Dark one 06 - Ein Vampir kommt selten allein-neu-ok-08.12.11
in das Haus oder in die Kirche?“, fragte
ich Kristoff und versuchte, meine quälenden Schuldgefühle zu verdrängen, um
mich darauf zu konzentrieren, wie wir Alec helfen konnten.
Kristoff blieb mit mir vor der Kirche stehen. Wie er mich in
seinen Armen hielt, hätte es mir große Freude bereitet, wenn er dabei nicht mit
abschätzendem Blick die Kirchenfassade studiert hätte. „In das Haus, denke ich.
Die Kirche ist ein öffentliches Gebäude. Sie werden ihn woanders gefangen
halten, bis sie ihn für das Ritual brauchen.“
„Für Ihr Ritual?“, fragte mich Dagrun.
Ich hätte die kleine Kröte am liebsten erwürgt.
Kristoff sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. „Was
meint sie?“
Ich räusperte mich, bedachte Dagrun mit einem bösen Blick
(den sie mit einem Grinsen quittierte) und sah Kristoff in die Augen. „Heute
Abend ist meine Vereidigung als Zorya, oder wie auch immer sie diese Zeremonie
nennen.“
„Das kannst du nicht tun!“, sagte Kristoff, und seine Miene
verfinsterte sich.
„Ich habe dich zuerst geheiratet. Die Vermählung mit dem
Sakristan ist ungültig.“
„Das sagst du, aber die Leute von der Bruderschaft
wissen ja nichts davon, und so konnte ich ihnen keinen triftigen Grund nennen,
warum die Zeremonie nicht heute Abend stattfinden sollte.“
Kristoff richtete den Blick gen Himmel. „Hast du eine
Ahnung, was sie mit dir machen, wenn sie herausfinden, was du getan hast?“
„Wie sollen sie es denn herausfinden? Sie führen heute Abend
ihre Zeremonie durch und erklären mich zur Zorya. Ich täusche sie zwar nur
ungern, besonders Mattias, der ein netter, wenn auch fehlgeleiteter Kerl zu
sein scheint, aber was soll schon groß passieren? Du hast doch gerade selbst
gesagt, dass meine Vermählung mit ihm ungültig ist, also kann auch niemand zu
Schaden kommen, oder?“
Kristoff setzte sich wieder in Bewegung und führte mich
durch die kleine Gasse zu dem Haus hinter der Kirche, wobei er meinen unverletzten
Arm fest umklammert hielt. „Irgendwann werden sie von dir erwarten, dass du
deine Aufgabe als Zorya erfüllst, und wenn es nicht klappt, werden sie sich
fragen, warum. Und du kannst davon ausgehen, dass ihre Methode, die Wahrheit
herauszufinden, extrem unangenehm für dich sein wird.“
„Ich dachte, ich sage ihnen einfach, dass ich noch üben muss
oder so. Dadurch gewinne ich Zeit, die ich darauf verwenden werde, eine andere
Zorya zu finden, eine richtige, die an meiner Stelle die Geister nach Ostri
bringt.“
„Verzögerung ist keine Lösung“, erwiderte Kristoff
störrisch. „Früher oder später werden die Schnitter herausfinden, dass du nur
dem Namen nach eine Zorya bist.“
„Ja, und ich habe vor, zu diesem Zeitpunkt ganz weit weg von
hier zu sein.“
Ich zeigte auf das Haus. „Das Wichtigste ist jetzt, dass wir
Alec befreien. Da sie dich wahrscheinlich angreifen, sobald sie dich nur sehen,
gehe ich erst mal vor und mache mir ein Bild von der Lage.“
Kristoff hielt mich zurück, als ich losmarschieren wollte.
„Das wäre äußerst töricht! Du bleibst hier, und ich schnappe
mir einen Schnitter und finde heraus, was sie mit Alec angestellt haben.“
„Oh nein!“, sagte ich und hielt ihn am Arm fest. „Ich weiß,
worauf das hinausläuft!“
„Äh ... Pia?“, schaltete sich Ulfur ein.
„Was soll das heißen?“, fragte Kristoff stirnrunzelnd.
„Du wirst ihn foltern, bis er die Wahrheit ausspuckt, gib es
doch zu!“
„Natürlich werde ich das tun“, entgegnete Kristoff mit einem
empörten Schnauben und wandte sich zum Gehen.
„Pia, Sie sollten wirklich .. Oh, zu spät!“
„Was?“, fragte ich und drehte mich zu Ulfur um.
Hinter den Geistern waren zwei Männer aufgetaucht: Frederic
und Mattias.
„Du brauchst dir nicht die Mühe machen, einen von uns zu
foltern“, sagte Frederic mit einem scheinheiligen Lächeln.
Kristoff wirbelte um die eigene Achse.
„Ich wünschte, wir könnten dir diese Prozedur ebenfalls
ersparen, aber einen Dunklen bekommen wir nicht so oft in die Finger.“ Frederic
musterte mich abschätzend. „Und eine Auserwählte schon gar nicht.“
15
„Das gehört sich nicht! Ich bin die Zorya, schon vergessen?
So lasse ich mich nicht behandeln!“
Meine übertriebene Empörung stieß auf taube Ohren. Bei den
Lebendigen jedenfalls.
„Genau! Zeigen Sie's Ihnen!“, sagte Ulfur mit einem
anerkennenden Nicken.
„Jawohl, unsere Schnitterin hat Mumm! Aber wo sind wir hier?“,
fragte Hallur.
„Ich habe euch gleich
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