Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)
hindurch, wobei die Gefährten zwar von dem ganzen Ruß gereinigt, aber dafür von der auf sie niederstürzenden Flut beinahe erschlagen wurden. Auf der andern Seite des peitschenden Wasservorhangs angekommen, überquerte der Drache mit kurzen, kräftigen Stößen den See und wälzte sich schwerfällig auf den Kiesstrand, wo die Jugendlichen an Land sprangen, um ihre Umhänge und die zurückgelassenen Rucksäcke wieder an sich zu nehmen.
Kataras Pferd bäumte sich auf, als es den riesigen zweiköpfigen Drachen aus dem Wasser steigen sah, und ergriff panikartig die Flucht. Katara versuchte den Fuchs zurückzupfeifen, was ihr aber nicht gelang. Das Pferd stob wiehernd davon und war nicht mehr zur Umkehr zu bewegen.
«Aresco!», schrie Katara hinter ihm her. «Komm zurück!»
Joash klopfte ihr auf die Schulter. «Sieh es positiv, ey! Der Drache hätte deinen Gaul bestimmt aufgefressen.»
Nayati trabte auf Miro zu und tänzelte beunruhigt vor ihm hin und her.
Ihr müsst euch beeilen, mein Junge!, rief er ihm zu . Ich rieche Soldaten! Sie marschieren das Tal herauf!
Bei Shaíria, stammelte Miro und ließ fast instinktiv die Tränen des Lichts unter seinem Hemd verschwinden. Wie viel Zeit haben wir noch?
Nicht mehr viel, antwortete der Wolf . Aber ich habe Hilfe angefordert, als ihr in der Höhle wart. Sie sollte jeden Moment eintreffen.
Du hast Hilfe angefordert? Wie? Von wem?
Steigt auf den Drachen! Ihr dürft keine Zeit mehr verlieren!
Miro warf sich hastig die Tasche mit dem Buch der Prophetie über die Schulter und wandte sich seinen Freunden zu. «Nayati sagt, die Sicherheitsgarde komme direkt auf uns zu. Wir müssen los!»
Eilends schnappten sich die Gefährten ihre Sachen und wollten sich eben wieder an den blaugrünen Schuppen des Drachens hochziehen, als mitten unter ihnen aus dem totalen Nichts ein Mann auftauchte: Er sah aus wie ein Landstreicher, trug löchrige Schuhe, ein zerrissenes Hemd, fingerlose Handschuhe, einen weiten, übergroßen Mantel, hatte einen Stoppelbart und war kahlköpfig. Die Jugendlichen erkannten ihn auf Anhieb:
Es war der Mann, der sie in Dark City vor Drakars Soldaten gerettet hatte. Es war Sheldon!
62
«Sheldon?», rief Miro überrascht.
«Vater?», flüsterte Sihana, und augenblicklich spürte sie ein Hämmern in ihrer Brust. «Bist du das, Vater?»
Sie hatte das Gefühl, ihr Herz würde gleich explodieren. Verwirrt und mit wackeligen Knien stand sie vor ihm. Für ein paar Sekunden starrte sie ihn einfach nur an, und eine Hitzewelle durchflutete ihren Körper.
«Sihana», murmelte ihr Vater und streckte seine Hand nach ihr aus. Sie erkannte seine Stimme augenblicklich.
Er ist es! , durchfuhr es sie, und es wurde ihr heiß und kalt zugleich. Er ist zurückgekehrt! Er ist es!
Sheldon berührte zärtlich ihre Wange und lächelte. «Bist so … so hübsch geworden, mein Kind.»
Sihana lächelte zurück. Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals. «Ich hab dich so vermisst, Vater!», sagte sie, und eine Träne kullerte über ihre Wange. Dann warf sie sich ihrem Vater stürmisch in die Arme und begann vor Freude zu weinen.
«Ich wusste, dass ich dich wiedersehen werde! Ich wusste es!», schluchzte sie. «Oh Vater! Wie hast du uns gefunden?»
«Der Mantel hat mich zu euch geführt», erklärte er.
«Ich hab die Hoffnung nie aufgegeben, Vater», weinte sie.
Vater und Tochter lagen sich in den Armen und vergaßen die Welt um sich herum. Miro, Joash, Katara, Aliyah und Nayati standen daneben und wagten es nicht, ihr Wiedersehen zu unterbrechen, obwohl sie wussten, dass die Zeit drängte. Zions Drachenkopf neigte sich mit gierigem Blick zu den Jugendlichen hinunter. Er schnupperte an Sheldon, der ihm aber keinerlei Beachtung schenkte.
«Gehörrrt derrr zu euch, oderrr darrrf ich ihn auffrrressen?»
«Zion! Beherrsche dich gefälligst!», schnatterte Zilia von oben herab. «Krallen weg! Du siehst doch, dass sie sich kennen.»
«Hrrmm», grollte Zion und ließ seinen Kopf wieder in die Höhe wandern.
Sheldon küsste Sihana auf die Stirn und fuhr ihr mit zittrigen Fingern durch ihr blondes Haar. «Hab jeden Tag an dich gedacht», raunte er und hielt seine Tochter fest umschlungen. «Und an Elkor und … Mona. Geht es ihnen gut?»
«Ja, es geht ihnen gut.»
«Sind sie … mir böse, dass ich … gegangen bin?»
«Nein», hauchte Sihana, «niemand ist dir böse.»
«Musste tun, was ich … tun musste», flüsterte er und drückte Sihana an seine Brust, als wolle er sie nie
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