Dark one 01 - Blind Date mit einem Vampir-neu-ok-06.12.11
Martin zu diesem Thema
ausholen konnte. „Meine Freundin interessiert sich für die Folklore dieser
Region, die sehr reich an altem Brauchtum und volkstümlichen Überlieferungen
sein soll.“
„Ja, das ist
sie allerdings“, antwortete Holly für Martin. „Sehr reich. Sie müssen wissen,
dass Mähren jahrhundertelang ein eigenständiges Reich war und eine
faszinierende Geschichte hat. Viele Elemente des Volksglaubens haben ihren
Ursprung in finsteren Zeiten.“
Sie musste
die Blicke bemerkt haben, die Roxy und ich wechselten, denn sie lachte und
erklärte: „Ich habe einen Magister in Osteuropäischer Geschichte.
So habe ich
Martin kennengelernt - ich studierte an der Universität von Ostrava, als er
seinen Abschluss in Metallurgie gemacht hat. Diese Region ist eine wahre
Fundgrube für folkloristisch Interessierte.
Hier gibt es
alles, von alten Rittersagen bis hin zu den klassischen Märchen mit
Prinzessinnen und verwunschenen Prinzen.“
„Faszinierend“,
sagte Roxy und beugte sich vor.
„Darüber
wüsste ich gern mehr. Das mit dem Ursprung in finsteren Zeiten klingt ja
spannend - meinen Sie Horrorgeschichten? Von Hexenverbrennungen und so weiter?“
„Oh nein, da
muss man noch weiter zurückgehen“, sagte Holly lachend.
„Angeblich -
aber das ist nur ein alter Volksglaube - steht diese Region gleich hinter
Transsilvanien an zweiter Stelle, was übernatürliche Wesen angeht.
Vampire und
Totenbeschwörer, Geheimbünde, die Blutopfer darbringen, Gestaltwandler,
verfluchte Familien, jahrhundertealte Fehden zwischen Familien mit scheinbar
diabolischen Kräften und so weiter.“
„Blödsinn“,
schnaubte Martin und zog eine Prager Zeitung aus der Tasche.
„Ich bin
dreißig Kilometer weiter aufgewachsen und diese Geschichten wurden doch nur
erzählt, damit kleine Kinder nicht allein im Dunklen durch den Wald laufen.“
„Ja,
natürlich, alles Blödsinn.“ Ich strahlte die beiden an und zwickte Roxy in den
Arm, um zu verhindern, dass sie etwas anderes sagte. Sie sah mich wütend an und
rieb sich die schmerzende Stelle, hielt aber den Mund, während ich das Gespräch
auf weniger interessante Themen lenkte.
Eine Stunde
später erreichten wir unser Ziel, das
„lebendige
Marktstädtchen Blansko“, wie der Reiseführer es nannte. Ich sah mich neugierig
um.
„So lebendig
ist es nun auch wieder nicht“, bemerkte Roxy missmutig, warf sich den Tragegurt
ihrer Reisetasche über die Schulter und griff nach den anderen beiden Taschen.
„Hier ist ja so gut wie gar nichts los! Es gibt nicht mal einen Gepäckträger
oder sonst irgendjemand, den man bestechen könnte, damit er unser Zeug
schleppt. Wo sind wir hier nur gelandet?“
„Du hast es
so gewollt, meine Liebe, also hör auf zu jammern! Wenn du nicht darauf beharrt
hättest, drei Taschen mitzunehmen, brauchtest du jetzt niemanden, der dir
deinen Krempel hinterherträgt.“
Glücklicherweise
gab es ein Taxi in dem Städtchen, doch das war gerade mit jemand anderem
unterwegs. Ich sprach ein paar Minuten mit dem Bahnhofsvorsteher, so gut es
mein Highschool-Deutsch erlaubte, dann ging ich wieder zu Roxy, die am
Taxistand auf ihrem Gepäckberg saß. Sie stand auf, um sich die Plakate an der
Bahnhofsmauer anzusehen: Kneipenkonzerte örtlicher Bands, Gebäudereinigungsfirmen,
Führungen durch die diversen Höhlen und so weiter.
„Honza, der
Bahnhofsvorsteher, hat gesagt, das Taxi ist in fünfzehn Minuten wieder da. Wenn
wir hier warten und uns eng aneinanderkuscheln, dann brauchen wir das Gepäck
nicht den ganzen Berg hochzuschleppen. Brrr, ziemlich kalt hier draußen, nicht.
.“
„Oh mein
Gott! Joy, komm her!“
„Was ist?“
Roxy hüpfte
aufgeregt auf der Stelle und winkte mich zu sich. Ihr Atem bildete weiße
Wölkchen vor ihrem Mund. „Das wirst du nicht glauben! Guck doch mal! Komm her
und lies das hier und sag mir, dass Miranda das nicht vorausgesehen hat!“
„Was ist
denn?“, fragte ich wieder und näherte mich misstrauisch einem großen
schwarz-roten Plakat.
„Es hat doch
wohl nichts mit irren Axtmördern zu tun, oder?“
„Jetzt komm
schon und lies das! Ach, wie herrlich!
Da werden
wir was erleben!“ Sie drehte sich vor Begeisterung im Kreis, dass die Fransen
an ihrer Jacke nur so flogen.
„Ich wusste
es, ich wusste es!“, sang sie vor sich hin. Ich schaute mich verstohlen um und
hoffte, dass uns niemand zusah. Ich war bereit, mich sofort von Roxy zu
distanzieren, wenn sie sich mitten in einem fremden Land weiter wie
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