Darf’s einer mehr sein?
von Neunjährigen sprechen, aber der Vergleich mit Kindern ungefähr dieser Altersgruppe passt sehr gut. Was Kinder in diesem Alter noch brauchen, sind Fürsorge, Nähe, Schutz, aber auch Erziehung durch ihre Eltern.
Labrador-Mix Dexter fühlt sich bei seinem „Papa“ sicher.
Wenn wir von Eltern statt Rudelführern sprechen, geht es uns darum, die intuitive Beziehungskompetenz von Hundebesitzern zu stärken. Denn der Mensch ist als Säugetier mit intensivem Brutpflegeverhalten bestens darauf ausgerichtet, sich fürsorglich und schützend um ein anderes Lebewesen zu kümmern. Schon beim Anblick von Hundewelpen wird mit Oxytocin der gleiche Botenstoff ausgeschüttet, der bei Müttern für den Milchfluss beim Stillen verantwortlich ist. Dieses sogenannte „Bindungshormon“ hat neben der körperlichen vor allem eine psychische Wirkung: Es wirkt stabilisierend auf Beziehungen, sorgt für ein Gefühl des Vertrauens und der Verbundenheit.
Menschen können sehr gut die Elternrolle für ihre Vierbeiner spielen, wenn sie einfach ihren Gefühlen trauen. Gerade in schwierigen Situationen ist der erste Impuls meistens der beste. Wie oft hören wir von Hundebesitzern, dass sie ein ganz schlechtes Gefühl dabei hatten, zuzusehen, wie ihr kleiner Welpe im Spiel mit anderen gemobbt wurde. In der Regel wollten sie ihm dann selbstverständlich helfen, ihm Schutz bieten, ihn auf den Arm nehmen. Doch nur wenige trauen sich, genau das Richtige zu tun, wenn der Trainer als „Experte“ davon abrät. Uns ist es wichtig, dass der Welpe möglichst vom ersten Tag an beim neuen Besitzer kontinuierlich die Erfahrung macht, dass sein Mensch ihn beschützt. Es soll seine Standardstrategie werden, bei Problemen zu seiner Mami oder seinem Papi zu kommen. Sorgen diese immer für eine Lösung und damit ein Erleichterungsgefühl beim Hund, brauchen andere Strategien wie Aggressionsverhalten-Zeigen oder Weglaufen erst gar nicht ausprobiert zu werden. Vielen Verhaltensproblemen könnte so vorgebeugt werden!
Vielen Problemen kann vorgebeugt werden, wenn der Hund seinen Menschen als sichere Anlaufstelle und Beschützer in allen Notsituationen sieht.
Uns ist beim Eltern-Kind-Modell am wichtigsten, dass diese Beziehung nicht durch sozialen Status definiert ist. Stattdessen ist die Elternrolle definiert durch die Übernahme von Verantwortung. Dabei geht es um die Verantwortung für das emotionale und körperliche Wohlbefinden des Hundes, aber auch um die Verantwortung für die Erziehung und das „gute Benehmen“. Auch sehen wir Verhaltensprobleme nicht als Beziehungsprobleme an, wie es die Dominanztheorie impliziert. Dort wird überwiegend mangelnde Führungsstärke des Menschen für das Problem des Hundes verantwortlich gemacht. Aus unserer Sicht sind meist konkrete, situationsbezogene Erregungszustände das Problem, die ziemlich wenig damit zu tun haben, ob der Hund im Bett schläft oder im Körbchen.
Genau wie Kinder sind Hunde abhängig von der Bindung an die Eltern. Doch während Kinder irgendwann erwachsen und selbstständig werden, bleiben Hunde ihr Leben lang abhängig. Sie lernen zwar ständig dazu, brauchen aber auch als erwachsene Vierbeiner weiterhin unsere Nähe und Fürsorge. Gute Hundeeltern zeichnen sich unserer Meinung nach dadurch aus, dass sie eine liebevolle, enge Bindung zu ihrem Hund aufbauen und einen verlässlichen Umgangsstil praktizieren. Dieser sollte in etwa zu 97 Prozent positiv geprägt sein, mit 3 Prozent Bereitschaft zu negativen Konsequenzen, wenn diese nötig werden. Grenzen sollten nicht aufgrund von Prinzipien gesetzt werden, sondern dort, wo sie sinnvoll und erforderlich sind. Nicht alles ist erlaubt, aber was verboten ist, ergibt sich aus individuellen Ansichten, Lebensbedingungen und den Grenzen des Besitzers. Jede Familie hat eben ihre eigenen Regeln, bei der einen werden die Schuhe an der Haustür ausgezogen, bei der anderen darf man auch mit Gummistiefeln bis ins Bad.
Pfoten abwischen und Schuhe ausziehen – jede Familie hat ihre eigenen Regeln, die nicht auf einer bestimmten Erziehungsphilosophie beruhen müssen.
Wie schon erwähnt, übernehmen Hundeeltern auf zwei Ebenen Verantwortung. Zum einen müssen sie dafür sorgen, dass die Bedürfnisse ihrer Hunde befriedigt werden. Zum anderen sind sie, frei nach dem Motto „Eltern haften für ihre Kinder“, verantwortlich für deren Verhalten. Aus unserer Sicht besteht der elterliche Erziehungsauftrag vor allem
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