Darkover 10 - Die zerbrochene Kette
kannte Euch, als wir Kinder waren; Ihr hattet Tanzunterricht mit meinen Schwestern Tara und Renata. Ich bin Darrill, Sohn Darnaks.«
Jetzt erinnerte sie sich an Darrill und seine Schwestern. Sie hatte einmal die Mittwinternacht bei Renata verbracht, als sie noch ganz klein gewesen war, sie hatte mit den beiden Schwestern gespielt, sie in ihrem Haus besucht und sie in ihre Wohnung im HQ mitgebracht. Darrill war schon ein großer Junge und außer Reichweite gewesen.
Er sagte: »Ich hatte geglaubt, ihr Terraner wäret alle nach Thendara gegangen und würdet nicht in die Hellers zurückkehren. Was tut Ihr hier?«
»Ich bin Lady Rohanas Mittwintergast - oder vielmehr der Gast ihrer Verwandten Jaelle.«
Darrill fragte weiter: »Wissen sie, wer Ihr in Wirklichkeit seid? Ich bin Dom Gabriels geschworener Mann, und wenn Ihr Euch unter falschem Vorwand hier befindet, muß Lord Ardais es erfahren!«
Magda versuchte, ihr innerliches Zittern zu unterdrücken. »Mein richtiger Name und mein Vorhaben sind Lady Rohana bekannt; Ihr könnt sie fragen, wenn Ihr wollt. Und ich nehme an, da sie es weiß, weiß es Dom Gabriel ebenfalls.«
Mit leichtem Grinsen gab er zurück: »Das denke ich auch. Aber wenn die Lady es weiß, spielt es im Grunde keine Rolle, ob Dom Gabriel es weiß oder nicht. Denn von hier bis zum Kadarin ist bekannt, daß die Lady die Güter regiert, und Dom Gabriel hilft ihr dabei, wenn er gerade Lust dazu hat.«
Magda fragte ihn nach seinen Schwestern. Er nannte ihr die Namen ihrer Ehemänner und berichtete, wie es ihnen ging. Ob es richtig war, fragte sie sich, daß sie so viel Zeit mit jemandem verbrachte, der wußte, wer und was sie war? Doch es mochte schlimmer sein, wenn sie ihm auffällig aus dem Weg ging. Das wäre in der Tat ein verdächtiges Benehmen. Sobald seine Befürchtung, sie könne eine Spionin sein, überwunden war, schien er ihre Anwesenheit ganz normal zu finden.
Und sie sollte normal sein! Darkovaner und Terraner sollten eine Chance haben, zusammenzukommen! Dann entständen erst gar keine Barrieren aus Unwissenheit und Mißtrauen. Lorill Hastur hat unrecht, unrecht, unrecht .
Nachdem er sie - offensichtlich ungern - verlassen hatte, fand sich Magda neben Jaelle wieder, die nach einem schnellen Springtanz atemlos eine Pause machte.
»Ich glaube, Camilla hatte recht«, lachte Jaelle. »Es gibt Männer, die Narben bei einer Frau unwiderstehlich finden! Ich bin noch nie so populär gewesen.«
»Ich wußte nicht recht, ob es Amazonen erlaubt ist, Notiz von Männern zu nehmen - nachdem Camilla mir so streng befahl, sie nicht einmal anzusehen!« Jetzt konnte Magda über diese Erinnerung lachen.
»Oh, das gilt nur, wenn es Arbeit zu tun gibt oder die Männer solche sind, die einen Blick für eine - eine Einladung halten könnten«, antwortete Jaelle. »Ich habe schon mit Männern zusammengearbeitet, und sie haben mir nicht mehr Aufmerksamkeit gezollt als irgendeinem männlichen Gefährten. Wir lernen, keine gefährlichen Situationen zu erzeugen - das wirst auch du im Gildenhaus lernen -, so daß eine Amazone allein mit einem Dutzend Männern reisen kann und als einer von ihnen akzeptiert wird. Aber ich weiß auch, wie ich mich verhalten muß, wenn ich will, daß sie mich als Frau betrachten - zum Beispiel beim Mittwinterfest! Oder zu Mittsommer, wenn in Thendara die ganze Nacht getanzt wird und die Paare in den Gärten verschwinden. Du kennst ja das alte Sprichwort: ‚An das, was unter den vier Monden geschieht, braucht man sich nicht zu erinnern, wenn sie untergegangen sind…’ Ich für meinen Teil habe allerdings nie Lust gehabt, vierzig Tage lang in Unsicherheit zu sein, ob ich im Frühling ein Kind bekommen würde…« Sie brach ab und sagte leise: »Es tut mir leid - so geht es mir auch, wenn ich mit Rohana spreche. Dann vergesse ich manchmal, daß sie dazu erzogen ist, sich damenhaft und schicklich auszudrücken. Es war nicht meine Absicht, dich zu schockieren, Schwester.«
Natürlich war Magda nicht von den Worten schockiert worden, aber es ging ihr auf, daß sie Jaelle in dieser ausgelassenen Stimmung überhaupt nicht kannte. Und sie selbst war dazu erzogen worden, die ziemlich spießigen sexuellen Tabus der Frauen aus dem Gebirge zu beachten. Das hatte sie während ihrer Ausbildung auf einem anderen Planeten in Verwirrung gebracht und mit dazu beigetragen, daß sie die Gesellschaft Peters suchte. Er respektierte ihre Vorstellungen,
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