Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
Lächeln noch etwas anderes mitschwang. Man sah ihr immer an, dass sie sich Sorgen um mich machte. Manchmal dachte ich, das läge einfach bloß daran, womit ich mein Geld verdiente. Allerdings kannte ich diese Besorgnis schon von ihr, seit ich ein kleines Mädchen gewesen wa r – als ob sie mich jeden Moment verlieren könnte oder so. Vielleicht eine typische Müttersache.
Sie stellte eine Papiertüte auf den Tresen und fing an, die Einkäufe wegzuräumen. Sie wusste natürlich, warum ich vorbeigeschaut hatte, war aber anscheinend fest entschlossen, es zu ignorieren.
„Bleibst du zum Abendessen? Ich glaube, du hast abgenommen.“
„Hat sie gar nicht“, sagte Roland.
„Sie ist zu dünn“, beschwerte sich meine Mutter. „Was mich durchaus ein bisschen neidisch macht.“
Ich schmunzelte. Meine Mutter sah toll aus.
„Du musst mehr essen“, fuhr sie fort.
„Ich esse bestimmt drei Schokoriegel am Tag. Das kann man wohl kaum Unterernährung nennen.“ Ich ging hinüber und piekte sie in den Arm. „Pass bloß auf, du bist schon wieder total gluckenhaft. Das gehört sich für kluge, kompetente Mütter nicht.“
Sie sah mich schräg an. „Ich bin Therapeutin. Da muss ich gleich zweimal so gluckenhaft sein.“
Am Ende blieb ich doch zum Abendessen. Tim war ein guter Koch, aber gegen die Küche meiner Mutter kam einfach nichts an. Während wir aßen, unterhielten wir uns über ihren Urlaub in Idaho. Weder Jasmine noch der Ker wurden erwähnt.
Als ich schließlich wieder zu Hause war, wollte Tim gerade mit einer Herde verkicherter Mädels losziehen und die Stadt unsicher machen. Er trug seine komplette Indianerkluft, inklusive Perlenstirnband und Wildlederweste.
„Sei gegrüßt, Schwester Eugenie.“ Er hob eine Hand zum Gruß, als würden wir in einem alten Western mitspielen. „Schließ dich uns an. Wir wollen zu einem Konzert im Davidson Park, um den Frühling willkommen zu heißen, das Geschenk des Großen Geistes, und zugleich den heiligen Trommelschlag der Musik durch unsere Seelen strömen zu lassen.“
„Danke, nein.“ Ich schob mich an ihm vorbei und ging schnurstracks in mein Zimmer.
Einen Moment später folgte er, ohne Mädels.
„Ach komm, Eug. Das wird der Hammer. Mit Bierkühler und allem Drum und Dran.“
„Lass gut sein, Tim. Mir ist heute Abend wirklich nicht danach, einen auf Squaw zu machen.“
„Das ist ein pejorativer Begriff.“
„Weiß ich. Weiß ich doch. Aber deine blondierte Tussi-Truppe da draußen hat nichts Besseres verdient.“ Ich bedachte ihn mit einem missbilligenden Blick. „Dass du mir ja nicht auf die Idee kommst, eine von denen heute Nacht hierher abzuschleppen.“
„Jaja, ich kenne die Regeln.“ Er fläzte sich in meinen Korbsessel. „Und? Was machst du stattdessen so? Shoppen im Internet? Puzzeln?“
Tatsächlich hatte ich genau das vorgehabt, aber das musste ich ihm ja nicht auf die Nase binden.
„Hey, ich hab einiges zu erledigen.“
„Scheiße, Eugenie. Du wirst noch zur Einsiedlerin. Dean fängt schon fast an, mir zu fehlen. Er war ein Arschloch, aber wenigstens hat er dich mal aus dem Haus gekriegt.“
Ich verzog das Gesicht. Dean war mein letzter Freund gewesen, wir hatten uns vor sechs Monaten getrennt. Das war für uns beide ziemlich überraschend gekommen. Ich hatte nicht damit gerechnet, ihn dabei zu erwischen, wie er seine Immobilienmaklerin vögelte, und er hatte nicht damit gerechnet, erwischt zu werden. Inzwischen war mir klar, dass ich ohne ihn besser dran war, aber trotzdem rumorte immer wieder die Frage in mir, womit ich dafür gesorgt hatte, dass er das Interesse verlor. War ich nicht unterhaltsam genug? Sah ich nicht gut genug aus? War ich nicht gut genug im Bett?
„Es gibt Schlimmeres, als allein zu Hause zu hocken“, grummelte ich. „Dean zum Beispiel.“
„Timothy?“, rief eine der Tussis aus dem Wohnzimmer. „Kommst du?“
„Einen Moment noch, zarte Blume“, sagte er mit lauter Stimme. Und dann leise zu mir: „Willst du dich wirklich den ganzen Abend hier verkriechen? Es tut echt nicht gut, so selten unter Menschen zu sein.“
„Mir geht’s gut. Nun geh mal und amüsier dich mit deinen Blümchen.“
Er zuckte mit den Schultern und ging. Sobald ich die Wohnung für mich hatte, machte ich mir ein Sandwich und shoppte im Internet, genau wie er gesagt hatte. Darauf folgte das Puzzle eines Bildes von M.C. Escher. Das verlangte einem mehr ab als so ein Kätzchen.
Ich war halb damit fertig, da ertappte ich mich
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