Dark Secrets (Gesamtausgabe)
weiterfuhr. Amanda klopfte das Herz im Halse. Das war knapp. Verdammt knapp! Die Meter zogen sich wie Kilometer. Am liebsten hätte sie dem Fahrer zugerufen, dass er schneller fahren sollte, doch dann wären sie hundertprozentig versumpft.
Als der Untergrund endlich fester wurde, waren ausnahmslos alle fix und fertig, keuchten und schnauften wie Dampflokomotiven; bis auf Andrew. Der drehte sich im Sitz um und grinste. „Das hat Spaß gemacht! Nochmal?“
Bevor einer antworten konnte, prasselten Schüsse auf den Wagen ein.
„In Deckung!“, rief Bill.
Amanda spürte, wie Eric mit solcher Heftigkeit ihren Kopf nach unten drückte, dass sie beinah das Gleichgewicht verlor.
Jemand packte sie um die Hüfte und zerrte sie mit sich. Erst im zweiten Moment fiel ihr auf, dass Nicolai es war, der sie zur Tür brachte und sie dort auf die Knie drückte.
Er legte den Finger auf die Lippen und deutete auf ihr Waffenholster. Eric stand neben ihm und schirmte Amanda mit seinem Körper ab, während sein Blick die Gegend abscannte.
Amanda zog ihre größere Waffe – die kleinere war am Schienbein angebracht – und entsicherte sie. Sie war nervös. Allerdings war der Vorteil, dass in diesem Haus jeder ein potentielles Ziel abgab, so dass sie vor langen Denkprozessen verschont zu bleiben hoffte. Eric zog sie auf die Beine und hinter den Türpfosten. Die Schüsse waren verstummt und von keinem der Männer war mehr etwas zu sehen. Auch der Jeep war weg. Nicolai trat die Tür auf und sprang zurück. Sekundenlang passierte nichts, dann wechselte er vor einer Seite der Tür zur anderen. Sofort waren Schüsse zu hören, die aber gleich wieder verstummten. Nicolai machte Eric Handzeichen. Wenn Amanda sie richtig interpretierte, waren am Ende des Raumes jeweils ein Mann links und einer rechts.
Sie klammerte sich mit schwitzigen Fingern an ihre Waffe. Langsam stellte sich ihr unbedingter Wunsch mitzukommen als richtig dämliche Idee heraus. Die Männer verschwendeten viel zu viel Zeit und vor allem Konzentration dafür, sie zu beschützen. Sie griff in ihre Hosentasche und förderte ein Päckchen Taschentücher zutage, das sie Nicolai zeigte. Er zog die Stirn kraus, als wollte er ihr sagen, dass jetzt nicht der richtige Moment zum Naseputzen war, doch dann deutete sie eine Wurfbewegung an und er verstand. Sie warf das Päckchen in den Raum. Bevor es den Boden berührte, ertönte ein Schuss. Nicolai streckte den Schussarm um den Türpfosten herum und schoss. Ein erstickter Schrei ertönte und dann ein dumpfes Geräusch, als wenn jemand zu Boden geht.
Nicolai hob den Zeigefinger. Es war also nur noch einer. Eric schnellte nach vorne und stellte sich breitbeinig in die Tür, als wäre er unverwundbar. Bevor von innen ein Schuss zu hören war, schoss er … und traf.
„Interessante Technik, Amigo“, bemerkte Nicolai.
Eric nickte knapp, trat dann in den Raum und suchte die toten Winkel ab. Dann bedeutete er den beiden mit einem Wink nachzukommen.
Der erste Raum war sauber, so hieß es wohl im Fachjargon. Amanda versuchte nicht die beiden schwarz gekleideten Leichen anzusehen und hielt den Blick starr geradeaus.
Eric und Nicolai bewegten sich perfekt aufeinander abgestimmt und mit tödlicher Präzision durch den Raum. Amanda hatte die Haustüre geschlossen und folgte ihnen. Als Nicolai vor einen Treppenabsatz trat, erstarrte er. Eric trat neben ihn. Als Amanda ihrem Blick folgte, krampfte sich ihr Magen zusammen und für Sekunden befürchtete sie, sich übergeben zu müssen.
Die verräterische Polizistin Monroe saß tot auf den Treppenstufen an die Wand gelehnt da und hatte zwei Einschusslöcher in der Magengegend. Ihr kompletter Brustkorb und Unterleib waren blutüberströmt. Doch das wirklich schockierende war, dass sie offenbar absichtlich wie eine Marionette arrangiert worden war. Auf ihren angezogenen Knien stand ein Pappschild mit der Aufschrift Willkommen und jemand hatte ganz offenbar einen „Hier entlang“-Pfeil mit ihrem Blut auf die Stufen nach oben gemalt.
Amanda konnte den Blick nicht vom ausdruckslosen Gesicht der Frau abwenden. Sämtliche Rachegelüste, die sie empfunden hatte, die Wut und der Hass, die Drohung sie eigenhändig umzubringen, waren der Realität des Todes gewichen. Und die Realität war so greifbar grausam und abstoßend, dass sie ein fassungsloses Zittern überlief. Und Mitleid.
„Geht es?“, flüsterte Nicolai und nahm sie am Arm.
Amanda nickte, und wusste selbst, dass sie kalkweiß war. Sie
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