Die Gefangene des Elfen 2: Insel des Vergessens (Elven Warrior Series) (German Edition)
1. Kapitel
Die Stille
Igraine träumte von lange vergangenen Zeiten.
Sie stellte sich vor, wie sie auf den Zinnen eines alten Schlosses stand und den eindrucksvollen Hochzeitsfestzug beobachtete, der die schlammige Straße zur Festung entlangzog. Soeben hatten sie die Ebene von Cruachan erreicht. Sie konnte gar nicht glauben, dass all dieser Prunk nur für sie bestimmt war. Der Prinz war tatsächlich gekommen, um ihr Herz zu gewinnen.
Igraine blickte an sich hinab, auf ihren kostbaren Umhang aus purpurnem Samt, bestickt mit goldenen Blumen. Ihre Haar war geflochten und hing in langen Zöpfen bis zu ihren Hüften hinab. Als sie es berührte, spürte sie das schwere Silberband über ihrer Stirn. Ganz offensichtlich war sie dazu gekleidet, ihre Schönheit hervorzuheben, ganz wie es einer königlichen Braut gebührte.
Es war wie in Elathans Geschichte, doch sie sah die Szene in erstaunlicher Detailtreue, weitaus genauer, als er ihr es erzählt hatte. Dort waren die fünfzig jungen Krieger in ihren dunkelblauen Umhängen, silberne Schilde und Kerzen in ihren Händen. Alles war mit wertvollen Edelsteinen verziert, die wie die Strahlen der Sonne leuchteten. Sogar ihre Pferde trugen silberne Geschirre und an ihren Hälsen kleine Glöckchen, deren melodisches Klingeln die Luft erfüllte.
Mehrere Hornbläser ritten dem Gefolge voraus, verkündeten die Ankunft des hochgeborenen Kriegers, der angereist war, um seiner Prinzessin den Hof zu machen. Zwischen den Reiterlinien marschierten drei Druiden in langen, weißen Roben nebenher, trugen Zweige weiß blühender Stechpalmen.
Ein korpulenter Mann führte sieben Jagdhunde an silbernen Ketten. Drei Narren folgten ihm, sprangen umher und spaßten mit den ehrfürchtigen Dorfbewohnern, die das überwältigende Spektakel vom Straßenrand aus beobachteten. Hinter ihnen fielen drei junge Männer auf: Der Bronzewagen, der ihnen folgte und ihre reich verzierten Instrumente trug, deutete darauf hin, dass es sich um Harfenspieler handelte, die Söhne der Flussgöttin. Ihr königliches Gebaren war unverkennbar, und in ihren halb-elfischen Gesichtern spiegelte sich ihre übernatürliche Schönheit wieder. Ihr helles Haar trugen sie in dünnen Strähnen, ganz, wie es die Sidhe zu tun pflegten.
Igraines Augen durchforsteten die Menge nach einem Zeichen ihres Bräutigams. Sie war davon ausgegangen, er würde der Gesellschaft vorausreiten, doch keiner der Ritter schien sich von den anderen abzuheben. Vielleicht würde er erst später eintreffen.
Gedankenverloren starrte sie die wunderliche Parade an, wie sie alle über die Ebene zogen, bis sie beinahe die Vorburg erreicht hatten.
Dort wurden die Hunde freigelassen, und sie schossen davon, um Wildbret für den Festtisch des Königs zu jagen. Alle Reiter stiegen ab, nur einer nicht. Der letzte Krieger erhob sein Haupt, blickte geradewegs hinauf zur Zinne, auf der Igraine stand. Ihr Herz schlug schneller, als sie das Gesicht des Elfen erblickte - hohe Wangenknochen, blasse Haut und eindrucksvolle Augen. Als er seine Kapuze absetzte und den Mantel von sich warf, fiel eine unbändige Haarpracht über seine Schultern, glänzte im weichen Abendlicht wie poliertes Silber.
Sie nannten ihn den Krieger der Sonne. Doch als sie ihn betrachtete, schien ihr der Name nicht angemessen zu sein.
Der Mond, dachte sie. Der Fremde konnte nur ein Sohn des Mondes sein.
Seine ausdrucksvollen goldenen Augen ergriffen sie augenblicklich, blieben kurz an ihrem Gesicht haften, bevor sich ein Lächeln über seine sinnlichen Lippen legte. Es war keine höfliche Begrüßung, sondern eher ein Ausdruck des Triumphes, des Stolzes eines Besitzers. Es ließ sie wissen, dass sie längst ihm gehörte. Doch gleichzeitig erkannte sie offenes Verlangen in seinen Augen, so stark und unverhohlen, dass sie spürte, wie ihre Knie weich wurden. Sie klammerte sich an die Brüstung und versuchte, sich zu beruhigen, während sich das Geräusch ihres eigenen Herzschlags wie Donner in ihren Ohren anhörte.
Mein Prinz . Ungläubig sah Igraine zu, wie er langsam die behandschuhte Rechte hob und auf seine breite Brust legte, direkt über sein Herz. Zu ihrer Verwunderung beugte er sein Haupt, würdigte sie als seine Braut. Ein verschmitztes Lächeln weichte die harten Gesichtszüge des Kriegers auf, und seine Schönheit war so überwältigend, dass sie für einen Moment zu atmen vergaß. In diesem Augenblick wollte sie ihn für sich selbst, begehrte ihn mit einer
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