Darkover 05 - Zandrus Schmiede
zu den Treppen, die zur Relaiskammer führten. Marius folgte ihm dichtauf.
Varzil setzte sich auf die Bank und stellte fest, dass sie noch warm war. Das Relaisgitter summte vor Licht. Marius hatte es nach seinen Vorlieben reguliert, und Varzil erschien die Einstellung hart an der Grenze. Er entspannte seinen Blick, ließ seine Gedanken in das Raster einsinken und veränderte es. Fast sofort spürte er das Bewusstsein am anderen Ende der unsichtbaren Verbindung.
Loryn von Hestral? Die mentale Stimme wies keine Wärme auf, klang jedoch vage vertraut. Varzil fragte sich, ob es sich vielleicht um einen der Leronyn handelte, denen er bei einem seiner Besuche im Turm zu Hali begegnet war, vielleicht sogar um einen, der ihm nach seinem Abenteuer im wolkenerfüllten See geholfen hatte.
Nein, er kann im Moment nicht kommen, entgegnete Varzil. Ich bin Varzil Ridenow, Bewahrer. Ich werde alle Nachrichten entgegennehmen, die du für uns hast. Wie geht es unserem Schwesterturm von Hali?
Varzil? Varzil von Arilinn?
Plötzlich geriet der Kontakt ins Flackern. Varzil runzelte verblüfft die Stirn. Die Relaisverbindung blieb bestehen, doch er hatte jedes Gefühl für die Gegenwart des anderen verloren.
Varzil! Er erkannte seine Schwester Dyannis. Ihre mentale Stimme war stärker als bei ihrem letzten Gespräch, als er noch in Arilinn gewesen war. Der Kontakt brachte ihre gegenwärtige Aufgeregtheit zum Ausdruck.
Varzil! Bei allen Göttern, was machst du im Turm von Hestral?
Er lächelte, obwohl sie es nicht sehen konnte. Schwesterchen, auch ich bin froh, deine Gedanken zu spüren. Ich bin schon fast ein Jahr hier. Es ist eine lange Geschichte, und sie ist nicht immer schön. Wie konnte er ihr von seinem Verdacht gegen Eduin erzählen - oder von den übereilten Handlungen ihres Geliebten? Ein Schauder durchlief ihn, denn der Turm von Hali war Hastur verpflichtet.
Egal! Sie schrie jetzt beinahe. Varzil, verschwinde dort! Hau sofort ab!
Dyannis, wir werden von Rakhal Hasturs Armee belagert.
Ist mir gleich! Finde einen Weg… zögere nicht…
Dyannis brach ab, und die erste mentale Stimme kehrte zurück. Varzil von Arilinn, du hast mit diesem Streit nichts zu tun. Leider können wir weder dich noch sonst jemanden in euren Mauern als neutral betrachten. Als Ergebnis des grundlosen und unrechtmäßigen Angriffs auf seine Soldaten hat König Rakhal Hastur den Hestral-Turm für abtrünnig erklärt. Wenn ihr euch nicht sofort ergebt, werdet ihr vernichtet.
Den Worten haftete der Unterton einer Rede an, die auswendig gelernt worden war und widerwillig aufgesagt wurde, doch Varzil entdeckte kein Zögern. Wie der Laranzu, der sie ausgesprochen hatte, auch immer zu diesen Befehlen stand, er würde sie auf jeden Fall ausführen.
Ich werde deine Botschaft übermitteln, entgegnete Varzil. Aber ich kann dir nicht sagen, wann du eine Antwort bekommst. Gerade jetzt, da wir miteinander sprechen, kümmert unsere Überwacherin sich um Loryn von Hestral.
Wir haben nicht den Auftrag zu warten. Unsere Befehle sind klar und eindeutig. Varzil, wenn es in deiner Macht steht, ihn zur Vernunft zu bringen, bitte ich dich flehentlich darum - um des Schicksals aller innerhalb eurer Mauern willen. Und wenn er nicht antworten kann, musst du es für ihn tun. Wenn sich eine Möglichkeit ergeben sollte, werde ich mich nach Kräften bemühen, dir einen kleinen Zeitaufschub zu verschaffen.
Es war gleichermaßen eine Warnung und ein Zugeständnis, und Varzil wusste es. Ich danke dir für alles.
Varzil ließ den Kontakt verblassen. Langsam stand er auf. Neben ihm schaute Marius ihn an, sein Blick war aufgewühlt. Der Junge hatte offenbar genug Gedankenfetzen mitbekommen, um den Tenor der Botschaft zu erfassen.
»Loryn wird sich nie ergeben«, sagte Marius.
»Nein, ich glaube nicht«, entgegnete Varzil und schritt zur Treppe. »Und selbst wenn, ich bezweifle sehr, dass er es durchsetzen könnte. Aber die Höflichkeit verlangt, dass wir ihn selber entscheiden lassen.«
Sie erreichten gerade den Gang an der obersten Treppe, als Varzil spürte, wie eine mächtige Energiewoge den Turm erschütterte. Die Erde bäumte sich auf wie ein rebellisches Pferd. Er musste sich an den Wänden festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Weiter unten schrie jemand auf.
Ein weiterer Stoß suchte den Turm heim, vielleicht war es auch die Nachwirkung des ersten. Varzil wusste mit Bestimmtheit, dass Hestral nun angegriffen wurde, und zwar nicht durch eine kleine
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