Dark Room
ich müsste mal die Videoaufzeichnungen durchgehen, aber eigentlich habe ich einen Blick dafür. Der Twin fickt nicht, und er spankt auch nicht. Selbst dann nicht, wenn wir wie jetzt bei der Nacht im Bunker einen Extraraum einrichten mit Gerten und Ruten und so eine Verrückte dabeihaben wie diese kleine dicke Schwarzhaarige, die sich gern den Hintern peitschen lässt, bis er Beef Tatar ist.«
Püppi beugte sich zu ihr hinüber und tippte mit dem Finger auf die Tischplatte: »Stimmt, er fickt nicht. Er steht immer nur da in einer dunklen Ecke und beobachtet. Dem geht es nicht um Sex.«
Die Grinsekatze nickte.
»Er jagt.«
* * *
Püppi kümmerte sich um den Lonely Twin, sah die Aufzeichnungen der Partys durch, zu denen er angemeldet gewesen war, checkte seine Versicherung und sämtliche Angaben, die sie von ihm hatten, fragte am frühen Morgen bei einer befreundeten Tierärztin nach, die die Kadaver damals untersucht hatte, und verglich alle Daten.
Er traf auch einen ehemaligen Kollegen, der mit ihm zusammen die Ausbildung bei der Polizei gemacht hatte und dem er versprach, ihm zum Dank einen sehr speziellen Zusammenschnitt von Videoaufzeichnungen diverser Labyrinth-Partys zu schenken. Püppi hatte die Filmschnipsel selbst ausgewählt und auf DVD gebrannt: Man sah ausschließlich Füße. Füße in Lackschuhen, in Nylonstrümpfen, mit lackierten Nägeln, überzogen von Hennabemalungen und nackt natürlich. Püppi wusste, dass sein Kollege viel Spaß damit haben würde. Trotzdem druckste der noch eine Weile herum, als sich die beiden Männer bei strömendem Regen auf einer Waldlichtung trafen und der Kollege pitschnass zu Püppi in den Kastenwagen stieg. »Ich darf dir die Ermittlungsakte gar nicht geben«, sagte er und legte die Hände über die braune Kartonmappe auf seinen Knien.
»Ich habe sie nie gesehen«, sagte Püppi und dann ganz nebensächlich, während er an der Klimaanlage herumspielte: »Auf der DVD ist übrigens eine lange Sequenz von einer Frau, die einen Zehenring trägt. Jemand gießt ihr Champagner über den Fuß und leckt ihn ab.«
Wortlos gab der Kollege ihm die Akte.
Es war eine Auflistung der Sektenanhänger. Ganz vorn fand er Bilder vom Prediger und Evi. Dann von den Gläubigen. Püppi war auf die Idee gekommen, als er vor dem Haus auf der Straße gestanden und die singenden Anhänger beobachtet hatte. Es waren elf, und instinktiv hatte er gedacht: »Ihr Judas ist nicht dabei.« Püppi blätterte die Fotos der Männer und Frauen durch und versuchte, sie sich mit Masken, hoch toupierten Haaren oder Make-up vorzustellen. Eine junge Frau kam ihm tatsächlich von den Labyrinth-Partys vertraut vor. Tagsüber beten, abends huren, hallo Höllenfeuer.
Und da war noch jemand, den er schon oft beobachtet hatte: der Lonely Twin. Er erkannte ihn direkt wieder, obwohl er auf dem Foto dichtes Haar hatte. Ein Toupet. Ins Labyrinth kam er immer kahlköpfig. Aber das markante Kinn und die mittelgroße, eher schmächtige Statur waren unverkennbar. Püppi blätterte weiter.
»Wisst ihr, wie die organisiert sind?«
Der Kollege versuchte, seinen nassen Hemdsärmel im Luftzug der Klimaanlage zu trocknen. »Tscha, schwierig, von denen sagt niemand was. Immer wieder fangen sie an zu singen. Die machen uns wahnsinnig damit. ›O Elend, Geißelung, Schmerz und Pein, marter mich, pfähl mich, lass mich leiden‹ – es hört nie auf. Das ist ein einziger S/M-Verein.«
»Wie weit seid ihr mit den Ermittlungen?«
»Der Gerichtsmediziner sagt, der Prediger wurde offenbar überrascht und bewusstlos geschlagen. Die Kopfschwarte war großflächig aufgerissen, das Tatwerkzeug suchen wir noch. Dann wurde sein Schwanz in die Buchpresse geschoben und eine Schlinge um seinen Hals und die Lehne der Ottomane gelegt. Er hatte auch Spuren eines Narkotikums im Blut, und wir haben einen winzigen Einstich gefunden, vielleicht von einer Spritze, obwohl sich unser Doc da nicht so sicher ist, irgendwas kam ihm daran komisch vor, er wollte sich nicht festlegen. Jedenfalls hat der Täter ein Gift benutzt, bei dem das Opfer wach bleibt, sich aber nicht wehren kann.«
»Der Prediger hat also die ganze Tortur mitbekommen.«
Der Polizist nickte.
»Bei der Strangulation füllt sich der Unterleib durch den extremen Zwerchfell- und Bauchmuskelspasmus mit Blut, und die Genitalien schwellen zu ungeahnter Größe an. Dann wurde es richtig schön, und es hat sich der Darm entleert.« Er zog einen Zettel aus der Akte. »Hier
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