Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition)
CVON
Erster Teil des Ushovar-Zyklus
Ihr Atem geht rau und stoßweise. Wie gebannt schaut sie auf die morsche Tür des Lagerraums. Er darf sie nicht finden. Oh Ihr Götter ... alles, aber lasst ihn mich nicht finden!, denkt sie immer wieder und glaubt bei jedem Atemzug, dass ihr das Herz gleich aus dem Halse springen wird.
Da ... schlurfende schwere Schritte im Flur.
„Cvon! Komm her du kleine Kröte! Du willst mich doch nicht wütend machen, oder?“
Pheras‘ Zunge ist schwer und ungelenk vom Alkohol. Sie kann förmlich den Speichel hören, der ihm mit jedem Wort über die Lippen kommt. Ekel und Angst mischen sich zu nackter Panik. Sie muss kämpfen um nicht laut zu schreien. Verzweifelt irrt der Blick ihrer grünen Augen über willkürlich aufeinandergetürmte Möbel, Bilder, Fässer und Säcke. Die unsortierte Beute, die Pheras‘ Bande während des langen Bürgerkriegs zusammengerafft hat. Die Sonne ist vor wenigen Minuten aufgegangen und sendet ihre Strahlen durch das löchrige Dach. Cvon fühlt sich so unsäglich verraten. Von der Sonne, deren Licht ihr die Sicherheit eines dunklen Versteckes verwehrt, vom Alkohol, der Pheras nach einer durchzechten Nacht noch immer auf den Beinen stehen lässt und von ihrem eigenen Körper. Dem verdreckten Körper einer 12-Jährigen, der den stinkenden Männern des Clans in den vergangenen sechs Jahren zu mager gewesen war. Aber selbst das scheint sie jetzt nicht mehr zu schützen. Sie ist allein. Allein mit ihrer Angst, ihrem Hass und ihrer Hilflosigkeit.
Wenigstens nimmt sie die brutale Kälte nicht wahr, die sich wie so häufig durch ihr dünnes zerlumptes Leinenhemd beißt.
„Cvon! Ich will dir doch gar nichts tun! Du wirst sehen!“
Sie muss es nicht sehen. Sie weiß, was er vorhat. Sie hat gesehen, wie er es vielen Frauen und Mädchen vor ihr antat. Er wird das mit ihr machen, was er und seine Bande ihrer Mutter antaten, bevor sie ihr die Kehle durchschnitten.
Sie hört, wie nebenan die Türen aufgestoßen werden, und kann doch nichts tun als steif vor Angst in der Mitte des Raumes stehen zu bleiben. Ihr Blick verschleiert sich mit Tränen. Seine Schritte schlurfen immer näher heran, dann passiert das Unvermeidliche. Die Tür fliegt auf und Pheras, ein betrunkener Berg von einem Mann, steht vor ihr. Sein Gestank nach Alkohol und Urin ist kaum zu ertragen. Hilflos umklammern ihre dünnen Arme ihren mageren Körper.
Seine Ohrfeige kommt hart und unerwartet. Die Wucht des Schlages wirft sie zu Boden. Ihre Wange brennt und ihre Stirn hinterlässt eine dünne Blutspur auf den rauen Dielen unter ihr.
„So, du kleines Luder! Hast du gedacht, du könntest dich vor mir verstecken, was?“ Sein Fuß tritt heftig gegen ihr Schienbein. „Los ... runter mit dem Fetzen!“
Sie weiß, dass sie jetzt weinen müsste, aber sie kann nicht. Alles in ihr ist so kalt. So unsagbar kalt. Die Bilder ihrer geschändeten Mutter ziehen durch ihren Geist und mischen sich mit dem modrigen Geruch des Bodens, seiner Stimme und ihrem Schmerz. Mit einer Energie, die sie sich selbst nicht zugetraut hat, springt sie plötzlich auf und wirft sich ihm mit lautem Kreischen mitten ins Gesicht. Mit Händen und Füßen versucht sie, ihm die Augen aus den Höhlen zu kratzen. Sie spürt Widerstand und hört ihn aufschreien, doch ihr Triumph wird schnell erstickt. Mit all der Kraft eines erfahrenen Kriegers drischt er seine gewaltige Faust gegen ihren mageren Mädchenkörper. Sie hört etwas tief in ihrem Brustkorb knacken und wird mit unerhörter Gewalt gegen kunstvoll aufgetürmte Möbel geworfen. Der gesamte Aufbau stürzt polternd in sich zusammen.
Ihr Gesichtsfeld verengt sich, sie ringt verzweifelt nach Luft und ein unerträgliches Stechen in der Brust macht sie glauben, jeden Augenblick sterben zu müssen. Doch es wird noch schlimmer. Als hätte er schon lange auf einen Anlass gewartet, verdrischt er sie, wie sie es nicht für möglich gehalten hätte. In einem nicht enden wollenden Strom prasseln die Schläge auf sie nieder und sie weiß, dass er es genießt.
Der Geschmack von Blut füllt ihren Mund, doch so schrecklich die Schmerzen auch sind, so betet sie doch darum, dass er nicht aufhört, bis sie endlich tot ist. Er soll sie schlagen, bis ihr Körper den Kampf endlich aufgibt und ihr die Flucht in den ewigen Schlaf erlaubt. Nichts kann so schlimm sein, wie von ihm missbraucht zu werden.
Doch trotz seines Rausches scheint er sehr genau abschätzen zu können, wie viel
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