Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
sich darüber freuen oder ärgern soll, aber der Haufen von den betroffenen Ländern ist deutlich größer. Die meisten knicken nicht ein, sondern wehren sich.«
»Woher weißt du, welcher Stapel für die betroffenen Länder steht? Hast du Maiwenns Geschenk erkannt?«
»Nein, aber es war eine Marmorbüste von Dorian darunter, und das dürfte dann ja wohl das ›bescheidene‹ Geschenk seines Reiches sein.«
Normalerweise hätte mich das schmunzeln lassen, aber es erinnerte mich nur wieder daran, was Dorian meinetwegen gerade durchmachte. Ich sah immer noch vor mir, wie er diesen Schlag ins Gesicht bekam.
»Wir müssen die Sache beschleunigen und hier raus«, sagte ich. Wenn Kiyo mit Alea gesprochen hatte, dann wusste er wahrscheinlich auch, dass ich ihren König befreien wollte. Aber der Plan umfasste noch mehr, als ich Fleck hatte ausrichten lassen. Ich erklärte Kiyo rasch das mit den anderen Monarchen und wie ich über Volusian Kontakt zu ihnen hergestellt hatte. Kiyos Augen fingen zu leuchten an.
»Das ist brillant«, sagte er. »Solange man sie einigermaßen anständig behandelt hat, dürften sie eine beachtliche Verstärkung darstellen.«
Ich nickte. »Volusian hat mir nicht den Eindruck vermittelt, dass sie körperlich misshandelt worden sind … nur dass sich ein paar quasi selbst aufgegeben haben.«
»Nachvollziehbar. Aber wenn sie noch in der Lage sind, zu kämpfen, dann brauchen wir den Schlüssel zu dem Schutzzauber über den Geschenken vielleicht gar nicht zu finden. Ihr könnt ihn einfach zerlegen.«
»Darüber haben wir auch gesprochen. Wäre eine Möglichkeit. Aber wenn es irgendeinen Punkt gibt, an dem wir einhaken können, dann möchte ich den finden. Ich will da nicht mit meiner kleinen Truppe von vielleicht sechs Leuten runtergehen, nur um dann festzustellen, dass Varia sich den Zauber von sechshundert Leuten hat legen lassen und wir da nicht mal ansatzweise mithalten können.«
»Ich kann Orj und die anderen Hemlockleute danach fragen. Außer ein paar Dissidenten aus anderen Königreichen gibt es anscheinend auch hierzulande etliche Unzufriedene.«
Das überraschte mich. »Aber alle, denen ich begegnet bin, sind ihr anscheinend treu ergeben. Sie verfügt über enorme Macht und herrscht über jede Menge Königreiche. Das müsste ihren Untertanen doch gefallen.«
»Sie sind ihr treu ergeben, weil sie Angst haben«, stellte Kiyo klar. »Und nach allem, was man so hört, geht es dem Volk in ihrem Reich auch nicht viel besser als in den Vasallenreichen.«
Auch das überraschte mich, da die Sorge für die Untertanen in meinen Augen die Hauptaufgabe einer Königin war. Andererseits hielt ich es auch nicht für notwendig, andere Königreiche zur Vergrößerung meines Imperiums mit dem Leid und dem Sterben von Unschuldigen zu erpressen. Da war es nur folgerichtig, dass wir allgemein einen unterschiedlichen Regierungsstil pflegten.
»Gut, dann findet heraus, so viel ihr könnt«, sagte ich. »Eins weiß ich jedenfalls – wir müssen Dorian da rausholen, bevor wir unsere meisterhafte Attacke durchziehen.«
Kiyo machte ein unbehagliches Gesicht. »Dafür fehlt uns vielleicht die Zeit. Wir können ihn doch rausholen, sobald alles andere geschafft ist.«
»Dann ist es vielleicht zu spät! Sie hält ihn doch nur fest, damit ich nichts gegen sie unternehme. Wenn wir hier Ärger machen, ist er vielleicht tot, bevor wir zu ihm vordringen können.«
Ich muss zugeben, dass ich ein bisschen erstaunt war, wie zivilisiert Kiyo und ich uns hier unterhielten. Man hätte fast vergessen können, wie viel Betrug und vergossenes Blut uns trennten – aber nur fast. Denn unbewusst wartete ich wahrscheinlich bloß auf irgendeinen Grund, mich mit ihm zu fetzen, auf irgendetwas, an dem unsere wackelige Allianz wieder zerbrach. Kiyo dagegen muss man zugutehalten, dass er sich die Zeit nahm, eine zivilisierte Antwort zu formulieren.
»Wenn du erst zu Dorian gehst und etwas schiefgeht, dann bist du vielleicht tot, bevor du überhaupt dazu kommst, die Monarchen zu befreien und mit ihnen diese Talismane zu kassieren. Und selbst wenn du die Monarchen mitnimmst, bleibt das Risiko bestehen, dass etwas schiefgeht.« Er verzog das Gesicht. »Du bist nicht allmächtig, Eugenie. Du tust so, als bräuchtest du nur hier hinauszuspazieren, und dann kommt schon alles in Ordnung. Du bist eine knallharte Kämpferin, aber dieser Palast wimmelt von Soldaten und Magiebegabten. Damit kann man sogar dich mürbe machen.«
Mann, war
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