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Darf ich bleiben, wenn ich leise bin?

Darf ich bleiben, wenn ich leise bin?

Titel: Darf ich bleiben, wenn ich leise bin? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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kommst.«
    »That’s not true.«
    Es traut David nicht, so viel versteht er. Da hält er ihm einfach seine Hand hin und streckt sie unter den Schrank, so weit
     er kann.
    »Ich habe auch keine Angst vor dir.«
    David fühlt es rauweich und feuchtwarm auf seiner Haut. Es ist garantiert die Zunge, womit es gerade über Davids Finger leckt.
     Er lässt seine Hand ruhig liegen. Wieder sagt das Tier etwas, das klingt so seltsam wie eben.
    »If I was quiet, could I stay with you?«
    David nickt und beschließt ihm zu geben, was es haben will. Sie könnten doch Freunde werden.
    Es ruckt unter dem Schrank, zur Sicherheit weicht David hinter das Sofa aus. Da taucht unter dem Schrank eine Schnauze auf
     und David denkt: O Mann, ein kleines Schwein!
    Der Rest steckt unter dem Schrank, das Tier hat sich eingeklemmt. Die Schnauze ist groß, nackt und hell, und ziemlich nass.
     David zuckt zurück, die Schnauze auch.

    Ein ausländisches Schwein! Es wird ihm nichts tun, aber einen Haufen Ärger machen, das ist Davids erster Gedanke.
    Da seufzt es unter dem Schrank.
    »You must help me. Come on and push me out.«
    Der Schrank zittert, das Tier stemmt sich auf. Davids Glasmurmeln in der unteren Schublade klicken aneinander. Es hört sich
     an, als stieße eine müde Fliege gegen das Fenster, die den Ausgang zum Sommer nicht findet.
    Unter dem Schrank stöhnt es heftig.
    »I’m too weak, after the long trip.«
    Allein schafft Schnauze es nicht. David nennt das Tier vorläufig Schnauze.
    Wenn er mehr von ihm sehen will, muss er sich klein machen und hineinquetschen in den schwarzen Spalt und Schnauze von hinten
     nach vorneschieben. David schüttelt sich. Es ist scheußlich, in ein Fell zu greifen, das man nicht kennt.
    Schnauze schnieft und tut David Leid.
    »Sorry, I haven’t got enough power.«
    »Power« hat das Motorrad seines Vaters, das Wort kennt David, seine Mutter redet öfters von einer Frau, die zu viel davon
     hat. Man braucht »Power«, um vorwärts zu kommen; dem Schwein ist sie ausgegangen, so hört sich der Satz für David an.
    »Soll ich dir was zum Essen bringen? Ich kann auch Schokolade besorgen.«
    »Help me! I want to come out.«
    Schnauze klingt einverstanden, David springt auf.
    »Warte, ich bin gleich wieder da.«
    An der Tür dreht er sich um. Schnauze wird nicht abhauen, solange er da unten eingeklemmt ist. David kann sich Zeit lassen,
     er steigt langsam die Treppe hinauf.
     
    Zum Glück ist Benni in sein Zimmer gegangen. Nur Davids Eltern sitzen am Tisch. Sein Vater will, dass alles wieder in Ordnung
     ist. Er zeigt auf die halb volle Schüssel Pudding zwischen den leeren Tellern.
    »Willst du den Rest Nachtisch haben?«
    Was Besseres konnte David nicht passieren. Er nickt und greift danach, Schnauze wird sich freuen.
    »Iss doch bei uns!«
    Seine Mutter fasst ihn am Arm, David entwischt ihrer Hand.
    »Ich gehe lieber runter.«
    Es ist bei Davids Eltern nicht erlaubt, den Teller in sein eigenes Zimmer zu tragen, wenn man nur Hunger hat und keine Lust
     zu reden. Davids Mutter macht selten Ausnahmen.
    »Die Schüssel bleibt hier.«
    Pudding hätte Schnauze garantiert geschmeckt. Davids Mutter macht einem das Leben verdammt schwer, das denkt David oft, auf
     jeden Fall ein Mal am Tag.
    Er stellt die Schüssel zurück auf den Tisch. Weil er eben gebrüllt und die Tür zugeknallt hat, gibt seine Mutter heute auf
     keinen Fall nach.
    Um sie zu versöhnen, verbringt David eine halbe Stunde am Küchentisch und malt ein Bild. Man sieht viel Urwald darauf, vorne
     einen Forscher neben seinem kaputten Jeep und hinten einen Löwen, der hungrig brüllt.
    Fast hätte David Schnauze vergessen, so gut gefällt ihm sein eigenes Bild.
     
    Unter dem Schrank klemmt der Wombat und wartet. Er hat Angst, der Junge ließe ihn hier unten stecken, und er hat schrecklichen
     Hunger.
    Seit zwei Tagen hat er nichts gegessen, auch nichts getrunken. Die Holzleiste schneidet ihm in den Rücken. Er holt tief Luft,
     versucht sich hinauszuschieben und schafft es wieder nicht.
    Wenn der Junge doch nur endlich käme! Er wird ihm nichts tun und ihn nicht fangen. Der Wombat findet ihn nett.
    Im Zimmer ist es sehr warm. Von zu Hause kennt der Wombat nur Sand und Dreck. Er betrachtet den hellen Staub, der langsam
     auf- und niederschwebt, und streckt die Zunge aus. Das Zeug schmeckt fad und trocken.
    Kleine Spielzeugautos liegen verstreut auf dem Boden. Solche Farben hat der Wombat in seiner Heimat nie gesehen.
     
    David kommt lange nicht

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