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Dark Room

Dark Room

Titel: Dark Room Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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hatte sie sich auf die Geräusche konzentriert, wenn ihre Sohlen auf das Pflaster trafen. Sie zählte ihre Atemzüge mit, aber es half nicht, sie fühlte sich unbehaglich. Was wollte die Grinsekatze mit dieser lächerlichen Tasche? Woher kannte sie sie? Und was war darin? Vielleicht hätte sie darauf bestehen sollen, im Auto mit dabei zu sein, und sich nicht so leicht abwimmeln lassen. Es tat ihr leid, dass sie Lorina gleich zweimal belogen hatte. Sie hatte sie bestohlen und war dann auch noch unter einem Vorwand verschwunden. Schwer atmend bog sie in ihre Straße ein, trabte um einen Spaziergänger mit einem wild kläffenden Hund herum und legte die Hand über die Augen, um zu erkennen, was vor ihrem Haus los war.
    Ein Lieferwagen stand direkt am Grundstück, daneben Kisten mit Werkzeug und Latten. Auf den Stufen zu ihrer Eingangstür saß Püppi und grinste. Fiona wurde nervös und fühlte Verärgerung in sich aufsteigen.
    »Ich dachte, du hast etwas ganz Wichtiges zu erledigen?«
    »Hatte ich auch.«
    Er sprang auf, kam ihr entgegen, griff um ihre Hüfte und warf sie sich mit einem einzigen Schwung über die Schulter. Sie baumelte kopfüber an seinem Rücken, fühlte seine Hände, die sie an den Oberschenkeln hielten, und musste unwillkürlich lachen.
    »Was soll das?«
    Püppi befahl ihr, die Augen zu schließen, und trug sie an ihrem Nachbarn vorbei, der gerade mit seiner Frau aus dem Nebenhaus trat. »Merhaba«, sagte Püppi freundlich, und der Nachbar zog seine Frau, die große Augen machte und ihnen hinterhersah, weiter.
    Fiona lachte. Sie ließ sich einfach hängen und fühlte, dass Püppi sie nicht die Stufen zum Eingang hochtrug, womit sie gerechnet hatte, sondern dass er weiterging, um das Haus herum, in ihren Garten, der eigentlich aus nichts bestand als den eingrenzenden Hecken und der riesigen Buche in der Mitte, deren Krone noch das Grundstück nebenan verdüsterte. Der Baum hatte ihr schon mehrere Beschwerdebriefe ihres Nachbarn eingebracht, die sie mittlerweile ungeöffnet in den Papierkorb warf.
    Püppi stellte sie ab, Fiona hörte das Blut in ihren Ohren rauschen und fühlte sich leicht schwindlig.
    »Ta-tah«, schmetterte Püppi, und Fiona blinzelte ins Licht. Sie standen hinterm Haus direkt vor dem Stamm der Buche. Fiona schaute ihn fragend an, bis Püppi mit dem Zeigefinger nach oben deutete. Sie folgte seinem Finger und entdeckte über sich mitten im Baum einen Boden aus Brettern.
    Sie stolperte einige Schritte zurück, und jetzt sah sie es in seiner ganzen Pracht: ein Baumhaus, groß genug, dass ein Erwachsener sich bequem darin ausstrecken konnte. Sie selbst würde sogar aufrecht stehen können, Püppi natürlich nur gebückt. Sie schnaufte mit offenem Mund und wusste gar nicht, was sie sagen sollte. Püppi angelte mit einem Stock eine Strickleiter herunter, hakte sie an einem Pflock im Rasen ein und zeigte darauf wie ein Theaterdirektor. »Für dich. Ein Bett im Baum. Mit Dach.«
    Sie starrte ihn immer noch verständnislos an.
    »Wieso baust du ein Bett in meinen Baum?«
    Püppi drehte sich halb zum Haus.
    »Du kannst doch nicht jede Nacht durchs Haus vagabundieren. Du hast gesagt, weg kannst du nicht, aber deins ist es auch nicht. Das hier ist deins. Und die Adresse bleibt gleich.«
    Sie ließ sich von ihm zu der Leiter führen, hielt sich an den Seilen fest und erklomm tastend einige Sprossen. Er legte seine Hände unter ihren Po und schob sie behutsam höher.
    Sie erreichte das Podest aus Holz mehrere Meter über dem Boden, stemmte sich hoch und robbte bäuchlings in das Baumhaus. Es war mit einem Futon ausgelegt. Sogar an Bettzeug hatte Püppi gedacht und an dicke Kissen, mit denen die Wände gepolstert waren.
    Er grinste. »Du hast das Küchenfenster offen gelassen. Nicht nur gekippt, komplett offen. Hast du gar keine Angst vor Einbrechern?«
    Sie streifte die Schuhe ab, warf sie hinunter auf den Rasen und kroch ganz in ihre neue Höhle.
    »Ich hab nie Angst. So was passiert nicht zweimal.«
    Staunend drehte sie den Kopf, sie konnte hier sitzen und rüber zum Haus sehen, durch die großen Küchenfenster im Hochparterre bis tief in den Flur. Sie war da, aber nicht drin, und mit einem Mal fühlte sie sich ganz frei. Es gab nur die Türöffnung. Wenn sie die Strickleiter hochzog, kam niemand hinein.
    Dann spürte sie die Anstrengung der letzten Stunde in allen Knochen, sie streckte sich wohlig aus und öffnete die Augen auch nicht, als sie die Strickleiter knarren hörte.
    »Darf ich

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