Danse Macabre
haben soll. Und als die Botschaft verdeutlicht
wurde, erschien sie mir immer ein wenig einfältig. Die Vorstellung, daß man ein ganzes Buch schreibt, nur um zu sagen,
daß es schlecht ist, wenn wir alle gleich sind, und daß Individualität eine gute Sache ist, reizt mich zum Lachen.«
Nichtsdestotrotz hat Jack Finney eine ganze Menge Bücher über die Aussage geschrieben, daß Individualität eine
gute Sache ist und Konformität ziemlich beängstigend werden kann, wenn sie einen gewissen Punkt überschritten hat.
Seine Bemerkungen (die er in einem Brief an mich mit dem
Datum 24. Dezember 1979 niederschrieb) brachten mich
aber auch zum Grinsen. Wie Pauline Kael, Penelope Gilliatt
und all die bierernsten Filmkritiker so oft beweisen, ist nie mand so humorlos wie ein angesehener Filmkritiker, oder so
darauf aus, tiefe Bedeutungen in einfache Sachen hineinzuinterpretieren (»In The Fury«, intonierte Pauline Kael offenbar
allen Ernstes, »hat Bria n De Palma das Schrott-Herz Amerikas gefunden.«) - es ist, als müßten diese Kritiker ihren eigenen literarischen Charakter immer und immer wieder neu beweisen; sie sind wie Teenagerknaben, die ihre Macho-Art
immer wieder demonstrieren müssen …, sic h selbst wahrscheinlich am meisten. Das mag daran liegen, daß sie am
Rand eines Genres arbeiten, das lediglich mit Bildern und
dem gesprochenen Wort arbeitet; sie müssen sich doch sicher
darüber im klaren sein, daß es mindestens eine High-SchoolAusbildung erfordert, alle Facetten eines so zugänglichen Buches wie The Body Snatchers zu verstehen und zu schätzen,
daß aber jeder Analphabet mit vier Dollar in der Tasche in
einen Film gehen und das Schrott-Herz Amerikas finden
kann. Filme sind lediglich sprechende Bilderbücher, und das
scheint in vielen Filmkritikern ein Gefühl der Unterlegenheit
geweckt zu haben. Filmemacher selbst sind häufig mehr als
glücklich, bei diesem grotesken, kritischen Rundumschlag
mitzumachen, und ich zolle Sam Peckinpah von ganzem Herzen Beifall, der einem Kritiker, der ihn fragte, warum er wirklich einen so brutalen Film wie The Wild Bunch gedreht hatte,
lakonisch antwortete: »Ich mag es, wenn sie abgeknallt werden.« Das soll er gesagt haben, und wenn es nicht wahr ist,
Leute, dann sollte es wahr sein.
Don Siegels Version von The Body Snatchers ist ein amüsanter Fall, wo Filmkritiker versucht haben, es auf beide Weisen zu haben. Sie fingen damit an zu sagen, daß Finneys
Roman und Siegels Film beide Allegorien über die Hexenjagd-Atmosphäre der McCarthy-Anhörungen seien. Dann
meldete sich Siegel selbst zu Wort und sagte, sein Film sei eigentlich über die rote Gefahr. Er ging nicht so weit zu sagen,
daß unter jedem amerikanischen Bett ein Kommie lag, aber
es kann kein Zweifel daran bestehen, daß wenigstens Siegel
selbst glaubte, er hätte einen Film über eine schleichende
Fünfte Kolonne gemacht. Es ist das äußerste Beispiel von
Paranoia, könnten wir sagen: Sie sind da draußen, und sie
sehen aus wie wir!
Am Ende ist Finney derjenige, der am zutreffendsten
klingt; The Body Snatchers ist einfach eine gute Geschichte,
die man ihrer eigenen speziellen Befriedigung wegen lesen
und genießen kann. In dem Vierteljahrhundert seit seiner
Erstveröffentlichung als bescheidenesTaschenbuch (eine kürzere Version erschien in Collier’s, einer jener guten alten Zeitschriften, die abtreten mußten, um an den Zeitschriftenkiosken Amerikas Platz für so intellektuelle Publikationen wie Hustler, Screw und Big Butts zu machen) war das Buch immer
lieferbar. Seinen Tiefstpunkt erreichte es als Foto-Roman im
Kielwasser von Philip Kaufmans Remake; wenn es ein niedereres, schleimigeres Anti-Buch-Konzept als den Foto-Roman
gibt, so kann ich mir nicht erklären, was das sein soll. Ich
möchte sagen, ich sehe meine Kinder lieber einen Stapel Beeline Books lesen als diese Foto-Comics.
Seinen Zenit erreichte es 1976 als gebundene Ausgabe bei
Gregg Press. Gregg Press ist ein Kleinverlag, der Neuauflagen von etwa fünfzig bis sechzig Science-Fiction- und Fantasy-Büchern herausgebracht hat - Romanen, Storysammlungen und Anthologien -, die ursprünglich nur als Taschenbücher veröffentlicht worden waren. Die Herausgeber der
Serie (David Hartwell und L. W. Currey) haben eine kluge
Wahl getroffen, und man kann in der Bibliothek eines jeden,
dem aufrichtig etwas an Science Fiction liegt - und an Büchern als schöne Ausgaben -, einen oder mehrere dieser auffälligen grünen Bände mit der rot-goldenen
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