Dark one 04 - Vampir im Schottenrock-neu-ok-07.12.11
durchbrechen, um ins Jenseits zu gelangen. Ich hatte gehofft, du könntest
mit mir verschmelzen und mich dadurch hier herausholen. Das wäre praktisch
das Gegenteil von dem, was ich vorhin mit dir gemacht habe.
Vielleicht
werde ich dann aber auch in dieses Netz gezogen.
Stimmt.
Ich zögerte,
weil es mir schwerfiel, ihn um irgendetwas zu bitten, aber ich sah keine andere
Möglichkeit. Ich saß schon seit ein paar Stunden fest und hatte mit allen mir
zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, mich zu befreien, doch es hatte alles
nichts genützt.
Kannst du
mir helfen? Bitte!
Er
antwortete nicht, aber ich spürte es sofort, als er mit mir eins wurde und wir
uns wie zwei kleine Quecksilbertropfen zu einem großen vereinten. Ich fühlte
alles, was er fühlte, und wusste, was er dachte.
Das Gleiche
galt umgekehrt für ihn.
Er musste
also wissen, dass ich es zu umgehen versuchte, mich dem Strudel von Gefühlen in
meinem Inneren zu stellen, einer Mischung aus Liebe, Wut und Schmerz. Aber er
sagte nichts, als ich durch die Verschmelzung in die Wirklichkeit zurückgeholt
wurde und wir wieder zu zwei eigenständigen Wesen wurden.
Ich fand
mich am Fenster meines Büros wieder und blinzelte in die helle
Nachmittagssonne, die mich mit ihren warmen Strahlen verwöhnte.
Danke, Paen. Ich bin dir wirklich sehr dankbar.
Ich
möchte mit dir über das reden, was passiert ist.
Tut mir
leid, keine Zeit. Ich hob noch eine Menge zu tun, jemanden verfluchen
und so weiter.
Was?
Nichts.
Noch ein kleiner Witz.
Sam ...
Ich muss
jetzt Schluss machen. Wir sehen uns später zum Abendessen. Bis dann!
Ich bin
doch gleich da ...
La, la,
la, ich halte mir die Ohren zu und kann dich nicht hören!
Du hörst
mich doch gar nicht mit den Ohren! Ich bin in weniger als zwanzig Sekunden
bei dir im Büro, und dann reden wir.
Es fiel mir
nicht leicht, ihn aus meinem Bewusstsein auszusperren, aber ich schaffte es.
Ich verließ das Haus durch den Vordereingang, um Paen nicht in die Arme zu
laufen, und meine Seele weinte blutige Tränen des Schmerzes. Die salzigen
schössen mir kurz darauf in die Augen, als ich im Haus der Divination eintraf
und feststellte, dass der Schuhkarton in meiner Tasche leer war.
„Sam? Bist
du okay?“, fragte Jake, als ich wie betäubt in die Schachtel starrte.
„Nein, ich
bin überhaupt nicht okay. Ich bin so weit von okay entfernt, wie man nur davon
entfernt sein kann, wenn man nicht schon tot ist.
Gottverdammt,
Jake! Jemand hat mir die Statue geklaut!“
Er sah mich
prüfend an. „Nach dem, was du mir über diesen schießwütigen Pilar erzählt hast,
hätte ich gedacht, es wäre eine Erleichterung für dich, sie los zu sein.“
Ich kniff
die Augen zusammen und dachte an den Besuch bei Caspar. „Ich wette, Pilar hat
mich ausgeschaltet und mir die Statue geklaut, als ich zwischen den Welten
festsaß. Wie um Himmels willen kann ich sie mir wieder zurückholen?“
„Warum
willst du sie zurückhaben? Sie hat dir doch bisher nur Unglück gebracht.“
„Sie gehört
mir“, sagte ich und verstaute den leeren Karton wieder in meiner Tasche. „Der
Dämon hat sie mir gegeben. Es war zwar vermutlich ein Irrtum, aber Clare und
ich wurden ihretwegen angeschossen - und deshalb habe ich das Recht, der Sache
auf den Grund zu gehen. Ich muss wissen, warum Pilar die Statue so unbedingt
haben will. Danke, Jake. Tut mir leid, dass ich dich völlig umsonst gestört
habe.“
Er brachte
mich zur Tür, aber als ich in den warmen Sonnenschein hinaustrat, hielt er mich
am Ärmel fest. „Hör mal, wegen dir und Paen - ich kann dir gar nicht sagen, wie
froh ich bin, dass du endlich jemanden gefunden hast. Zuerst wusste ich nicht
so recht, was ich von ihm halten soll, weil Dunkle etwas speziell sind, aber er
scheint ein netter Kerl zu sein. Ich wünsche euch beiden alles Glück der Welt.
Und eine
Frage hätte ich noch: Muss ich mich schon in Bälde nach einem Hochzeitsgeschenk
umsehen?“
Die Sonne
verschwand hinter einer Wolke. Der plötzliche Schmerz in meiner Brust war so
stark, dass ich keine Luft mehr bekam. „Nein“, stieß ich hervor und ging.
Auf dem
Rückweg bewegte ich mich wie ferngesteuert durch die Stadt. Ich fand den Weg
zur Haltestelle, stieg in den richtigen Bus ein, stieg an der richtigen
Haltestelle wieder aus und ging die zwei Blocks zum Büro hinunter, ohne
irgendetwas zu sehen, zu hören oder zu spüren. Ich war viel zu beschäftigt mit
meinem Gefühlselend, um die schwarzen Wolken zu bemerken, die
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