Dark Desires: Im Bann der Unsterblichkeit
neuen Viertel rund um den Victoria Harbour. Statt Promenaden und gläserner Bürotürme wechselten sich hier hässliche Lagerhauskomplexe mit Containerstellflächen ab. Der Verkehr bestand hauptsächlich aus Trucks, die mit Stahlboxen beladen über die Straße donnerten.
Vor der nächsten Brücke bog Dashiell rechts in die Sims Street ein, an deren Ende das Gebäude stand, in dem sich ihre Artgenossin verstecken sollte. Falls sie dort war, würde sie inzwischen hoffentlich schlafen.
Dashiell bemühte sich, den Gedanken an Schlaf zu verdrängen. Bis zu zwei Stunden nach Sonnenaufgang konnte er locker durchhalten. Solange sie ein hübsches dunkles Plätzchen fanden und er den verfluchten Himmel nicht sah.
Dass Devon es schaffen konnte, manchmal bis zum Nachmittag wachzubleiben, war beneidenswert. In ein oder zwei Jahrhunderten würde Dashiell vielleicht ebenfalls dorthin kommen. Falls er diesen Tag überlebte.
„Halte hier an“, sagte Devon vom Beifahrersitz aus.
Dashiell nickte und fuhr an den Straßenrand.
Devon öffnete die Sporttasche, holte einen der Kanister heraus und trank aus ihm in tiefen Zügen. Der Geruch des Blutes löste ein kaum zu ertragendes Verlangen in Dashiell aus. Während er ungeduldig wartete, bis er dran war, fiel sein Blick auf zwei Männer, die auf der anderen Straßenseite an einem Truck lehnten und sich unterhielten. Ihre Auren konnte er nicht mehr sehen. Stattdessen nahm er ein kaum merkliches Flimmern wahr, wie bei einer Fata Morgana. Die Stimmen der Männer drangen wie durch einen Wattefilter zu ihm herüber. Er streckte die Finger der rechten Hand und schloss sie wieder um das Lenkrad. Es fühlte sich an, als wären unsichtbare Gummifäden an den Gelenken befestigt. Es würde schlimmer werden. Das Blut konnte den Effekt nur verzögern. Er würde bald mehr brauchen.
Endlich reichte Devon ihm den Kanister. Dashiell trank gierig. Mit jedem Schluck spürte er seine Sinne zurückkehren. Die Müdigkeit rückte in den Hintergrund. Jetzt konnte er die Stimmen der beiden Männer klar verstehen. Sie fachsimpelten über Motoren. Dashiell nahm einen letzten großen Schluck und reichte Devon den Kanister zurück.
Das Gebäude lag zur Wasserseite hin. Es wurde zum Teil von einer ebenfalls leer stehenden Lagerhalle verdeckt. Dashiell hielt in einigem Abstand zu dem umzäunten Gelände, unter einem der wenigen Bäume im Umkreis. In diesem Abschnitt der Straße gab es keinen Verkehr und auf den umgebenden Grundstücken waren keine Bewegungen zu sehen. Sie würden hoffentlich ungestört bleiben.
Devon öffnete erneut die Sporttasche und reichte ihm ein flaches Etui, in dem zwei silbern glänzende Metallpflöcke lagen, und ein langes Messer in einer Lederscheide. Dashiell nahm beides entgegen, verbarg das Messer unter der Jacke und befestigte das Etui an seinem Gürtel. Es machte ihn nervös, das Silber so nahe am Körper zu haben. Nachdem Devon sich auf dieselbe Weise bewaffnet hatte, verstaute er die Sporttasche unter dem Beifahrersitz, setzte seine Sonnenbrille auf und stieg aus. Dashiell folgte ihm. Sobald er im Freien war, begann sein Gesicht unangenehm zu prickeln. Die Sonnenbrille und die Schirmmütze hielten das Morgenlicht ab, trotzdem kniff er die Augen zusammen. Zehn Minuten, vielleicht fünfzehn und die Sonne würde aufgegangen sein.
Er drängte die Besorgnis beiseite und folgte Devon zum Gelände. Den hohen Zaun überwanden sie mühelos mit einem Sprung und liefen anschließend über die ungeschützte Rangierfläche in den Schatten der Lagerhalle. Dort sahen sie, dass das Gebäude im zweiten Stockwerk durch einen breiten Metallsteg mit einem weiteren Gebäude verbunden war.
Dashiell konnte die Nähe der Vampirin nicht spüren, aber nach Devons Blick zu urteilen, waren sie hier richtig.
Schließlich hob Devon drei Finger. Drei Vampire.
Sie gingen um das Gebäude herum und fanden auf der Wasserseite eine Verladerampe. Das Rolltor war verschlossen, ebenso die einzige Seitentür. Unter einem Haufen Metallschrott entdeckten sie die Oberseite eines herabgesenkten Lastenaufzugs und dahinter eine Luke. Devon zog probeweise am Griff der Luke. Sie war nicht verriegelt. Inzwischen konnte Dashiell vage die Nähe ihrer Artgenossen spüren. Hoffentlich schliefen die drei. Er konnte nicht einschätzen, wie nervös Mai-Li die Abwesenheit ihrer Schwester machte. Würde sie länger wach bleiben, um auf Soonys Rückkehr zu warten? Selbst einem sehr jungen Vampir gelang es, dem Schlaf für eine
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