Darkover 03 - Herrin der Falken
rührte sich mit kaltem Wasser einen Mehlbrei an. Doch zu ihrer eigenen Überraschung störte es sie nicht, daß die Kundschaftervögel gierig ihre stinkende Atzung kröpften. Es war ihre Natur, und sie waren, wie sie sein sollten. Romilly fiel auf, daß die Männer Distanz zu ihr hielten. Das wunderte sie nicht. Wenn sie gesehen hätte, wie zwei andere Leute ein angreifendes Banshee beschwichtigten, wäre sie auch von Ehrfurcht überwältigt worden. Sie konnte immer noch nicht glauben, daß sie es getan hatte.
Die Mahlzeit war beendet, und die Pferde wurden von neuem gesattelt. Dom Carlo stand groß und aufrecht am Rand des Lagerplatzes und lauschte, den Blick ins Weite gerichtet. Romilly war jetzt im Gebrauch ihres Laran geübt genug, um zu erkennen, daß er im Geist den Pfad hinter ihnen absuchte. »Bisher werden wir nicht verfolgt«, erklärte er endlich. »Und es gibt so viele Wege. Falls Lyondri keine ganze Horde von Leroni bei sich hat, wird er unsere Fährte nicht finden. Wir müssen die normalen Vorsichtsmaßnahmen treffen, aber ich glaube, daß wir jetzt in Sicherheit nach Caer Donn reiten können.« Er streckte Caryl die Arme entgegen. »Willst du hinter meinem Sattel sitzen, Verwandter?« fragte er, als spreche er zu einem erwachsenen, ihm gleichrangigen Mann. »Ich möchte dir Verschiedenes mitteilen.«
Caryl warf Romilly einen Blick zu, dann antwortete er höflich: »Wie Ihr wünscht, Verwandter«, und kletterte aufs Pferd. Im Wegreiten bemerkte Romilly, daß sie mit leiser Stimme miteinander sprachen. Romillys Arme fühlten sich ohne den warmen Körper des Kindes leer an. Einmal sah sie, daß Caryl ernsthaft den Kopf schüttelte, und einige wenige Worte erreichten ihr Ohr.
»… o nein, Verwandter, ich gebe Euch mein Wort darauf…«
Plötzlich eifersüchtig auf diese Vertrautheit, wünschte Romilly, dem Gespräch zuhören zu können. Ihr Laran war jetzt so nahe der Oberfläche, daß sie auf den Gedanken kam: Vielleicht brauche ich bloß hinauszugreifen!
Sie entsetzte sich über ihren Einfall. War sie nicht in einem Großen Haus erzogen, hatte man sie nicht Höflichkeit gegen Gleiche und Niedrigere gelehrt? Stirnrunzelnd reihte sie sich ein – sie hatte Prudentia auf ihren Sattel genommen, damit Dom Carlo auf seinem Pferd Platz für Caryl hatte – und dachte darüber nach, was sich aus dem Laran ergebendes richtiges Verhalten war. Sie hatte die Macht und vielleicht auch das Recht, den Falken, die sie ausbildete, den Pferden, die sie ritt, und, um ihr Leben zu retten, sogar den wilden Banshees der Klippen ihren Willen aufzuzwingen. Aber wie weit ging diese Macht? Wie weit ging das Recht, sie einzusetzen? Sie durfte ihr Pferd dazu bringen, Sattel und Zaum zu tragen, weil es sie liebte und gern lernte, was es seiner Herrin näherbrachte. Sie hatte Preciosas tiefe Liebe gespürt, als der Falke aus freien Stücken zu ihr zurückkehrte.
Und das war Schmerz. Würde sie Preciosa je wiedersehen? Aber es gab Grenzen für diese Macht. Es mochte richtig sein, Hunden, die sie liebten, Ruhe zu befehlen, damit sie nicht den ganzen Haushalt aufweckten und ihre Flucht verrieten. Da waren auch Probleme und ein schwerer Konflikt. Sie konnte die Beute in den Schnabel ihres Falken zwingen, sie konnte vielleicht das junge und dumme Eiskaninchen in die wartenden Fänge der Hunde zwingen… und das war gegen die Natur, ein entschieden ungerechter Vorteil bei der Jagd! Mit brennenden Augen senkte sie den Kopf, und zum ersten Mal in ihrem Leben betete sie inbrünstig.
Lastenträger! Ich habe diese Macht nicht gesucht. Bitte, bitte, hilf mir, sie zu gebrauchen, nicht für unrechte Zwecke, sondern nur, um eins mit dem Leben zu werden… Verwirrt setzte sie hinzu: So wie ich für kurze Zeit heute morgen war, als ich wußte, ich war eins mit allem, was lebt. Wie du es sein mußt, Heiliger. Hilf mir, mich zu entscheiden, wie ich diese Macht weise einsetze. Und dann flüsterte sie noch: Denn jetzt weiß ich, daß ich ein Teil des Lebens bin… aber ein so kleiner Teil!
5.
Auf dem ganzen langen Weg nach Caer Donn beunruhigte es sie. Wenn sie Fleisch für die Kundschaftervögel jagte, dachte sie an ihr Laran und fürchtete, die Macht zu mißbrauchen, so daß sie das Wild manchmal entkommen ließ und von den Männern deswegen beschimpft wurde. Sie benutzte ihre be
sonderen Sinne, um tote Tiere in Berg und Wald zu finden, mit denen sie die Vögel atzen konnte. Sie hatten keine Vewendung mehr für ihre Körper. Sicher war
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