Darkover 05 - Zandrus Schmiede
der, der sich wohlweislich zurückhielt, blieb vor Ort.
Varzil hob den Blick. Die Sonne glitzerte im strahlenden Rot der Haare des anderen Jungen, ließ seine grauen Augen und die regelmäßigen Züge aufleuchten. Beide Turmjungen trugen schlichte Kleidung, Tuniken mit breiten Ledergürteln, ohne einen Hinweis auf ihren Clan oder Rang.
»Kerl«, rief er nach unten, und diesmal war nichts Beleidigendes an dem Wort. Seine Stimme war kräftig und klar, als wäre er als Sänger ausgebildet worden. »Was willst du vom Bewahrer des Turms Arilinn?«
»Ich bin hier… um dem Turm beizutreten.« Es war heraus.
Für einen langen Moment musterte der Jüngling ihn weiter. Mit einem Nicken und den Worten »Warte hier« verschwand er wieder im Turm.
Varzil ließ den Atem entweichen, von dem er gar nicht gemerkt hatte, dass er ihn angehalten hatte. Während er sich zu beruhigen versuchte, schimmerte der Schleier und teilte sich wie ein irisierender Wasserfall. Ein Mann im lose fallenden weißen Gewand eines Überwachers trat hindurch. Grau beherrschte sein kastanienbraunes Haar, und sein Mund wurde von Linien eingerahmt, die auch unter seinen Augen verliefen. Einige Schritte hinter ihm folgte der Jüngling vom Balkon. Auf diese Nähe erschreckte Varzil die herrische Ausstrahlung des anderen Jungen.
Der Mann im weißen Gewand blieb stehen, und sein Blick schweifte über die Farben von Varzils Umhang, das Gold und Grün seines Clans.
»Vai dom… «, brach Varzil schließlich das Schweigen. »Ich bin Varzil Ridenow, der jüngere Sohn des Dom Felix von Klarwasser. Ich bin gekommen, um hier eine Ausbildung anzutreten. Wollt Ihr so freundlich sein und mich zum Bewahrer begleiten?«
Der strenge Mund entspannte sich zum Ansatz eines Lächelns. »Junger Sire, nichts hielte ich für angemessener. Ich kann mich ganz sicher nicht erdreisten, die Entscheidung zu treffen, was mit Euch geschehen soll.«
Auf eine entsprechende Geste des Weißgewandeten näherte Varzil sich dem Schleier. Noch nie war er einem so mächtigen Matrixgebilde dermaßen nahe gewesen, nur persönlichen Sternensteinen oder dem telepathischen Dämpfer, den die Leronis im Haushalt der Ridenows immer verwendete, wenn seine Mutter wieder einen ihrer Ohnmachtsanfälle hatte.
Er hob eine Hand, die Finger ausgestreckt, wagte es aber noch nicht, den Schleier zu berühren. Wozu diente er, abgesehen von seiner Schönheit? Zwei Personen - drei, wenn er den Kyrri mitrechnete - hatten ihn passiert, als wäre er ein Gespinst aus Watte.
Er wandte den Kopf und sah, dass der Überwacher ihn eindringlich musterte. Also eine weitere Prüfung. Er hob das Kinn und schritt voran.
Der Schleier sah wie ein dünner Regenbogennebel aus, und er hatte erwartet, dass er sich kühl und vielleicht feucht anfühlte. Sobald er ihn berührte, wallte er vor ihm auf und schloss ihn ein. Er keuchte auf, sog jäh den Atem ein, der den metallischen Beigeschmack eines Gewitters hatte. Seine Haut kribbelte am gesamten Körper, jedes Härchen stellte sich auf. Die kleinen Muskeln um seine Augen zuckten. Er spürte seine Fingerspitzen nicht mehr.
Im nächsten Augenblick stand er zitternd in einem fensterlosen Würfel. Obwohl er sich nicht länger direkt in einem Matrixfeld befand, spürte er die Energie in dem kleinen Raum, als handele es sich ebenfalls um ein Laran-Gebilde. Als er sich umwandte, machte er verschwommen und schattenhaft einige Schemen aus. War das so etwas wie eine Falle? Eine weitere Prüfung?
Dann trat der weiß gewandete Überwacher durch den Regenbogenschleier. Der Jüngling folgte ihm grinsend.
»Ich hab’s dir doch gesagt«, meinte der Jüngling.
Was gesagt?, überlegte Varzil.
Der Mann bewegte die Hände, als bediene er etwas, und Varzils Magen sackte durch. Nein, er stand noch auf festem Boden, aber der Raum selbst stieg empor. Im nächsten Augenblick hörte es wieder auf, und sie traten durch einen Torbogen in einer Wand. Der beleuchtete Raum dahinter öffnete sich zu einer breiten Terrasse hin.
So prächtig konnte nicht einmal der Ballsaal der größten Burg auf Darkover sein, dachte Varzil. Wandteppiche bedeckten die Wände, leuchteten in satten Farben und zeigten Szenen mit Jagdgruppen, Chieri, die im Wald unter den vier Monden tanzten, Adler, die hoch über den Hellers ihre Kreise zogen. Die Bodenfliesen bildeten ein kompliziertes Mosaik, das sich dem Blick reichhaltig und beruhigend darbot. Am anderen Ende des Raums verbreitete ein Feuer Wärme und den Geruch von
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