Dark one 01 - Blind Date mit einem Vampir-neu-ok-06.12.11
hoch. Und
obwohl ich fest entschlossen war, mich von den Ereignissen des Abends nicht
kirre machen zu lassen, beschlich mich ein ungutes Gefühl.
An Mirandas
Prophezeiung war nichts dran, nicht das Geringste, sagte ich mir. Zumindest
nichts, was eine normale, bodenständige Frau von durchschnittlicher Intelligenz
als real anerkennen würde.
Aber warum
hatte ich dann das Gefühl, ganz langsam und unaufhaltsam in einen schwarzen
Abgrund gezogen zu werden, aus dem es kein Entrinnen gab?
3
„Welche
Sehenswürdigkeiten rund um Blansko können Sie uns denn empfehlen?“
„Oh, es gibt
viele tolle touristische Ausflugsziele“, entgegnete der groß gewachsene Mann,
der uns im Zug von Brno nach Norden gegenübersaß, und rückte seine Brille
zurecht. „Da ist natürlich der Mährische Karst mit seinen Höhlen: Die
Katharinahöhle, die Sloup-Sosuvske-Höhlen und die Balcarka-Höhle sind die bekannteren
von ihnen. Und die Macocha-Schlucht sollte man sich nicht entgehen lassen. Sie
ist 138 Meter tief, wissen Sie?“
Das wusste
ich natürlich nicht. Genau aus diesem Grund versuchte ich ja auch, diesem Mann,
einem ehemaligen tschechischen Staatsbürger, der zur Hochzeit seines Bruders in
die Heimat zurückgekehrt und des Englischen mächtig war, Informationen über die
Region zu entlocken.
Roxy sah von
ihrem Book-of-Secrets-Roman auf, den ich vor der Reise selbst noch
einmal heimlich gelesen hatte -heimlich, weil ich nicht wollte, dass Roxy auf
die Idee kam, ich würde das fiktionale Werk ebenso wie sie für einen
Reiseführer halten.
„Eine
Schlucht? Da gibt es eine Schlucht? Ist sie finster und geheimnisvoll und
unendlich tief? Und sind da unten vielleicht Dinge verborgen, von denen wir nie
erfahren werden, weil bisher noch nie einer von dort wiedergekommen ist?“
„Ignorieren
Sie sie einfach“, sagte ich zu dem Mann und seiner Begleiterin.
„Sie liest
keine Reiseführer, sie lässt sich lieber überraschen.“ Ich nahm mein Buch über
die Region zur Hand und blätterte darin, bis ich die Schlucht fand.
„Die
Macocha-Schlucht ist eine berühmte geologische Formation“, erklärte ich Roxy,
„und wie man auf dem Bild sieht, ist sie kein bisschen finster und
geheimnisvoll. Es gibt einen Pfad, auf dem man hinunterwandern kann bis zur
Punkva-Höhle.“
„Oh“, sagte
Roxy enttäuscht. Sie schaute aus dem Fenster und betrachtete die waldreiche
Landschaft, die immer bergiger wurde, je weiter wir Richtung Blansko ins
mittelmährische Hügelland vordrangen.
Weil ich
vorher in die Karte geschaut hatte, wusste ich, dass das Drahaner Schloss in
der Nähe von Blansko irgendwo in den mährischen Wäldern versteckt war.
„Höhlen sind
cool, aber was hatten Sie gerade noch erwähnt?“, fragte ich. Der Mann sah mich
verwirrt an.
„Ich glaube,
sie will wissen, was ein Karst ist, Martin.“
Ich nickte
Martins Frau zu, einer lebhaften blonden Amerikanerin namens Holly. „Ja, genau!
Ich habe keine Ahnung, was ein Karst ist.“
„Ah“, machte
Martin lächelnd und rieb sich die Hände. Wie sich herausstellte, hatte ich
genau den Richtigen gefragt, denn Martin war Geophysiker, und er erzählte mir
mehr über die Schluchten, Klüfte und über vierhundert kleinen und großen Höhlen
in dieser Region, als ich eigentlich wissen wollte.
Selbst Roxy
hörte auf zu lesen und lauschte aufmerksam, als er einige der spektakulärsten
Höhlen beschrieb, durch die unterirdische Flüsse führten.
Ich suchte
in meinem Reiseführer nach Informationen über die Höhlen, die für Besucher
geöffnet waren.
„Interessant.“
Ich versuchte lächelnd, den Informationsfluss über die biochemische
Zusammensetzung von Kalkstein und ihre Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel
zu stoppen.
„Was ist mit
dem Schloss?“, wollte Roxy wissen.
„Ach ja, das
Schloss. Drahany heißt es. Sehr beeindruckend, aber leider nicht öffentlich
zugänglich, denn es ist in Privatbesitz. Doch die Gärten sind sehr hübsch und
das ganze Jahr geöffnet. Die sollten Sie sich ansehen, denn die Skulpturen
darin sind von Schweigl.“
Ich riss
beeindruckt die Augen auf - nach dem Motto: „Nein! Sagen Sie bloß!
Von
Schweigl?“ - und hoffte, dass unsere unerschöpfliche Informationsquelle sich
nicht auch noch über die chemische Zusammensetzung des Erdreichs in den mit
Schweigl-Skulpturen geschmückten Gärten ausließ.
„Das Schloss
selbst ist natürlich aus Kalkstein.“
„Natürlich“,
sagte ich rasch und ging zur nächsten Frage über, bevor
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