Wieder zuckte Joe die Schultern. „Genauso wie immer, würde ich sagen. Arbeit, Angeln, Bier trinken.“
„Hatte er eigentlich eine Freundin?“
Die Frage überraschte Joe sichtlich. „Eine Freundin? Nein, jedenfalls keine, mit der es ihm so ernst gewesen wäre, dass er davon erzählt hätte. Drüben in Grand Valley gab es eine Kellnerin, mit der er manchmal ausgegangen ist. Und dann hatte er kurz was mit einer aus Eagle. Aber alles in allem war er ein ziemlicher Einzelgänger. Nachdem deine Mutter abgehauen ist …“ Er sah mit zusammengekniffenen Augen zu ihr hoch.
Weitere Kostenlose Bücher