Darkover 02 - Herrin der Stuerme
blauen Schleier; graue Augen, aber von so dunklen Wimpern überschattet, daß sie einen Augenblick lang so dunkel wie die eines Tieres wirkten. Allart fühlte, als er auf das Gesicht der dunklen Frau blickte, deren Gesicht ihn so viele Tage verfolgt hatte, ein merkwürdiges Stechen in der Brust. »Cousin«, sagte sie höflich, und er konnte den Blick nicht, wie es der Brauch vor einer unverheirateten, ihm fremden Frau verlangte, von ihr abwenden.
Ich kenne dich gut. Du hast mich im Traum und Wachzustand verfolgt, und ich bin bereits mehr als nur halb in dich verliebt … Erotische Visionen stürmten, unpassend in dieser Umgebung, auf ihn ein. Er versuchte gegen sie anzukämpfen.
»Cousin«, sagte sie noch einmal, »warum starrst du mich auf so unziemliche Weise an?«
Allart spürte das Blut in seinen Kopf steigen; es war tatsächlich unhöflich, fast schon unverschämt, eine Frau, die ihm fremd war, so anzustarren, und er errötete bei dem Gedanken, daß sie Laran besitzen könnte und die Visionen, die ihn quälten, möglicherweise bemerkte. Schließlich fand er seine Stimme wieder.
»Aber ich bin kein Fremder für dich, Damisela. Und es ist auch keine Unhöflichkeit, daß ein Mann seiner Braut direkt ins Gesicht schaut. Ich bin Allart Hastur. Ich werde bald dein Gatte sein.«
Sie hob den Kopf und erwiderte offen seinen Blick, aber ihre Stimme verriet Spannung. »Ah, das ist es also? Aber ich kann schwerlich glauben, daß du mein Bild in dir getragen hast. Wir haben uns zum letzten Mal gesehen, als ich ein Mädchen von vier Jahren war. Ich habe gehört, Dom Allart, du solltest dich nach Nevarsin zurückgezogen haben, daß du krank warst, ein Mönch sein und dein Erbe aufgeben wolltest. War das alles nur müßiges Geschwätz?«
»Es stimmt, daß ich eine Zeitlang solche Pläne hatte. Ich habe sechs Jahre bei den Brüdern von Sankt-Valentin-im-Schnee gewohnt, und wäre gerne dort geblieben.«
Wenn ich diese Frau liebe, werde ich sie zerstören … Ich werde Kinder zeugen, die Monster sind… Und sie wird sterben, wenn sie sie zur Welt bringt… Gebenedeite Cassilda, Urmutter der Reiche, laß mich nicht so viel von meinem Schicksal sehen. Ich kann so wenig tun, um es abzuwenden …
»Ich bin weder krank noch verrückt, Damisela. Du brauchst mich nicht zu fürchten.«
»Tatsächlich«, sagte die junge Frau – und wieder begegneten sich ihre Blicke – »du scheinst keineswegs geisteskrank zu sein. Aber du siehst besorgt aus. Ist es der Gedanke an unsere Heirat, der dir Sorgen macht, Cousin?«
Nervös lächelnd erwiderte Allart: »Sollte ich nicht sehr zufrieden sein, zu sehen, welche Schönheit und Anmut die Götter meiner Braut gegeben haben?«
»Oh!« Ungeduldig bewegte sie ihren Kopf. »Das ist nicht die Zeit für hübsche Reden und Schmeicheleien, Cousin! Bist du einer von denen, die glauben, eine Frau sei ein törichtes Kind, das man mit ein oder zwei höflichen Komplimenten entläßt?«
»Glaub mir, ich wollte nicht unhöflich zu dir sein, Lady Cassandra«, sagte Allart, »aber man hat mich gelehrt, daß es ungebührlich ist, die eigenen Sorgen und Ängste mit anderen zu teilen, solange sie noch keine konkrete Gestalt angenommen haben.«
Erneut der schnelle, direkte Blick aus den wimpernbeschatteten Augen. »Ängste, Cousin? Aber ich bin harmlos und ein Mädchen! Ein Fürst der Hasturs fürchtet sicherlich gar nichts, und ganz gewiß nicht die ihm versprochene Braut!«
Vor ihrem Sarkasmus wich er zurück. »Willst du die Wahrheit hören? Ich besitze eine seltene Form des Laran; sie besteht nicht nur aus der Vorausschau. Ich sehe nicht nur die Zukunft, die sein wird, sondern alle Möglichkeiten, die sie bieten könnte. Ich sehe die Dinge, die sich bei Fehlschlägen ereignen könnten – und es gibt Momente, in denen ich weder sagen kann, welche davon durch Ursachen der Gegenwart hervorgerufen, noch, welche aus meiner Angst geboren werden. Ich bin nach Nevarsin gegangen, um dies zu bewältigen.«
Er hörte, wie sie überrascht einatmete.
»Avarras Gnade, welch ein Fluch, den du trägst! Und hast du ihn bewältigt, Cousin?«
»Irgendwie schon, Cassandra. Aber wenn ich besorgt oder unsicher bin, kommt er wieder über mich, so daß ich nicht allein die Freude sehe, die die Heirat mit einer Frau wie dir mir bringen könnte.« Wie körperlichen Schmerz in seinem Herzen spürte Allart das bittere Bewußtsein all der Freuden, die sie kennenlernen könnten, vorausgesetzt, er schaffte es, sie dazu zu bringen, seine Liebe zu
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