Dark one 04 - Vampir im Schottenrock-neu-ok-07.12.11
hatte.
„Erklär mir
doch bitte noch mal, warum wir das ausgerechnet hier in der Butterfly World machen“,
sagte Jake, als ich den Eintritt für uns beide bezahlte (Wahrsager legen nicht
zur Reinigung ihrer Seele ein Armutsgelübde ab, sondern damit sie nicht in
Versuchung geführt werden, zur persönlichen Bereicherung materielle Güter
aufzuspüren). Er sah sich interessiert die Broschüre an, die uns zusammen mit
den Eintrittskarten ausgehändigt wurde. „Haben wir denn auch Zeit, uns die
Pfeilgiftfrösche und den Königspython anzugucken?“
„Wenn du
brav bist, ja. Und wir sind hier, weil das der sonnigste, wärmste Ort in ganz
Edinburgh ist - dank der starken Tageslichtscheinwerfer. Ich glaube, dass
dieses tropische Paradies für unsere Zwecke bestens geeignet ist“, sagte ich
und schaute auf den großen Plan am Eingang. „Hoffentlich finden wir hier
irgendwo ein ruhiges Plätzchen, wo uns keiner stört.“
Jake folgte
mir in einen Glasbau, der aussah wie ein gigantisches Gewächshaus, und begann
in seiner Broschüre zu schmökern. „Wusstest du, dass ein Schmetterling eine
Lebenserwartung von im Schnitt nur zwei Wochen hat? Es gibt allerdings eine
Art, die bis zu zehn Monate lebt, das sind die Zebra-Schmetterlinge.“
„Faszinierend.“
Etwas verwirrt von dem bunten Geflatter ringsum, blieb ich kurz stehen, um mich
zu orientieren. Es waren bestimmt zwei- bis dreihundert verschiedene
Schmetterlingsarten - manche leuchtend bunt, andere in Tarnfarben -, die den
Besuchern um die Köpfe schwirrten. In der warmen, feuchten Luft lag der Geruch
von Erde und der viel zu intensive, süße Duft von Blumen. Mir brach fast
augenblicklich der Schweiß aus. „Sieh mal, das Eckchen hinter der Palmengruppe
da hinten, neben der großen Maschine, da geht anscheinend niemand hin.“
„Wahrscheinlich,
weil man da nicht hingehen darf“, entgegnete Jake, als ich über die Absperrung
sprang.
„Ja, ja. Ich
mache schon nichts kaputt. Ich brauche doch nur ein bisschen Ruhe.“
Zum Glück
beanspruchte eine Schulklasse die gesamte Aufmerksamkeit der Aufseher, und wir
konnten uns unbemerkt in die Ecke hinter der Palmengruppe zurückziehen. Ich
nahm eine Decke aus meiner Tasche, breitete sie auf dem feuchten Boden aus und
schaute kurz zu dem Scheinwerfer hoch, der auf uns herabstrahlte. Er allein
hätte nicht genügt, aber draußen schien die Sonne, und die Kombination aus
künstlichem und echtem Sonnenlicht reichte zur Versorgung meiner Elfenzellen
völlig aus.
„Also, wenn
du dich da hinsetzt - Achtung, der Schmetterling! - und ich mir es hier bequem
mache, dann kann uns vom Weg aus niemand sehen.“ Jake ließ sich im
Schneidersitz auf der Decke nieder und sah mich erwartungsvoll an.
Ich setzte
mich an die sonnigste Stelle, nahm einen Lederbeutel aus der Tasche und holte
vorsichtig meine schwarze Schüssel und eine kleine Flasche mit Quellwasser
heraus. Ich hielt die Schüssel in die Sonne, schloss die Augen, nahm die warmen
Strahlen in mich auf und ließ sie mit meinem Wesen verschmelzen, bis mein
Inneres nur noch aus hellem, strahlendem Licht bestand. Ich konzentrierte mich
und ließ dieses Licht in den schwarzen Abgrund der Schüssel in meinen Händen
strömen.
Was, in
Gottes Namen, tust du da?, ertönte es erschrocken und etwas panisch.
Paen?
Was
machst du mit mir? Lass das! Hör auf, mich mit diesem verdammten Licht zu quälen!
Das tue
ich doch gar nicht! Ich lade nur meine Schüssel auf.
Das
denkst du vielleicht, aber du blendest mich derart, dass ich fast nichts mehr
sehen kann!
Erzähl
doch keinen Unsinn. Wie sollte das Licht, mit dem ich meine Schüssel... Hey!
Du
sprichst ja mit mir!
Es gab eine
lange Pause, bevor ich Paen resigniert seufzen hörte.
Wo bist
du?
Butterfly
World. Warum?
Ich
komme, so schnell ich kann.
Du kannst
natürlich gern zusehen, aber du musst nicht unbedingt kommen. Ich habe meinen
Wahrsagerfreund Jake mitgenommen, und er passt auf, dass ich die Touristen hier
nicht in eine andere Dimension verschleppe.
Paen seufzte
erneut.
Das war
ein Witz! Im Ernst, du musst nicht...
Ich
komme. Fang nicht ohne mich an!
Als Paen
sich aus meinem Bewusstsein zurückzog, verspürte ich ein Gefühl des Verlusts. „So
ein Mist!“
„Hä?“,
machte Jake, der mich immer noch erwartungsvoll ansah.
„Ein Klient
will mir dabei zuschauen“, erklärte ich und ließ die Schüssel in den Schoß
sinken.
„Warum hast
du das nicht gesagt, bevor du mich hierher geschleift hast?“ Jake stand
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