Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
Veilchen und Zucker. Und Vanille. Wobei es schon seltsam ist, Veilchen als essbar einzustufen, oder?“
„Nicht so seltsam wie ein Mann, der tatsächlich weiß, wie Veilchen riechen.“ Außerdem war es verblüffend, dass er mein Parfum überhaupt wahrnehmen konnte. Ich hatte es vor vielleicht zwölf Stunden aufgelegt. Bei all den rauchenden und schwitzenden Leuten hier war es schon ein Wunder, wenn man überhaupt noch einen funktionierenden Geruchssinn hatte.
Er ließ ein schiefes Lächeln aufblitzen und bedachte mich mit einem Blick, der sich nur als verhangen beschreiben lässt. Mein Puls beschleunigte sich leicht. „Ist kein Fehler, sich mit Blumen auszukennen. Macht es einem leichter, sie zu verschenken. Und Frauen zu beeindrucken.“
Ich sah ihn an, dann ließ ich das Bier in meiner Flasche kreisen. „Versuchst du gerade, mich zu beeindrucken?“
Er zuckte mit den Schultern. „Eigentlich versuche ich einfach nur, mich ein bisschen zu unterhalten.“
Ich überlegte, ob ich dieses Spiel mitspielen wollte oder nicht. Und fragte mich, ob ich es draufhatte. Ich lächelte leicht.
„Was?“, fragte er.
„Keine Ahnung. Ich hab bloß grad über Blumen nachgedacht. Und darüber, Leute zu beeindrucken. Ich meine, ist es nicht irgendwie schräg, dass wir Leuten, die wir attraktiv finden, die Geschlechtsorgane von Pflanzen mitbringen? Was soll das? Ist doch ein seltsamer Ausdruck der Zuneigung.“
Seine dunklen Augen leuchteten auf, als hätte er gerade etwas Überraschendes und Köstliches gehört. „Ist es denn weniger schräg, jemandem Schokolade mitzubringen, wo die doch als Aphrodisiakum gilt? Oder was ist mit Wein? Ein ‚romantisches‘ Getränk, aber eigentlich sorgt es doch nur für eine gewisse Enthemmung.“
„Hmm. Als ob die Leute versuchen, gleichzeitig dezent und deutlich zu sein. Keiner will einfach loslegen und sagen: Hey, du gefällst mir. Lass uns was miteinander anfangen. Stattdessen sagen sie praktisch: Hier, ich hab dir ein paar Pflanzengenitalien und Aphrodisiaka mitgebracht. “ Ich nahm einen Schluck von meinem Bier und stützte das Kinn in die Hand. Zu meiner eigenen Verblüffung fügte ich hinzu: „Ich meine, ich hab kein Problem mit Männern oder Beziehungen oder Sex, aber manchmal frustrieren mich diese Spielchen total, mit denen Menschen ihre Zuneigung ausdrücken.“
„Inwieweit?“
„Alles wird immer hinter Posen und Tricks versteckt. Ohne jede Ehrlichkeit. Man darf nicht einfach sagen, dass man sich zu jemandem hingezogen fühlt. Das muss geschickt hinter irgendeinem blöden Anmachspruch oder einem ganz und gar nicht dezenten Geschenk versteckt werden, und ich bin wirklich nicht gut in solchen Spielchen. Man hat uns beigebracht, dass es falsch ist, ehrlich zu sein, als ob die Gesellschaft einen dann stigmatisieren würde.“
„Na ja“, überlegte er, „das könnte ja manchmal auch ganz schön krass rüberkommen. Und dann wollen wir nicht vergessen, dass man auch abgewiesen werden kann. Das kommt bestimmt noch dazu. Also diese Angst.“
„Ja, kann sein. Aber eine Abfuhr zu kriegen ist doch kein Weltuntergang. Und wäre das nicht immer noch einfacher, als einen Abend zu vergeuden ode r – Gott bewahr e – mehrere Monate, in denen man was miteinander hat? Wir sollten unsere Gefühle und Absichten offen ausdrücken. Wenn die andere Person sagt: Verpiss dich , na schön, auch gut. Zieht man eben weiter.“
Ich sah mir misstrauisch meine Bierflasche an.
„Was ist los?“
„Ich frag mich bloß gerade, ob ich betrunken bin. Das ist mein erstes Bier, aber irgendwie höre ich mich ein bisschen daneben an. Normalerweise rede ich nicht so viel.“
Er lachte. „Ich glaube nicht, dass du gerade ein bisschen daneben bist. Ich stimme dir sogar zu.“
„Echt?“
Er nickte und sah bemerkenswert klug aus, während er über seine Antwort nachdachte. Dabei war er doch so schon sexy genug. „Ich stimme dir zu, aber ich glaube, die meisten Menschen kommen mit Ehrlichkeit nicht so klar. Ihnen sind diese Spielchen lieber. Sie wollen die schönen Lügen gern glauben.“
Ich trank den letzten Schluck Bier. „Ich nicht. Ich will Ehrlichkeit und nicht diesen ganzen Quatsch.“
„Im Ernst?“
„Ja.“ Ich stellte die Flasche hin und guckte ihn an. Er sah mich jetzt voll an, und sein Blick war wieder so verhangen, voller Dunkelheit und Sex und Hitze. Ich fiel in diese Augen hinein und spürte, wie in meinem Unterkörper Nerven reagierten, von denen ich gedacht hatte, dass sie
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