Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
Möglichkeit, dass ich vor ihr auf die Knie fiel und um Dorians Freilassung flehte.
»Ich werde Euch in keiner Weise Treue schwören«, erklärte ich. »Und ich werde die Eisenkrone niemals zu Eurem Vorteil einsetzen. Diese Antwort ist unverrückbar.«
»Wie Ihr meint«, sagte sie. »Wir wollen schauen, wie Ihr später darüber denkt.« Sie entließ uns mit einer Geste. »Bringt sie zu ihren jeweiligen Bestimmungsorten.«
Ich konnte kein weiteres Wort mehr mit Dorian wechseln, weil wir zu schnell hinausgeschafft wurden. Ein letztes Mal wallte der Drang in mir auf, einen Sturm zu entfesseln, und wieder bezwang ich ihn. Ich würde das hier richtig machen. Also ließ ich mich von meinen Bewachern zurück zu meiner Zelle im zweiten Stock bringen. Wieder machten sie einen auf höflich und nahmen mir meine Fesseln ab, bevor sie mich einsperrten. Ich schaute mich um und stellte fest, dass man mir einen Servierteller mit Deckel auf die Matratze gestellt hatte. Ich nahm den Deckel ab und fand ein Stück Brot und etwas Wasser darunter – und eine Ratte, die rasch davonflitzte. Klar, immer noch einen draufsetzen.
»Hach ja«, sagte ich. »Wie nett.«
Doch bevor ich noch ausgeredet hatte, fiel mir an der Ratte etwas Komisches auf – vor allem, dass es gar keine Ratte war. Sondern ein rattengroßer Miniatur-Rotfuchs. Ich schnappte nach Luft.
»Das gibt’s doch nicht. Kiyo?«
Der Rattenfuchs flitzte in die Zellenmitte. Binnen Momenten verwandelte er sich, und vor mir stand der lebensgroße Kiyo. Ich warf einen misstrauischen Blick nach hinten und rechnete fast damit, dass Soldaten hereingestürmt kamen. Dann rief ich mir ins Gedächtnis, dass Feine seine Kitsune-Magie nicht besonders gut wahrnehmen konnten.
»Wie hast du das geschafft?«, fragte ich ihn. »Hat dich ein irrer Wissenschaftler mit Schrumpfstrahlen behandelt?«
Er lächelte, aber seine Augen wirkten müde. »Fürchte nicht. Ist nur eine Variante des Gestaltwandelns, so wie ich auch zu einem supergroßen Fuchs werden kann. Zu der Minigröße gab es bloß nie einen Grund. Und jetzt stellt sich raus, dass sie tierisch praktisch ist, wenn man in einem Palast herumschnüffeln möchte.«
»Ich hab dich für eine Ratte gehalten.«
»Einer von den Köchen in der Küche auch. Ich hab einen ganz neuen Respekt vor Besen.«
»Seid ihr auf diese Weise entkommen? Wo stecken die anderen? Geht es ihnen gut?«
Er lehnte sich gegen die Wand und fuhr sich mit der Hand durch die schwarzen Haare. »Die Ketten konnten mich nicht aufhalten, erst recht nicht, nachdem ich mich verwandelt hatte. Anschließend hab ich die anderen befreit, und dann haben wir uns praktisch einfach in der Nacht davongestohlen. Warum hast du das nicht gemacht?«
»Hätte ich ja, wenn ich könnte. Varia hält mich mit ein paar Sachen in Schach. Zuerst mit euch. Dann hat sie mit der Zerstörung meiner Königreiche gedroht und zur Abrundung noch damit, Isaac und Ivy ausfindig zu machen. Gerade eben hat sie Dorian in die Folterkammer gesteckt und seinen Hinrichtungstermin festgesetzt.« Ich gab Kiyo eine kurze Zusammenfassung meines Morgengesprächs.
»Sehr klug von dir, erstmal stillzuhalten«, sagte er, als ich fertig war. »Dorian ist stark. Er hält was aus.«
Ich fragte mich, ob Kiyo das ernst meinte oder ob es ihm einfach egal war, wenn Dorian litt. »Du hast mir noch gar nicht gesagt, wo die anderen sind.«
»In der Stadt untergetaucht. Deine Hemlockfreunde haben uns geholfen, einen sicheren Unterschlupf zu finden.«
»Hemlock … « Mir ging ein Licht auf. » Du bist Aleas Kundschafter, stimmt’s? Du hast nach dem Raum mit den Geschenken gesucht.«
»Und ihn auch gefunden«, sagte er viel zu lässig für die Bedeutsamkeit dieser Information. »Wie ich schon sagte, in Rattengröße kommt man überall rein.«
»Ist er im Keller, wie Alea gesagt hat?«
»Ja, schon, aber es gibt hier jede Menge Kellergeschosse. Dieses Haus geht genauso tief runter, wie es hoch ist. Der Raum liegt ungefähr vier Stockwerke unter der Erde und wird schwer bewacht. Die Geschenke sind dort, in zwei Sammlungen aufgeteilt, und über ihnen liegen irgendwelche Zauber, aus denen ich nicht recht schlau werde. Aber mit Feinenmagie kenne ich mich auch nicht so aus … «
»Zwei Sammlungen … Lass mich raten. Eine für die betroffenen Länder und eine für die Vasallenreiche. Deren Geschenke behält Varia, um sie notfalls unter Druck setzen zu können.«
Kiyo nickte. »Das war auch mein Gedanke. Keine Ahnung, ob man
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