Darkover 03 - Herrin der Falken
Rabbithorns will, solange er meine Frau in Ruhe läßt.«
Romilly entfernte sich mit brennendem Gesicht außer Hörweite. In einer Cristofero-Familie aufgewachsen, hatte sie solche Gespräche nie gehört. Sie bestätigten ihre Meinung, daß ihr die Gesellschaft von Männern noch weniger gefalle als die von Frauen. Danach hatte sie Hemmungen, sich zu Orain und Dom Carlo zu legen, und verbrachte die Nacht, vor Kälte zitternd, an die dösenden Hirsch-Ponys geschmiegt. Am Morgen war sie blaugefroren und hielt sich so lange, wie sie es wagte, an dem für das Frühstück entfachten Feuer auf. Immer wieder legte sie ihre Hände um den Breitopf. Das warme Essen tat ihr gut. Trotzdem zitterte sie immer noch, als sie die Vögel fliegen ließ und fütterte. Alaric hatte, wenn auch murrend, zwei Rabbithorns in der Schlinge gefangen. Sie begannen schon stark zu riechen.
Romilly bezwang die aufsteigende Übelkeit und zerlegte die Kadaver. Sie nieste mehrmals. Dom Carlo warf ihr einen besorgten Blick zu. Gerade stiegen alle für die letzte Strecke des Ritts in den Sattel.
»Ich hoffe, du hast dich nicht erkältet, mein Junge.«
Mit abgewendetem Gesicht murmelte Romilly, der vai dom möge sich keine Sorgen machen.
»Eins wollen wir ganz klarstellen«, sagte Dom Carlo stirnrunzelnd. »Das Wohlergehen jedes meiner Gefolgsleute ist mir so wichtig wie dir das Wohlergehen der Vögel. Meine Männer sind in meiner Obhut, wie die Vögel in deiner sind, und ich vernachlässige keinen von ihnen! Komm her«, befahl er und legte ihr die Hand auf die Stirn. »Du hast Fieber. Kannst du reiten? Ich würde es nicht von dir verlangen, aber heute abend wirst du es im Gästehaus des Klosters warm haben, und wenn du krank bist, werden sich die guten Brüder dort um dich kümmern.“
»Mir fehlt nichts«, protestierte Romilly, jetzt wirklich beunruhigt. Sie wagte es nicht, krank zu werden! Wenn man sie in die Krankenstube der Mönche brachte, entdeckten sie bestimmt, daß sie ein Mädchen war!
»Hast du genug warme Sachen? Orain, du hast eher seine Größe als ich, gib dem Jungen etwas Warmes zum Anziehen«, sagte Dom Carlo. Und dann, während er noch da stand und seine Hand auf ihre Stirn hielt, veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Er blickte scharf auf Romilly nieder, und einen Augenblick lang war sie sicher, daß er sie durchschaut hatte. Ihr wurde eiskalt vor Angst. Er jedoch trat beiseite und sagte nur: »Orain hat dir eine warme Weste und Strümpfe gebracht, ich habe die Blasen an deinen Füßen gesehen. Wenn du zu stolz bist, die Sachen anzunehmen, werden wir sie von deinem Lohn abziehen. Aber es soll keiner mit mir reiten, der es nicht warm und trocken und bequem hat. Geh ums Feuer und zieh das an – sofort!«
Romilly neigte gehorsam den Kopf und zog sich hinter die Reihe der Pferde und Hirsch-Ponys zurück. Sie schlüpfte in die warmen Strümpfe – eine himmlische Wohltat für ihre wunden Füße – und die dicke Unterweste. Alles war ihr ein bißchen zu groß, aber darum nur um so wärmer. Sie nieste wieder. Orain wies auf den Topf über dem Feuer, der noch nicht ganz leer war. Er nahm eine Schöpfkelle von dem heißen Gebräu und holte ein paar Blätter aus seinem Beutel.
»Großmutters Kur gegen den Husten – besser als jede Medizin eines Heilers. Trink das.« Er sah zu, wie sie das eklig schmekkende Zeug hinunterschluckte. »Aye, es ist bitter wie verlorene Liebe, aber es treibt das Fieber aus.«
Romilly verzog das Gesicht. Die Flüssigkeit ließ sie innerlich glühen und zog ihr den Mund zusammen. Später an diesem Vormittag fiel ihr auf, daß sie nicht wieder hatte niesen müssen und ihre Nase nicht mehr tropfte. Sie ritt einen Augenblick lang neben Orain her und sagte: »Dieses Heilmittel würde Euch in den Städten ein Vermögen einbringen, Master Orain.“
Er lachte. »Meine Mutter war eine Leronis und hatte die Heilkunst studiert. Sie zog bei den Bauern umher und eignete sich ihr Wissen von Kräutern an. Die Heiler in den Städten lachen nur über diese ländlichen Mittel.«
Und, dachte Romilly, er war des Königs Pflegebruder gewesen, und jetzt diente er Carlo vom Blauen See, dem Mann des Königs im Exil. Es stimmte, was die Männer behaupteten, obwohl sie vorher nicht darauf geachtet hatte. Mit den Leuten sprach er Dialekt. Wenn er jedoch mit Dom Carlo – und immer häufiger auch mit ihr – redete, war sein Akzent der eines gebildeten Mannes. Während sie sich vor den wüsten Reitern fürchtete,
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