Danse Macabre
sogar die Bank of America mehr oder weniger der
Überzeugung waren, daß der Krieg ein gutes Geschäft ist
(aber niemals die eigenen Söhne investieren, solange man die
richtigen Leute einziehen kann; wenn möglich, muß man die
Spics und Nigger und den armen alten Abschaum aus den Appalachen an die Kriegsmaschinerie verfüttern, aber nicht unsere Jungs, oh nein, niemals unsere Jungs!); ich war und bin
der Überzeugung, daß der Tod von Fred Hampton mindestens Totschlag seitens der Polizei war. Aber diese Black Panther sprachen von einem riesigen Regenschirm einer Verschwörung, und das war vollkommen lächerlich …, aber das
Publikum lachte nicht. Während der Frage-und-AntwortZeit stellten sie ernste Fragen darüber, wie genau die Verschwörung funktionierte, wer das Sagen hatte, wie sie ihre
Befehle übermittelten usw.
Schließlich stand ich auf und sagte so etwas wie: »Wollen
Sie wirklich sagen, daß es einen echten Rat der faschistischen
Verschwörung in diesem Land gibt? Daß die Verschwörer die Präsidenten von GM und Esso plus Nelson und David
Rockefeiler - sich möglicherweise in einem riesigen unterirdischen Raum unter der Bonneville -Salztonebene treffen und
Memoranden dabei haben, wie noch mehr Farbige eingezogen werden können und wie man den Krieg in Südostasien
verlängern kann?« Ich schloß mit der Mutmaßung, daß diese
Geschäftsführer möglicherweise mit fliegenden Untertassen
zu ihren unterirdischen Festungen reisten - womit sich die
Zunahme von UFO-Sichtungen ebenso sauber erklären ließ
wie die Eskalation in Vietnam -, als das Publikum wütend anfing zu brüllen und mich aufforderte, mich zu setzen. Was ich
hastig tat und dabei heftig errötete, und mir wurde klar, wie
sich die Exzentriker fühlen müssen, die an Sonntagnachmittagen im Hyde Park auf ihre Seifenkisten klettern. Es war ein
Gefühl, das mir ganz und gar nicht gefiel.
Der Panther, der das Wort ergriff, antwortete nicht auf
meine Frage (die, um ganz ehrlich zu sein, auch gar keine
Frage war); er sagte lediglich ganz leise: »Du hast deine Überraschung bekommen, Mann, was?« Das wurde mit donnerndem Applaus seitens des Publikums begrüßt.
Ich hatte meine Überraschung bekommen - und eine verdammt unangenehme obendrein. Aber einiges Nachdenken
hat mich zu der Überzeugung gebracht, daß es für diejenigen
meiner Generation, die unbesonnen, mit zurückwehenden
Haaren und mit einer Mischung aus Entzücken und Entsetzen durch die sechziger Jahre geweht wurden, von den Kingsmen, die »Louie, Louie« sangen, bis zu den donnernden
Fuzztones der Jefferson Airplane, unmöglich war, von Punkt
A nach Punkt Z zu gelangen, ohne zu glauben, daß irgend jemand - und sei es Nelson Rockefeller - an den Fäden zog.
Ich habe an verschiedenen Stellen in diesem Buch zu erklären versucht, daß die Horror-Geschichte tatsächlich in vieler
Hinsicht eine optimistische, aufmunternde Erfahrung ist;
daß es oft die Methode des zähen Verstandes ist, mit Problemen fertig zu werden, die ganz und gar nicht übernatürlich,
sondern vollkommen real sind. Paranoia mag die letzte und
stärkste Bastion dieses optimistischen Weltbildes sein - der
Verstand schreit auf: -»Etwas Rationales und Begreifliches
geht hier vor! Diese Dinge passieren nicht einfach!«
Also betrachten wir einen Schatten und sagen, da war ein
Mann auf der grasbewachsenen Bergkuppe in Dallas; wir
sagen, daß James Earl Ray in den Diensten eines riesigen Firmenkonglomerats aus dem Süden stand oder möglicherweise
in denen des CIA; wir lassen dabei die Tatsache außer acht,
daß amerikanische Filmkonglomerate innerhalb komplexer
Kreise der Macht existieren, die sich manchmal entgegengesetzt zueinander drehen, und wir behaupten, daß unser dummes und größtenteils gutgemeintes Eingreifen in Vietnam
eine Verschwörung des Militärs und der Rüstungsindustrie
war; oder daß Ayatollah Khomeini, wie kürzlich einige
schlecht gedruckte Plakate mit Druckfehlern behaupteten,
eine Marionette von - Sie haben’s erraten - David Rockefeller ist. Mit unserem endlosen Einfallsreichtum behaupten
wir, daß Captain Mantell 1947 nicht an Sauerstoffverknappung gestorben ist, während er die seltsame Tageslichtspiegelung der Venus verfolgte, die Experten »sundog« nennen;
nein, er verfolgte ein Schiff von einer anderen Welt, das seine
Maschine mit einemTodesstrahl zur Explosion brachte, als er
ihm zu nahe kam.
Es wäre nun aber nicht richtig von mir, Sie mit dem Eindruck ziehen zu lassen, daß wir
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