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Dark Room

Dark Room

Titel: Dark Room Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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sah das große dunkle Gebäude in einiger Entfernung und sprintete noch schneller.
    Normalerweise gab es keine Möglichkeit, in den Garten zu kommen, wenn man den Code des schweren, schmiedeeisernen Tores nicht kannte, aber Fiona war wenige Tage zuvor noch im Nachbarhaus zu Besuch gewesen, um zu sehen, wie es ihrer alten Tante Lorina ging, und von deren Wohnzimmerfenster aus hatte sie beobachtet, wie Evi mit ihrem Terrier durch ein loses Paneel im Bauzaun schlüpfte.
    »Die bauen wieder irgendwas um«, hatte Tante Lorina gesagt, »vielleicht zimmert der Vater eine Arche oder einen Bunker zum großen Finale der Johannes-Offenbarung, der alte Spinner. Evi kann so mal schnell mit dem Hund raus, aber wenn ihr Vater das mitkriegt, prügelt der sie windelweich. Ich seh sie immer nur draußen, wenn er seine Predigten sendet, unsägliches Zeug auf einem Privatsender, das Radio schmilzt einem weg bei dem Unsinn.«
    Kaum war Evi durch den Zaun getreten, hatte er so undurchdringlich gewirkt wie bisher.
    Fionas Plan war einfach: aufs Grundstück, um das Haus rennen und hinten an der rückwärtigen Pforte – einer Spezialanfertigung des Predigers – wieder raus. Die Pforte hatte nur auf der Gartenseite einen Rundknauf, aber keinen auf der Außenseite, sie brauchte nicht abgeschlossen zu werden. Fiona rannte die letzten Meter auf das Haus zu und sah, dass Tante Lorinas Schlafzimmerfenster erleuchtet war und die alte Frau am Fenster stand. Wahrscheinlich konnte sie wegen der Schmerzen nicht schlafen. Als Fiona unter dem Lichtkegel einer Laterne vorbeikam, stutzte Tante Lorina und starrte zu ihr hinab, dann hielt sie einen Infusionsbeutel hoch und winkte mit der anderen Hand. Fiona nickte zurück, überlegte, ob sie lieber zu ihr flüchten sollte, aber sie hatte keine Lust auf die Sprüche, die sicher kommen würden, von Mädchen, die nachts ins Bett gehörten und sich nicht draußen in Gefahr bringen sollten, schon gar nicht halb nackt in Engelskostümen, und das würde sie jetzt nicht ertragen. Außerdem hätte der Jäger sie vielleicht unten an der Haustür erwischt, bevor Tante Lorina auf den Summer drücken konnte. Fiona raffte die Flügel auf einer Seite zusammen. Nach wenigen Versuchen fand sie das lose Brett und stieg durch den Zaun. Das Paneel klappte hinter ihr zu, als hätte sie sich nie bewegt, perfekt.
    Um den Garten hatte sich schon lange niemand mehr gekümmert. Das Gras stand kniehoch, und die Büsche und Bäume wucherten in alle Richtungen. Der Duft der Blüten traf Fiona wie der Schlag eines nassen Handtuchs. Sie war einen Moment betäubt von all den Sinneseindrücken und versuchte, sich davon nicht ablenken zu lassen. Sie musste ums Haus laufen, zur rückwärtigen Pforte.
    Die Äste der Bäume griffen nach ihr, und einzelne dünne Gerten der Trauerweiden schlängelten sich um ihre Fußknöchel, als wollten sie sie in die Baumkronen hochziehen und kopfüber dort aufhängen. Die Rhododendronbüsche stöhnten, und je weiter sie ihre pinken und violetten Blüten öffneten, desto obszöner wurde das Stöhnen. Fiona konnte den Blick gar nicht abwenden, als sie erkannte, dass es Büsche voller Frauenmösen waren, feuchte, pralle, rote Frauenmösen, die schlüpfrig schmatzten. Sie versuchte, an etwas anderes zu denken, wieso sie hier war, zum Beispiel, dass da draußen ein Spinner hinter ihr herlief und sie vor ihm flüchtete, aber das Gras kicherte bei jedem ihrer Schritte, das alles machte einen Höllenlärm, und dann wurde das Kichern, Seufzen und Stöhnen zu einem Wehklagen und schließlich zu wütendem Hundegeknurr, und der ganze Garten wuchs bedrohlich auf Fiona zu, die stolperte und das Gefühl hatte, in dem Morast, in den sich das Gras verwandelt hatte, zu versinken. Da war endlich das hintere Tor. Sie watete darauf zu und drehte an dem Knauf. Das Tor war tatsächlich nicht verriegelt.
    Es quietschte in den Angeln, und aus einem Grund, den Fiona sich nicht erklären konnte, ärgerte sie dieses Quietschen maßlos. Sie wurde wütend und traurig, trat das Tor mit dem Stiefel hinter sich zu, hörte es schwer einrasten und lehnte sich einen Moment an das kalte, glatte Metall des Tors, das außen keine Klinke besaß.
    In ihrem Kopf drehte sich alles, Bilder von der Labyrinthparty, das blaue Badezimmer, Evi, wie sie im hoch geschlossenen Omakleid hinter ihrem verrückten Vater stand und seine Sätze von Sünde und Schuld nachplapperte, Evi, die gesagt hatte, Fiona würde die ewige Verdammnis erwarten, wenn sie ihren

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