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Dark Room

Dark Room

Titel: Dark Room Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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lärmte rund um das Baumhaus ein Schwarm Vögel.
    Ihre Stimme klang tonlos, fast gehaucht, sie setzte mehrmals an, bis sie es sagte. »Wenn ich mit dir zusammen bin« – sie machte eine Pause –, »kann ich mir fast vorstellen, dass ich lieben kann.«
    Püppis Handy klingelte. Augenblicklich griff er danach. Fiona sah ihn mit geöffneten Lippen unverwandt an, sie fühlte sich wie eingefroren oder als hätte jemand einen Film gestoppt. Püppi langte hinter sich und drückte auf eine Taste. Sie konnte es nicht fassen, dass er jetzt ans Telefon ging. Er sagte: »Ja natürlich, bleiben Sie, wo Sie sind, ich komme sofort.« Er suchte nach seiner Kleidung, stieß sich den Kopf am Dach, zerrte sich hektisch die Shorts über die Beine, küsste Fiona flüchtig und sagte, schon auf der Strickleiter stehend, nur noch: »Ich muss weg, es tut mir leid.«
    Fiona sah ihm ungläubig hinterher und lag bewegungslos da. Sie wusste, dass sie sich anziehen musste, dass ihre Chefin bald anrufen würde, wo sie bleibe, dass sie etwas essen sollte, dass sie irgendetwas tun sollte, aber sie konnte sich nicht bewegen. Nach einer Weile, die sich länger als die ganze Nacht anfühlte, raffte sie ihre Kleidung zusammen, warf sie auf den Rasen, rutschte nackt wie sie war die Strickleiter runter, rannte zu ihren Gartengeräten und holte eine Heckenschere. Sie stieg die Leiter wieder hoch und schnitt die Seile durch. Als sie zusammen mit den Überresten der Leiter auf den Rasen fiel, schlug sie hart auf ihrer Schulter auf, rappelte sich aber sofort wieder hoch und stopfte die Leiter in die große Mülltonne. Das Gras unter ihren Füßen war so kühl, dass ihr die Kälte durch den ganzen Körper kroch.

9    HERZDAME
    »War dieses Blau mal schick? Da kriegt man ja Augenherpes.«
    Die Novizin beugte sich näher zu den Fliesen und fuhr mit dem Finger über die Badezimmerwand. Sie steckte in einem Ganzkörperanzug aus Latex, der sie von Kopf bis Fuß bedeckte und auch ihr Gesicht bis auf die schmalen Schlitze über Augen und Mund verbarg. Um die Stirn trug sie eine Art Grubenlampe, die einen Lichtkegel ausstrahlte. Der kaltweiße Fleck irrte in dem kleinen Raum herum, als sie zur Badewanne hinkte. Abgesehen von dem Schein ihrer Lampe gab es nur das altersschwache Licht aus einem vergilbten Allibert-Schränkchen über dem Waschbecken.
    Der Gote schleppte in derselben Aufmachung einen großen Kanister hinein. Seine Maske hatte über dem Mund einen offenen Reißverschluss, durch den er so aussah, als hätte er silbrige Reißzähne.
    »Veronika heißt die Farbe. Späte Siebziger. Immer noch besser als dieses Gallegrün, das sah aus wie Katzenkotze.«
    Er setzte sich stöhnend auf den Kanister. Sechs weitere reihten sich schon neben der Badewanne auf.
    Die Novizin kratzte sich am Rücken. »Ich schwitze wie Sau in dem Teil. Alles klebt. Und ich seh aus wie ein verdammter Radiergummi …«
    Ein Telefonklingeln beendete ihre Tirade abrupt. Der Gote durchschnitt die Luft mit der Handkante, damit sie sich leise verhielt, und presste das Handy gegen die Gummimaske.
    »Herzdame, teure«, sagte er schmeichelnd, »womit kann ich dienen?« Er hörte eine Weile zu. »Wieso kennen die sich? Was haben die denn zu besprechen?« Und später: »Natürlich, aber wir sind ja immer vorsichtig, online und im Real Life.«
    Er beendete das Gespräch, griff in den Plastiksack neben sich und warf der Novizin einige Handtücher mit orangenem Blumenmuster zu.
    »Hab ich drüben neben der Küchenspüle gefunden. Häng die neben dem Waschbecken auf.«
    Sie folgte seinen Anweisungen zwar, maulte aber wieder, der Schweiß würde ihr schon in die Schuhe tropfen, und sie hätte morgen bestimmt einen Ausschlag am Rücken.
    Der Gote zwang sich, geduldig zu bleiben, seine Stimme war nur mühsam beherrscht. »Schätzchen. Du willst auch nicht, dass irgendwer deine Fingerabdrücke oder Hautschuppen findet.«
    Sie lächelte ihn an. »Es wäre doch zu schön, wenn Blondie hier ganz zufällig etwas hinterlassen würde. Ein blondiertes Rapunzelhaar vielleicht.«
    Er trat blitzschnell auf sie zu und hielt ihr ein Springmesser nur wenige Zentimeter unter ihr Auge.
    »Du kleines Miststück tust nichts, was die Gruppe gefährdet. Eher murks ich dich ab. Und, Süße« – sie konnte seinem Blick nicht ausweichen –, »das würde mir Spaß machen.«
    Sie tätschelte seinen Arm und sprach auf ihn ein, als wäre er ein aufgeregter Hund. »Schon klar, guter Gote, guter, guter Gote.«
    Er schleppte

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