Dark one 06 - Ein Vampir kommt selten allein-neu-ok-08.12.11
sich!“, schrie die alte Agda. „Die Schnitterin
blutet ganz furchtbar!“
„Mir geht es gut“, unterbrach ich sie. „Komm einfach so
schnell, wie es geht.
Ich glaube, die Polizei taucht jeden Augenblick hier auf.“
Ich lehnte mich mit dem Rücken an den Fuß der Klippe, die
den Park auf dieser Seite einfasste, und schloss die Augen, um mich zu sammeln.
Die Schreie der Möwen und die leisen Gespräche der Geister vermischten sich in
meinem Kopf und wurden immer verschwommener, lullten mich ein und versetzten
mich schließlich in eine Art Dämmerzustand.
Als mich jemand an meinem verwundeten Arm berührte,
schreckte ich auf und schaute in leuchtend blaue Augen, die mich besorgt
musterten.
„Du bist gekommen“, sagte ich, und in mir keimte ein kleiner
Hoffnungsschimmer auf.
„Du hast mich darum gebeten“, entgegnete er nur und runzelte
die Stirn, als er vorsichtig die Stofffetzen entfernte, die ich um meinen Arm
gewickelt hatte.
„Die Wunde ist ganz schön tief. Sie blutet immer noch.“
„Tut auch höllisch weh.“ Ich bemühte mich um einen lockeren
Ton, doch nach dem abschätzenden, kritischen Blick zu urteilen, mit dem
Kristoff mich bedachte, war ich nicht sehr überzeugend.
Er zögerte einen Moment, bevor er sagte: „Du solltest einen
Arzt aufsuchen.“
„Ich glaube nicht, dass das so gut wäre - es sei denn, du
kennst jemanden, der mich zusammenflicken kann, ohne dass die Polizei davon
Wind bekommt.“
„Können Sie ihr nicht helfen?“, fragte Ulfur Kristoff.
„Ich bin kein Heiler.“ Er betastete vorsichtig meinen Arm,
und als er die Hand wieder wegnahm, hatte er Blut an den Fingern.
Augenblicklich verspürte ich einen gewaltigen Hunger. Ich
schüttelte ungläubig den Kopf. Das Verlangen entsprang seinem Inneren, nicht
meinem ... doch wie war das möglich?
„Aber Sie sind ein Dunkler“, erwiderte Ulfur. „Sie können
Wunden schließen, oder?“
„Ich glaube, ich stehe unter Schock“, sagte ich benommen.
Kristoff starrte seine Finger an und schluckte. Es war ihm
deutlich anzumerken, wie sehr er seinen Hunger zu bezwingen versuchte.
„Ach, mach ruhig“, sagte ich, lehnte mich zurück und schloss
die Augen. Mir war alles egal. Ich war müde, ich hatte Schmerzen, und ich
wollte nur noch schlafen. Sollte doch jemand anders eine Zeit lang meine Bürde
tragen. „Wo das Blut schon mal da ist! Wäre doch schade drum.“
„Sie müssen ihr helfen!“, drängte Marta.
„Ich mache erst mal ein Nickerchen“, erklärte ich, und meine
Stimme klang sogar für meine Ohren fremd. „Ihr könnt tun und lassen, was ihr
wollt!“
Völlig entkräftet dämmerte ich dahin. Mein Arm fühlte sich
jedoch mit einem Mal so heiß an, dass ich nicht ganz einschlummerte. Das
störende Gefühl ließ mir keine Ruhe und holte mich schließlich in meinen Körper
zurück, den ich auf einmal als unerträgliche Last empfand.
Ich öffnete die Augen und hatte Kristoffs dichte braune
Locken vor der Nase.
„Was machst du da?“
Er sah ruckartig auf und stieß mit dem Kopf gegen mein Kinn.
Das Wärmegefühl in meinem Arm hatte von seinem Mund hergerührt, den er auf die
Wunde gepresst hatte, die sich inzwischen weitgehend geschlossen hatte.
„Du hast zu viel Blut verloren.“
„Du heilst mich?“, fragte ich erstaunt. Kristoffs
widersprüchliches Verhalten verwirrte mich zusehends. „Ich dachte, du wolltest
mich niemals wiedersehen.“
Er sah mich verärgert an. „Du hast mich gerufen, wie du dich
vielleicht erinnerst.“
„Ja, aber das habe ich nur getan, weil ich wusste, dass du
Alec helfen würdest.
Ich hätte nicht gedacht, dass du dich auch um mich kümmerst.“
Er schwieg einen Moment, dann sagte er: „Alec reißt mir den
Kopf ab, wenn ich ihn rette und dich verbluten lasse.“
„Verstehe“, entgegnete ich ernüchtert. „Hast du genug
getrunken? Du schienst furchtbar hungrig zu sein.“
Empörung blitzte in seinen Augen auf. „Ich bin nicht so verzweifelt,
dass ich über verwundete Frauen herfallen muss! Ich habe die Wunde geschlossen,
das ist alles. Und wenn du gestattest, bringe ich es zu Ende, damit wir
schnellstens herausfinden können, was Alec sich jetzt wieder eingebrockt hat.“
Ich nickte und beobachtete genau, wie er seinen Mund auf die
Wunde presste.
Noch vor wenigen Tagen hätte ich mich furchtbar geekelt,
doch nun empfand ich die Berührung keineswegs als abstoßend, sondern vielmehr
als sinnlich und erotisch. Ich erschauderte vor Wonne, und es kostete mich
einiges
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