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Danse Macabre

Danse Macabre

Titel: Danse Macabre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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einfach nie geheiratet. »So geht das eben«,
philosophiert Miles, der unschuldig seiner Banalität gar nicht
gewahr wird. Er sagt uns, er hätte nie geglaubt, daß so eine
Frau geistige Probleme haben könnte, »aber man kann eben
nie wissen«.
    Das sollte nicht wirken, aber es wirkt dennoch irgendwie;
wir spüren, daß Miles die Konvention der ersten Person irgendwie überwunden hat und direkt zu uns spricht, so wie es
in Twains Roman den Anschein hat, als würde Tom Sawyer direkt zu uns sprechen …, und Santa Mira, Kalifornien, wie
Finney es uns präsentiert, ist genau die Art von Stadt, wo man
beinahe erwarten würde,Tom seinen Zaun weißein zu sehen
(aber natürlich würde kein Huck da sein, der in einer Hundehütte schläft; nicht in Santa Mira).
    The Body Snatchers ist das einzige Buch Finneys, das man
zutreffend einen Horror-Roman nennen könnte, aber Santa
Mira - ein typischer »netter« Finney-Ort - ist die perfekte
Örtlichkeit für so eine Geschichte. Vielleicht mußte Finney
gar nicht mehr schreiben als einen einzigen Horror-Roman;
er reichte sicherlich aus, die Schablone für das, was wir heute
den »modernen Horror-Roman« nennen, zu entwerfen.
Wenn es so etwas überhaupt gibt, dann kann kein Zweifel bestehen, daß Finney bei seiner Erschaffung eine bedeutende
Rolle spielte. Ich habe vorhin den Ausdruck »Mißton« gebraucht, und das ist Finneys eigentliche Methode in The Body
Snatchers, wie ich meine; ein Mißton, dann zwei, dann eine
Kadenz, dann eine ganze Tonfolge. Schließlich übertönt die
schräge, falsche Musik des Horrors die Melodie völlig. Aber
Finney begreift, daß es keinen Horror ohne Schönheit gibt;
keinen Mißklang ohne ein vorhergehendes Gespür für Melodie; nichts Schlimmes ohne etwas Nettes.
    Hier haben wir keine Ebenen von Leng; keine zyklopischen Ruinen unter der Erde; keine schlurfenden Monster in
den U-Bahnschächten unter New York. Etwa zur selben Zeit,
als Jack Finney The Body Snatchers schrieb, schrieb Richard
Matheson seine klassische Kurzgeschichte »Born of Man
and
Woman« (dt. u. a. »Menschenkind«), die mit den Zeilen anfängt: »Heute an diesem hellen Tag hat Mutter mich Scheusal
genannt. Du Scheusal, sagte sie.«* Die beiden bewerkstelligen im Alleingang die Loslösung von der Lovecraftschen Fantasy, die zwei Jahrzehnte lang oder mehr ihren Einfluß auf
ernsthafte Verfasser von Horror-Literatur in Amerika hatte.
Mathesons Kurzgeschichte wurde vor der Einstellung von Weird Tales veröffentlicht, Finneys Roman erschien ein Jahr
danach bei Dell. Matheson veröffentlichte zwei frühe Kurzgeschichten in Weird Tales, aber keiner der beiden Schriftsteller wird mit dieser Ikone unter den amerikanischen Zeitschriften unheimlicher Literatur in Verbindung gebracht; sie
repräsentieren die Geburt einer fast völlig neuen Schule amerikanischer Schriftsteller des Phantastischen, so wie in den
Jahren 1977—80 die Debüts von Ramsey Campbell und Robert Aickmann in England eine neue bedeutsame Drehung
des Rades repräsentieren könnten.**
    Ich habe darauf hingewiesen, daß Finneys Kurzgeschichte
»TheThird Level« vor Rod Serlings The TwilightZone kam; in
genau derselben Weise kommt Finneys Kleinstadt Santa Mira
vor Straubs fiktivem Ort Milbrun und weist den Weg dorthin
- ebenso zu Thomas Tryons Cornwall Combe, Connecticut,
und meiner eigenen Kleinstadt ‘Salem’s Lot, Maine. Es ist
sogar möglich, Finneys Einfluß in Blattys The Exorcist zu erkennen, wo üble Machenschaften vor dem Hintergrund von
    * Dieses Zitat wurde der deutschen Übersetzung in: Die fünfziger Jahre
l, H. J. Alpers und W. Fuchs (Hrsg.), Köln-Lövenich 1981, entnommen.
(Anm.d.Übers.)
    ** Zur selben Zeit, als Matheson und Finney anfingen, der amerikanischen Phantasie ihre eigene spezielle Schockbehandlung zuteil werden zu lassen, wurde man in der Fantasy-Gemeinde auf Ray Bradbury aufmerksam, und Bradburys Name wurde in den fünfziger und
sechziger Jahren zu dem, der in den Augen der allgemeinen Öffentlichkeit am ehesten mit dem Genre assoziiert wurde. Aber für mich
lebt und arbeitet Bradbury allein in seinem eigenen Land, und sein
bemerkenswert ikonoklastischer Stil wurde nie wirklich erfolgreich
imitiert. Vulgär ausgedruckt, als Gott Ray Bradbury erschaffen hat,
hat er die Gußform zerbrochen.
Georgetown, einem Vorort, der ruhig, wohlhabend und
… nett ist, noch übler werden.
    Finney konzentriert sich darauf, eine Naht zwischen der
prosaischen Realität seiner kleinen

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