Dark one 04 - Vampir im Schottenrock-neu-ok-07.12.11
dachte schon, du tauchst vor zwölf gar nicht auf, sagte ich lächelnd zu
Clare, als sie am nächsten Tag mit einem bunten Blumenstrauß in der Hand ins
Büro gerauscht kam.
„Natürlich
bin ich da! Wo soll ich denn sonst sein?“ Sie entsorgte die Reste der Blumen,
deren Blüten sie am Vortag fast komplett aufgegessen hatte, und ging mit der
Vase den Korridor hinunter, um frisches Wasser zu holen.
„Na ja,
nachdem du mit Finn die ganze Nacht aktiv warst, überrascht es mich, dass du
überhaupt gekommen bist“, sagte ich, als sie zurückkehrte.
„Pffff’,
machte sie und stellte den Blumenstrauß in die Vase. „Du bist ja nur neidisch,
weil dein Lover abgehauen ist.“
„Ich habe
keinen Lover. Paen ist kein Lover, er ist unser Klient. Ich gebe ja zu, dass da
was läuft, aber das ist nichts Ernstes.“
„Sagst du!
Und was hast du heute Morgen schon alles gemacht, meine fleißige Cousine?“
Ich warf
eine Mappe auf ihren Schreibtisch, reckte mich und schaute aus dem Fenster. Zur
Abwechslung schien mal die Sonne. „Eine ganze Menge. Als Erstes war ich heute
Morgen kurz bei Owen Race, den du vor deinem Treffen mit dem mysteriösen Hehler
ja nicht mehr aufgesucht hast. Ich wollte herausfinden, was das Haus über
dieses Manuskript weiß, aber dabei ist nichts herausgekommen.“
Clare warf
mir einen entschuldigenden Blick zu und begann den Bericht durchzublättern, den
ich für sie ausgedruckt hatte. „Gar nichts?“, fragte sie.
„Nein, das
Haus hat sich zwar an ein Manuskript erinnert, aber die Erinnerung war
verschwommen, als läge das alles schon sehr lange zurück.
Die
Haushälterin hat mir erlaubt, mich ein bisschen umzusehen, aber mehr konnte ich
nicht in Erfahrung bringen. Ich habe allerdings den Namen der
Antiquitätenschätzer bekommen, die sich vor ein paar Jahren mit der Sammlung
von Race befasst haben. Ich wollte eigentlich gerade zu ihrem Büro fahren und
sie überreden, mir einen Blick in das Gutachten zu dem Manuskript zu gewähren,
aber wenn du nichts anderes vorhast, könntest du das vielleicht erledigen,
während ich den hiesigen Magier-Experten besuche.“
„Magier?“
Clare zog die Nase kraus. „Warum um Himmels willen willst du mit jemandem über
Magier reden?“, fragte sie, während ich meine Tasche und meine Jacke holte.
„Lies den
zweiten Bericht! Während du den halben Morgen mit Finn im Bett rumgemacht hast,
habe ich eine kleine Information über die Jilin-Statue an Land gezogen. Sie ist
offenbar älter, als ich dachte - und hat eine mystische Geschichte. Es gibt
nicht viel darüber -“
„Das kannst
du laut sagen“, fiel Clare mir ins Wort. „Ich habe drei Tage lang recherchiert
und nicht einmal eine vernünftige Beschreibung gefunden.“
„Ich dagegen
habe einen Hinweis auf einen Magier gefunden, in dessen Besitz sie angeblich
gewesen ist, bevor sie verschwand. Das ist nichts Tolles, aber es ist die
einzige Spur, die ich habe - falls sich nichts Neues ergibt, wenn ich meine
Schüssel befrage.“
Clare riss
die Augen auf. „Das wirst du doch nicht wirklich tun, oder?“
„Jetzt sieh
mich nicht so verschreckt an! Ich habe dir doch gesagt, dass ich damals alles
unter Kontrolle hatte“, beschwichtigte ich sie.
„Aber zu
deiner Beruhigung: Jake wird dabei sein, wenn ich es versuche.
Sicherheitshalber.“
„Oh Sam, ich
wünschte, du würdest ...“
Ich hörte
ihr geduldig zu, bis sie alles losgeworden war, was sie zu sagen hatte (es gibt
nichts Mitleiderregenderes als eine verzweifelte Fee), aber ausreden ließ ich
mir mein Vorhaben natürlich nicht. Ich gab jedoch zu, dass ihre Sorge nicht
ganz unbegründet war, und schwor ihr, vorsichtig zu sein und meine Schüssel
nicht ohne Aufpasser anzurühren. „Jake wird mir helfen“, versicherte ich ihr
noch einmal, bevor ich das Büro verließ.
„Hoffentlich
kann er das“, entgegnete sie bedrückt.
Ich eilte
die Treppe hinunter und war bereits halb über die Straße, als Clare mir vom
Fenster aus hinterherrief: „Und was ist mit der Vogelstatue in Milas Tresor?
Ich dachte, wir wollten sie uns ansehen?“
„Später!“
Ich fuchtelte wie wild mit den Händen, um Clare zum Schweigen zu bringen, und
sah mich verstohlen auf der belebten Straße um. Niemand schien uns zu beachten,
aber das musste nichts heißen: Man konnte nie wissen, wer gerade interessiert
seine Lauscher aufsperrte.
Der
Magier-Experte wohnte in der Cockburn Street, in einer sehr schicken Gegend mit
vielen Cafes, exklusiven Geschäften und
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